Fraunhofer Studie mit Vollkostenbetrachtung

Migration zu Open Source bringt kaum Einsparungen

07.02.2006 von Tanja Wolff
Ein Wechsel von Microsoft- zu Open-Source-Produkten bringt nur eine geringe Kosteneinsparung. Das geht aus einer Studie des Fraunhofer Instituts hervor. Allerdings bringt der Einsatz von Open-Source-Lösungen strategische Vorteile mit sich.

Die Untersuchung vergleicht unter anderem die Wirtschaftlichkeit von Microsoft-Anwendungen und Linux. Dafür schafft sie ein konkretes Szenario: Der Kern ist die Migration von Mitarbeiterrechnern von Microsoft- auf Open-Source-Software in der Fraunhofer-Gesellschaft. Monetär bewertet werden dabei alle relevanten Kostentreiber. Die Basis bildet eine Total-Cost-of-Ownership-Analyse (TCO).

Migrationsszenario

Die Szenarien lassen sich in vier Phasen einteilen: Beschaffungs-, Einführungs-, Betriebs- und Upgrade/Neuanschaffungsphase. Von der Migration sind alle Mitarbeiter betroffen, die über einen Rechnerarbeitsplatz verfügen. Bei der Berechnung wird von etwa 800 Servern ausgegangen.

Die meisten Fraunhofer Institute haben ihre eigenen IT-Abteilungen. In Abhängigkeit der Institutsgröße wurde die Anzahl der Administratoren für die Studie geschätzt. Insgesamt betreuen rund 240 Administratoren etwa 80 Institute und Einrichtungen.

Kostenvergleich

In der Betrachtung wird vorausgesetzt, dass sich die Anforderungen der proprietären und der Open-Source-Software an die Hardware nicht groß unterscheiden. Daher werden für beide Migrationsszenarien Hardware-Kosten in gleicher Höhe angenommen.

Die Lizenzkosten gehören zu den relevanten Kostentreibern. Bei einer Microsoft-Migration fallen diese Ausgaben durch den Kauf der OEM-Betriebssystemlizenzen im ersten und nach dem fünften Jahr an. Aufgrund des Campusvertrags entstehen der Fraunhofer-Gesellschaft jährlich zusätzliche Lizenzkosten. Außerdem müssen bei einer Microsoft-basierten Lösung Software wie Virenschutzprogramme, Personal Firewalls und Software zur Komprimierung gekauft werden.

Das entfällt bei Open-Source. Bei der Lösung erstellt eine zentrale IT-Abteilung eine Installationsversion des Linux Betriebssystems, der Office- und Groupware-Anwendungen. Diese Version kann über das Intranet runter geladen werden. Da bei dem vorliegenden Szenario nicht alle Rechner auf Open-Source umgestellt werden können, müssen Lizenzen für etwa 1.000 Rechner beschafft werden. Die Lizenzkosten fallen im ersten sowie bei einem Upgrade nach dem dritten Jahr an.

Ausgefeilte Migrationsplanung

Laut der Studie ist bei der Einführung von Open-Source und proprietärer Software eine Migrationsplanung wichtig. Der Aufwand hält sich bei beiden die Waage. Ebenso wie bei der Installation und der Übernahme von Altdatenbeständen.

Für die Mitarbeiter müssen zudem Schulungen zur Anwendung des neuen Betriebssystems und der Office-Anwendungen angeboten werden. Darüber hinaus ist es wichtig, Administratoren in der Installation, Konfiguration und Nutzung der neuen Software für Clients im Netzwerk sowie für die Server auszubilden. Die Analyse geht davon aus, dass die Schulungen bei Microsoft-Software etwa sechs, bei Open-Source rund acht Stunden betragen werden.

Die Mitarbeiter werden bei der Nutzung der neuen Software in den ersten Wochen vermutlich Probleme haben, darunter wird die Produktivität leiden. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung geht davon aus, dass die Ausfallzeiten bei einer Open-Source-Lösung etwas höher ausfällt als bei einer Microsoft-basierten Lösung. Auch die Administratoren müssen bei Open-Source mit mehr Aufwand bei der Einführungsunterstützung rechnen.

Vollkostenbetrachtung

Laut der Studie ergibt ein Vollkostenvergleich der beiden Migrationsarten ein Einsparpotenzial von etwa 2,4 Prozent. Insbesondere die Lizenzkosten zu Beginn der Investition stellen mit einem Minus von rund sieben Prozent die größte Kostensenkung dar. Jedoch ist der Schulungsaufwand bei Open Source 2,7 Prozent teurer. Das liegt vor allem daran, dass mehr Mitarbeiter die Schulung besuchen werden.

Der dritte Kostenblock bildet die Reduzierung der Mitarbeiterproduktivität, so die Untersuchung. Bei einer Open-Source-Migration entstehen voraussichtlich 0,7 Prozent mehr Kosten. Ähnlich sieht es bei der Einführungunterstützung der Administratoren aus. Hier liegen die Kosten für die freie Software 0,2 Prozent höher.

Für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wurden etwa 50 IT-Leiter der Fraunhofer-Gesellschaft nach den relevanten Einsatzgebieten von Open-Source-Software befragt. Grundlage der Bewertung waren konkrete Informationen unter anderem aus den Bereichen Kostenrechnung, Beschaffung und Personalwirtschaft.