Digitalisierung in der Finanzwelt

Künstliche Intelligenz für die Bankenwelt

25.02.2018 von Robert Laube
Künstliche Intelligenz und digitalisierte Prozesse sind heutzutage in vielen Bereichen bereits Standard. Hier lesen Sie, warum die KI auch stärker in die Finanzwelt integriert werden sollte.

So groß bisweilen die Aufregung rund um Digitalisierungund die Arbeitswelt auch sein mag, so scheint sie in der Bankenwelt vergleichsweise etwas kleiner zu sein – zumindest in Relation zum Handlungsdruck, der eigentlich auf der Branche lastet. Dabei kommt gerade auf diese "Workforce" eine Revolution zu, nämlich Robotic Process Automation (RPA) und die in diesem Zusammenhang immer häufiger nachgefragte Künstliche Intelligenz (KI).

KI wird in der Finanzwelt immer wichtiger.
Foto: Vladitto - shutterstock.com

Wer jetzt denkt, KI und RPA sind bereits sprichwörtliche alte Hüte, irrt sich. Natürlich gibt es schon seit einiger Zeit fortschrittliche Lösungen, die diverse Arbeitsschritte und Vorgänge selbsttätig durchführen und einzelne Mitarbeiter entlasten. Solche Tools sind bisweilen bereits im großen Stil im Einsatz.

Etliche Software-Agenten haben dabei sogar schon entsprechende Größenordnungen "echter Mitarbeiter" obsolet gemacht. So beispielsweise im Personalbereich, in welchem standardisierte Prozesse die An- und Abmeldung von Mitarbeitern registrieren.

Das bedeutet aber nicht, dass die Stellen abgebaut wurden, vielmehr ließ sich so die Schlagkraft der Belegschaft steigern. Hier sind wir also tatsächlich mitten im Jetzt. Die Herausforderung liegt allerdings im Bald.

Denn derzeit stoßen die oben genannten Tools noch an ihre Grenzen, wenn nicht präzise Vorgaben exakt eingehalten werden können. Der Mensch wüsste, was zu tun ist, wenn etwa ein Kunde oder Interessent mangels Wissen einen falschen Terminus verwendet. Die Fähigkeit der Maschine, entsprechende Transferleistungen zu erbringen, war bisher eingeschränkt.

Spätestens mit den öffentlichkeitswirksamen Siegeszügen von AlphaGo im Brettspiel Go – das lange als zu komplex für Computer galt – hat sich die Welt wieder ein Stück weitergedreht.

Welche KI-Systeme schon im Einsatz sind
Facebook Big Sur
Das unter Open-Source-Lizenz stehende KI-System setzt auf die Nvidia Tesla Accelerated Computing Platform und übernimmt bei Facebook heute komplexe Aufgaben, für die früher auf Drittanbieter-Hardware zurückgegriffen werden musste.
Google RankBrains
Für Suchanfragen, die erstmalig auftauchen, soll RankBrains menschliche Schriftsprache in mathematische Vektoren übersetzen, die die Suchengine dann verarbeiten kann. Diese Form des maschinellen Lernens wird mit steigender Zahl bislang unbekannter Suchanfragen immer besser. Wissbegierige Internetnutzer trainieren das System quasi unbewusst.
Google Deepmind AlphaGo
Besiegte kürzlich den Welt- und den Europameister im asiatischen Brettspiel Go: das KI-System Alpha Go, das von Google Deepmind entworfen wurde.
SwiftKey Neural Alpha
Wer SMS schreibt, bekommt schon länger Wortvorschläge. Mit Neural Alpha will "n-gram"-Erfinder SwiftKey nun aber auch ganze Satzzusammenhänge vorhersagen und so die Texteingabe noch intuitiver machen.
Open AI
Investor und Tesla-Gründer Elon Musk erforscht in der "Open AI"-Initiative zusammen mit anderen Silicon-Valley-Vordernkern die Künstliche Intelligenz zum Wohle der Menschheit. Damit wir keine bösen Terminatoren bekommen, die uns alle versklaven wollen...
Microsoft XiaoIce
Der Microsoft-"Virtual Social Assistant" XiaoIce trägt seit Ende 2015 den Wettbericht im chinesischen Fernsehen komplett ohne menschliche Hilfe vor.
Roboter-Concierge Connie
Wenn Sie demnächst in einem Hilton absteigen, könnten Sie einem kleinen Roboter-Concierge begegnen: "Connie" arbeitet mit Watson-Technologie von IBM und steht Hotelgästen mit Rat und Tat zur Seite. Das Pilotprojekt läuft gerade in den USA.

