Mobile-Betriebssystem

Microsoft Phone 7 soll die Wende bringen

17.02.2010 von Thomas Pelkmann
Eins der Highlights auf dem Mobile World Congress in Barcelona war die Präsentation von Windows Phone 7 durch den Microsoft-CEO Steve Ballmer. Die Verfolger von Apple suchen Anschluss an den Marktführer.

Fast alle Experten sind sich einig: Der mobilen Kommunikation gehört die Zukunft. Schon im vergangenen Jahr wurden laut Gartner mehrSmartphones als Notebooks verkauft. Bis 2012, so die Marktforscher, werde auch der Umsatz der Smartphones den der tragbaren PCs übersteigen.

Die gute Stimmung der Branche zeigt sich auch auf dem Mobile World Congress (MWC), der vom 15. bis 18. Februar in Barcelona stattfindet. Dort treffen sich die wichtigsten Anbieter und Hersteller mobiler Gerätschaften und Anwendungen - bis auf einen: Apple fehlt in Barcelona.

Das kalifornische Unternehmen, das mit dem iPhone und den dazu gehörigen Apps vor allem für den Boom mobiler Kommunikation verantwortlich ist, meidet solche Branchentreffen traditionell. Es ist auch nicht auf dem größten Meeting seiner Art, der CeBIT in Hannover, vertreten.

Dafür haben die Verfolger auf dem MWC Witterung aufgenommen: Microsoft versucht mit seinem neuen Betriebssystem Phone 7 auf den Smartphone-Zug aufzuspringen, Adobe kündigt an, seine Entwicklungsumgebung Air demnächst auch auf dem iPhone sowie den Handy-Betriebssystemen Android, Symbian OS, webOS und dem Phone 7 lauffähig zu machen. Das erlaubt unter anderem das Abspielen von Flash-Dateien auf den mobilen Endgeräten.

Google-Geschäftsführer Eric Schmidt wird ebenso da sein, wie Microsoft-Boss Steve Ballmer und Hersteller wie Nokia, Samsung, RIM mit Blackberry oder Infineon. Sie alle werden versuchen, an dem von Apple ausgelösten Boom teilhaben zu können.

Und weil es allein kaum jemand schaffen wird, sind Allianzen der große Renner auf dem MWC: Nokia zum Beispiel schließt sich mit Intel zusammen, um eine Software-Plattform zu gründen. Das System mit dem Namen MeeGo solle über alle möglichen Geräte hinweg reichen, vom Handy über Unterhaltungselektronik wie Fernseher bis hin zu Autoradios, kündigten die beiden Unternehmen am Montag auf dem Mobile World Congress an.

Mitbewerber Google wiederum schart ebenso verschiedene Hersteller um sein Android-Betriebssystem wie Adobe mit dem bereits erwähnten Air.

Neue Allianzen für Apps

Den größten Zusammenschluss kündigten auf dem MWC aber Firmen wie América Móvil, AT&T, Bharti Airtel, China Mobile, China Unicom, Deutsche Telekom, KT, mobilkom austria group, MTN Group, NTT DoCoMo, Orange, Orascom Telecom, Softbank Mobile, Telecom Italia, Telefónica, Telenor Group, TeliaSonera, SingTel, SK Telecom, Sprint, Verizon Wireless, VimpelCom, Vodafone und Wind an. Ziel der "Wholesale Applications Community" ist die Entwicklung einer offenen Plattform, die Apps an alle Mobilfunknutzer liefert. Mit LG Electronics, Samsung und Sony Ericsson sind auch drei der größeren Handybauer mit von der Partie.

Wie es aussieht, kämpfen allerdings alle Konkurrenten zusammen um die Plätze hinter Apple - der Marktführer bei Smartphones und Apps scheint zumindest in der nächsten Zeit uneinholbar.

