Neues Arbeitszeitgesetz

Lenkzeit ist Geld

22.06.2007 von Klaus Manhart
Wer mit Frachtführern zu tun hat, lernt durch die neuen Arbeitszeitregelungen besonders schmerzlich, wie viel eine gute Dispositions-Software Wert ist. Immer stärker setzt sich IT-Unterstützung auch beim Service vor Ort durch.

Arbeitszeit ist seit Anfang 2007 noch kostbarer. Vor allem in der Logistikbranche wirken Neuregelungen von Lenk- und Ruhezeiten und das neue Arbeitszeitgesetz einschneidend. Der stark steigende Mehrbedarf an Kraftfahrern muss erfasst werden, Optimierungs- und Einsparpotenziale sollen die finanziellen Belastungen abmildern. "Eine Senkung der Fahrerzeiten von 60 auf 48 Stunden bedeutet eine Erhöhung des Bedarfs um 20 Prozent - und es ist jetzt schon schwer, qualifiziertes Personal zu finden", klagt Mark Brinkhaus, Leiter des Kompetenzzentrums Transport & Disposition bei der Roman Mayer Group.

Um sich gegen die Auswirkungen der neuen Gesetze zu wehren, rüsten sich die Augsburger mit IT und Telekommunikation. Der Einsatz von Telematik und Flottenmanagementsystemen soll eine bessere Personalplanung ermöglichen. Die Anzahl der Geräte wurde um eine dreistellige Zahl erhöht. In eine Software zur Auswertung der Daten des digitalen Tachographen haben die Augsburger ebenfalls investiert, ferner ist die Einführung einer Personaldispositions-Software geplant. Diese war bisher nicht notwendig, erweist sich jetzt aber allein schon durch die wachsende Mitarbeiterzahl als unerlässlich.

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"Wir wollen zukünftig aktuell Informationen über die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer abrufen können und einen täglichen Abgleich zwischen Soll- und Ist-Arbeitszeit durchführen. Nur so können wir vorausschauend
planen", sagt Brinkhaus. Wegen der geforderten Doppelwochenbetrachtung sei eine Disposition mit den bisher gängigen Fahrtenberichten nicht mehr möglich. "Wenn der Fahrer erst nach einer Woche den Zettel abgibt, hat er vielleicht schon 70 Prozent seiner für zwei Wochen zulässigen Arbeitszeit verbraucht."

Integrationstrend ungebrochen

Ungebrochen in der Logistikbranche ist der Trend zu IT-Integration - zum Teil bedingt durch die Fusionen und Übernahmen der letzten Jahre. Standardlösungen werden dabei vorgezogen. Die großen ERP-Hersteller versuchen mittlerweile jede Lücke zu schließen. So etwa SAP mit dem Modul SAP-LES, das immer mehr Unternehmen einsetzen. Häufig werden Standardlösungen allerdings mit Individualentwicklungen und Nischenlösungen ergänzt. "Gerade im Bereich Transportmanagement und Transportoptimierung sowie bei mobilen Endgeräten gibt es sehr viele Innovationen, die an eine solche Standard-Lösung angekoppelt werden müssen", erklärt Martin Raab, Leiter Logistik & Transport bei Capgemini Deutschland.

Einfacher wird die Ablösung mit Software-Lösungen auf Basis von serviceorientierter Architektur (SOA). Das Paradigma als solches ist auch in der Transportbranche breit akzeptiert. Der Zwang zur reinen Individualentwicklung würde damit entfallen, da die Anwender über den Einsatz von Standard-Software-Komponenten und die serviceorientierte Ausrichtung maßgeschneiderte Applikationen bekommen. "Aber das ist ein schrittweiser Prozess, der nicht von heute auf morgen eine komplett in eine serviceorientierte IT-Landschaft umgesetzt werden kann", sagt Logistik-Experte Raab.

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IT beim Zusteller

Viele Unternehmen arbeiten allerdings auch mit ihren sehr komplexen und heterogenen alten Systemen weiter - mit entsprechenden Schwierigkeiten bei der Unterstützung des operativen Kerngeschäfts. "Bei einer Vielzahl von komplexen Einzelsystemen ist ein Unternehmen nicht in der Lage, schnell auf Markttrends zu reagieren. Denn die Release-Zyklen für die nächsten Software-Updates sind sehr langfristig geplant", sagt Raab. Die Flexibilität am Markt ist dann nicht mehr gewährleistet. "Das Unternehmen kann in diesem Fall weniger schnell auf neue Kunden- und Produktanforderungen reagieren und tut sich insbesondere schwer, auf spezifische Bedüfnisse einzugehen."

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Ein weiterer treibender Faktor in der Logistik ist der Trend zu dem, was in anderen Industrien unter dem Label "Lean-Production" firmiert. Geschäftsprozesse werden so gesteuert, dass Mehrfacharbeit, etwa das doppelte Erfassen bestimmter Dokumente, vermieden wird. Stellte früher ein Mitarbeiter in der Halle einen Schaden fest, wurde dieser schriftlich auf Papier registriert und ging anschließend unter wiederholter Erfassung durch die Verwaltung. Heute wird der Schaden einmalig direkt im Scanner erfasst, ein Bild gemacht und geht dann sofort in die Weiterverarbeitung.

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Immer stärker setzt sich IT auch im operativen Einsatz durch. Fast alle Paket- und Stückgutspeditionen arbeiten in der Zustellung und Abholung papierlos mit Scannern. Auch in den Terminals geht man mehr und mehr dazu über, die Mitarbeiter mit IT zu unterstützen. Neben Scannern werden hier zum Teil auch Bildschirme oder Drucker, die an den Verladetoren angebracht sind, unterstützt. So kann der Mann in der Halle beispielsweise eine Sendung umlabeln und hat den gleichen Blick auf den Sendungsstatus wie der Disponent im Backoffice.