Dass die KI-Entwickler sich nun vom Gaming abwenden und andere Ziele verfolgen, spricht dabei Bände. Es wird nicht mehr lange dauern, bis es keine Ausnahmefälle mehr gibt, die eine KI nicht prozessieren könnte.

Zum Produktivitätsquantensprung mit RPA

Damit nähern wir uns der Finanzwelt. Mit der Wirtschafts- und Bankenkrise ab dem Jahr 2008 und Regularien von Basel bis Sarbanes-Oxley hat sich ein Kostendruck aufgestaut, der enormes Disruptionspotenzial birgt: Entweder, die Platzhirsche gehen in den Angriffsmodus über – oder die FinTechs werden zu unangenehmen Marktbegleitern, die spürbare Auswirkungen mit sich bringen.

Heute sind sie überwiegend komplementär. Wie zügig nun allerdings gerade die großen Player eine IT-Radikalkur in Richtung Blockchain in Angriff nehmen, ist schwer einzuschätzen. Einfacher und schneller durchführbar ist die sicherlich ebenfalls mit der Option auf einen Quantensprung versehene RPA-KI-Maschinerie. Sie lässt sich relativ simpel in bestehende Welten einbetten, nicht zuletzt, weil sie auf Cloud-Mechanismen zurückgreifen kann.

Zum Video: Künstliche Intelligenz für die Bankenwelt

Auf diese Weise werden Fachkräfte für Innovationsaufgaben frei. Denn neue Geschäftsmodelle können KIs (noch) nicht entwickeln – neben der direkten Kostensenkung ist das der zweite große Vorteil dieses Ansatzes, der Mitarbeiter befähigt.

Die Cloud hat sich inzwischen schlicht und einfach in den Unternehmen etabliert. Die Frage ist ja nicht ob, sondern wie. Das liegt auch daran, weil diese Technologie eine so große Wirkreichweite hat. Man denke an die Möglichkeiten bei der Kundenbetreuung, im digitalen Marketing und den Services, die einfach zur Verfügung stehen.

Immer mehr Unternehmen fragen nach intelligenten Diensten, die nicht nur Daten sammeln, auswerten und nach einem festen Schema Aktionen ableiten. Eine KI soll die Auswertung aber auch begleiten, und sie soll nicht hundertprozentig klare Fälle zu evaluieren versuchen.

Sie soll Vorschläge machen, im Rahmen von Feedback-Schleifen aus der Güte der Entscheidung lernen. Und sie soll die nächste Entscheidung noch besser treffen. Dabei gilt es festzuhalten, dass der Markt hier schneller war, als so manche Tech-Experten es erwartet hatten.

Die größte Herausforderung in Sachen Sicherheit ist in der Tat die kulturelle Aufgabe, Sicherheitsdenken im Sinne der "German Angst" zu überkommen. Fail fast, fail quick – das Akzeptieren von Scheitern ist etwas, was hierzulande nach wie vor verpönt ist. Mit RPA und KI hat die Finanzwelt nun ein Mittel zur Hand, das den Mitarbeitern den Freiraum gibt, einen Kulturwandel zu starten. Es gilt, einfach anzufangen.