Vielleicht der letzte Versuch von Microsoft

Für Microsoft könnte das neue mobile Betriebssystem Phone 7 auch der letzte Versuch sein, im Mobilmarkt einen Fuß auf die Erde zu bekommen. Mit dem Vorgänger Windows Mobile jedenfalls hatte Microsoft zuletzt deutlich an Boden gegenüber Konkurrenten wie RIM und Apple verloren. Der Marktanteil des Redmonder Konzerns bei den computerähnlichen Handys rutschte laut Marktforschern unter zehn Prozent, während es vor einigen Jahren noch 25 Prozent waren.

Das neue Windows Phone 7 soll diesen Trend mit völlig neuem Design und besonders einfacher Benutzerführung umkehren. Und so heißt es nun bei Microsoft: "Das Telefon ist kein PC".

Wer denkt, das sei selbstverständlich, der sollte lesen, was Roberta Cozza den PC-Herstellern ins Stammbuch diktiert hat: Sie hätten Smartphones lange Zeit lediglich als "abgespeckte" Versionen von Notebooks betrachtet, kritisiert die Principal Analystin von Gartner und bezeichnet das als "Kardinalfehler" der Anbieter.

Nun scheint die Branche umzudenken: "In einem Marktumfeld, in dem sich die Hersteller immer mehr angleichen und Anwendungen komplexer werden, haben wir uns mit Windows Phone 7 vollkommen auf die Bedürfnisse unserer Kunden konzentriert", sagte Steve Ballmer bei der Präsentation von Phone 7 auf dem MWC.

Ziel sei es, eine neue Generation von Smartphones zu schaffen, die alle Wünsche der Anwender bei einfacher und intuitiver Bedienung auf einen Nenner bringe. Und: Die Aufgabe für Windows Phone 7 sei gewesen, sich "von unserer eigenen Vergangenheit" sowie dem Wettbewerb zu unterscheiden, meinte der Microsoft-CEO.

Was Microsoft Phone 7 kann

Das neue Konzept basiert auf insgesamt sechs thematischen Schwerpunkten (sogenannte Hubs), die über eine in Kachelstruktur übersichtlich angeordnete Benutzeroberfläche besonders einfach zugänglich sein sollen. Dazu zählen neben der Spieleplattform Xbox Live sowie Musik und Videos über den Zune-Player ein einfacher Zugriff auf Bilder und Fotos, ein Marktplatz für neue Anwendungen, ein mobiles Office-Paket sowie der einfache Zugang zu den persönlichen Kontakten über die verschiedenen Netzwerke hinweg.

"Man muss kein Informatikstudium mehr absolviert haben, um die Geräte zu bedienen", beschreibt Microsoft-Manager Andreas Krieg das neue System. Mit der integrierten Xbox-Live-Plattform lassen sich erstmals auch unterwegs Spiele für Microsofts Xbox nutzen.

Die Steuerung der Phone 7-Geräte erfolgt über Multitouch-Fingerbefehle auf dem berührungssensitiven Bildschirm. Der Stift, mit dem Microsoft früher arbeitete, hat damit ausgedient.

Damit sich künftige Smartphones mit Phone 7 stärker an den Richtlinien des neuen Betriebssystems orientieren, werde das Unternehmen anders als bisher an die Gerätehersteller deutliche Hardware-Vorgaben machen und damit ein reibungsloses Funktionieren sicherstellen, kündigte Krieg an. In der Vergangenheit waren mehrere Dutzend Smartphones verschiedener Hersteller und mit unterschiedlichen Benutzeroberflächen auf dem Markt, für die Microsoft am Ende doch immer den Kopf hinhalten musste. Das, so die Hoffnung des Konzerns, habe nun ein Ende. "Wir möchten mehr Konsistenz bei der Hardware-Plattform und den Erfahrungen der Anwender", meinte Microsoft-Boss Steve Ballmer dazu in Barcelona.

Die ersten Smartphones mit Windows Phone 7 Series sollen zum Ende des Jahres erhältlich sein, bestätigte der CEO in Barcelona. Erste Verträge mit Anbietern gibt es wohl auch schon: Deutsche Telekom, Orange, Verizon und Hersteller wie Samsung, LG, Sony-Ericsson und HTC haben sich laut Ballmer bereits dazu verpflichtet, Endgeräte auf Basis von Phone 7 anzubieten.