Standish Group

Krise lässt IT-Projekte scheitern

09.07.2009 von Nicolas Zeitler
Erstmals seit Jahren scheitern wieder mehr IT-Projekte. Schuld daran ist die Wirtschaftskrise, meint die Standish Group. Sie hat jetzt ihren Chaos Summary Report 2009 veröffentlicht.

In den vergangenen zwei Jahren ist der Anteil der IT-Projekte gestiegen, die nicht wie geplant ablaufen. Nur 32 Prozent der Vorhaben werden in der geplanten Zeit fertig, verschlingen nicht mehr als das veranschlagte Budget und erfüllen die anfangs festgelegten Anforderungen. Das ist das Ergebnis einer Befragung des Bostoner Beratungsunternehmens Standish Group unter 400 Firmen, über die unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com berichtet.

Fast ein Viertel der Projekte wird vorzeitig zu Grabe getragen oder kommt nach der Fertigstellung mit seinen Ergebnissen nie zum Einsatz. Die übrigen 44 Prozent werden zwar durchgezogen, allerdings anders als geplant: Sie dauern längern, kosten mehr oder erreich nicht, was einmal geplant war.

Mit diesen Zahlen bricht eine seit Jahren anhaltende Entwicklung ab. Sie entstammen dem "Chaos Summary 2009 Report" der Standish Group. Die Marktforscher erheben seit 1994 in der Regel alle zwei Jahre die Lage im Projektgeschäft. Der letzte Bericht erschien schon vor drei Jahren, 2006. Damals waren noch 35 Prozent der IT-Projekte erfolgreich. 19 Prozent scheiterten, 46 gelangen nicht wie geplant.

Jim Johnson, Vorstandsvorsitzender der Standish Group, spricht vom ersten Anstieg im Scheitern von Projekten "seit Jahren". Zwischen 1994 und 2000 stiegen die Erfolgsraten ihm zufolge stetig. Nach einem leichten Durchhänger ging der Anstieg zwischen 2002 und 2006 weiter. Die jetzt festgestellte Verschlechterung habe ihn sehr überrascht, sagt Johnson. Aus diesem Grund habe er auch die Veröffentlichung des eigentlich schon für Januar geplanten Berichts verschoben. Die Marktforscher wollten nochmals nachprüfen, ob ihre Erhebung korrekt war.

Als Schuldigen für das häufigere Scheitern hat Standish Group die Wirtschaftskrise ausgemacht. Vor dem Hintergrund knapperer Etats neigten die Verantwortlichen nun stärker dazu, Projekte abzubrechen, wenn diese vom geplanten Weg abweichen. Johnson räumt indes ein, dass ein Abbruch selbstverständlich nicht in jedem Fall das Schlechteste sei. Was genau der Grund für das Scheitern eines Projekts ist, erfasst der Chaos-Report nicht. Johnson wagt die Schätzung, dass 20 bis 25 Prozent der in den vergangenen zwei Jahren gekippten Projekte der schlechten Wirtschaftslage zum Opfer fielen.

Personalabbau gefährdet IT-Projekte

Viele Projekte geraten ins Wanken, weil Personal abgebaut wird. Die verbliebenen Projektmanager oder auch Beteiligten von der Geschäftsseite müssen mehr Arbeit schultern und haben deshalb weniger Zeit für die einzelnen Projekte. Sie könnten nicht mehr so oft an Besprechungen teilnehmen oder bei der Planung von Anforderungen mitreden - Faktoren, die laut Johnson entscheiden für den Projekterfolg sind.

Der Berater beobachtet außerdem einen zunehmenden Hang, Risiken zu vermeiden. Derzeit würde in vielen Firmen viel zu viel Wert auf Kontrolle und die Befolgung von Vorschriften gelegt, mancherorts so stark, dass Projekte ausgebremst werden. Das führe zu Verzögerungen und mache ein Scheitern wahrscheinlicher. Wenn ein Unternehmen ein IT-Vorhaben angeht, habe es zu diesem Zeitpunkt einen bestimmten Wert. Der gehe verloren, wenn die Ergebnisse erst viel später als anberaumt vorliegen.

Budgets werden weniger stark überschritten

Eine gute Nachricht hält der Chaos Report 2009 allerdings auch bereit: Bei den Projekten, die Zeit- und finanzielles Budget nicht einhalten, ist das Ausmaß der Überschreitungen zurückgegangen. "Trotz all der Abbrüche ist das Verhältnis von verschwendeten Mitteln zum Gewinn aus Projekten insgesamt nicht allzu schlecht", sagt Jim Johnson.