Udo Helmbrecht

Mit dem BSI in die Offensive

07.07.2003 von Johannes Klostermeier
Der neue Präsident will das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bekannter machen. Aus der bisher weithin unbekannten Behörde soll eine unternehmerisch denkende, schlagkräftige und vermarktbare Organisation werden. Doch der Wille zur Geheimhaltung und zur Einhaltung des Dienstwegs scheint bei den Mitarbeitern noch ungebrochen.

"Diese Fahrstühle sind deswegen so langsam, damit die Beamten morgens keinen Schreck bekommen", witzelt der neue Präsident des BSI im Fahrstuhl der Behörde auf dem Weg nach unten. Pressesprecher Michael Dickopf, seit 1991 beim BSI, lacht mit. Doch Udo Helmbrecht will erst noch eine Weile abwarten, um zu entscheiden, wem er wirklich trauen kann.

Sein Vorgänger, Dirk Henze, Naturwissenschaftler wie Physiker Helmbrecht, schied nach Erreichen der Altersgrenze bereits zum 30. November vergangenen Jahres aus dem Amt. Dass Helmbrecht nach einer Ausschreibung erst im März 2003 vom Posten eines Bereichsleiters IT bei der Bayerischen Versorgungskammer kam, hat einen einfachen Grund, der hier allerdings nur hinter vorgehaltener Hand genannt wird: Ein anderer Bewerber außerhalb des BSI hatte Klage erhoben, weil er nicht berücksichtigt worden war. Das Verfahren war blockiert, das Amt hatte keinen Präsidenten; Vizepräsident Michael Hange fungierte als Leiter.

Wer kennt das Bundesamt für Sicherheit?

Seit Innenminister Otto Schily das BSI nach dem Love-Letter-Virus und vor allem den Terroranschlägen vom 11. September als seine Lieblingsbehörde entdeckt hat, die in vorderster Front der Abwehr möglicher Anschläge dienen soll, herrscht ein Erwartungsdruck, der trotz der ministeriellen Anteilnahme unangenehm wirken kann. 34 neue Mitarbeiter und acht Millionen Euro zusätzlich wurden der Obersten Bundesbehörde, die dem Innenministerium unterstellt ist, zur Terrorbekämpfung zusätzlich bewilligt. Der Etat beträgt jetzt 45 Millionen Euro; es gibt 380 Sicherheitsexperten. Jetzt will Schily aber auch Taten sehen und das Geld gut angelegt wissen.

Das BSI hatte es sich in einer Nische der Geheimhaltung bequem gemacht - so wirkte es zumindest von außen. "Fragen Sie Ihren Nachbar, ob er das BSI kennt. Er wird es nicht kennen", sagt Helmbrecht, als Dickopf gerade verschwunden ist, um nach den berühmten Enigmas auf dem BSI-Flur zu schauen, die mit dem neuen Präsidenten aufs Foto sollen. "Ich will den Bereich Marketing stark ausbauen", erklärt Helmbrecht.

Neues Zertifikat: "BSI-geprüft"

"Wir alle müssen unternehmerischer denken", fordert der Neue und spricht damit wahrscheinlich seinem Dienstherrn aus der Seele. Das Controlling und die Projektverantwortlichkeiten sollen ausgebaut werden. "Ich will Key Accounts als Ansprechpartner für die verschiedenen Firmen und Themen schaffen", so Helmbrecht. Die Zusammenarbeit mit der Industrie, die auch jetzt schon in Public Private Partnerships floriert, will er noch verstärken. "Warum schaffen wir kein Zertifikat, mit dem Unternehmen ihre Produkte besser vermarkten können - BSI-geprüft?", fragt Helmbrecht tatendurstig.

IT-Qualitätsmanagement und eine Balanced Scorecard sind einige der Themen, die er schon bei der Bayerischen Versorgungskammer gefördert hat, heißt es in seinem Lebenslauf, mit dem sich der Präsident intern vorstellt. Helmbrecht war lange genug in der Wirtschaft tätig, unter anderem zehn Jahre in München bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm, heute EADS, wo er in internationalen Projekten die softwaretechnische Unterstützung der Flugzeugentwicklung, -konstruktion und -fertigung verantwortete. Er weiß also sehr genau, wovon er spricht.

Der 48-Jährige hat sich einfach beworben beim BSI: "In der Zeit stand die Anzeige. Man muss sich überlegen, was man machen will; wenn man 50 ist, ist es zu spät", sagt Helmbrecht. Derzeit pendelt er noch zu seiner Familie nach München. In der Woche jedoch kann er abends nicht so lange arbeiten, wie er will. "Das ist hier wie ein Tresor: Ab 19 Uhr darf niemand mehr hier sein", berichtet er. Helmbrecht scheint amüsiert zu sein von der Mischung aus Bequemlichkeit und Geheimniskrämerei. Wenn es nach ihm geht, und das ist so seit März, dann wird diese anachronistische Zeitbeschränkung so schnell wie möglich aufgehoben. "Wir wollen neue Modelle schaffen", betont der Präsident.

Öffnung zu anderen Bundesbehörden

Derzeit trifft sich Helmbrecht mit den IT-Direktoren der anderen Bundesbehörden: Bei Martin Schallbruch vom Innenministerium war er in der vergangenen Woche; am Montag besucht er Gerhard van der Giet, den IT-Direktor des Bundesverteidigungsministeriums. Aber auch an der Zusammenarbeit mit CIOs aus der Wirtschaft ist der neue Präsident interessiert. "Man wird sehen müssen, ob wir mehr mit den CEOs oder den CIOs zu tun haben werden."

Helmbrecht wird das ursprünglich aus Teilen der Geheimdienste entstandene Amt nach außen öffnen. Und so kann es sein, dass bald in der Presse etwas zu lesen sein wird über einzelne, bisher streng vertraulich behandelte Projekte, die auf dem Gelände der hochgesicherten Außenstelle in Bonn-Mehlem angesiedelt sind. "Allerdings: Wir sind nicht 007; wir hatten und haben keine Alias-Namen, und vor allem sind wir - anders als James Bond - nur präventiv tätig. Leute, wie sie in Qs Abteilung arbeiten, die haben wir allerdings auch" - sagt Pressesprecher Dickopf, der es noch gewohnt ist, hin und wieder für seinen Chef zu antworten.