Huaweis IoT-Strategie

Mit IoT vom smarten Parkplatz zum intelligenten Airport

05.01.2017 von Jürgen  Hill
Vehement drängt mittlerweile auch der chinesische Huawei-Konzern ins IoT-Geschäft. Mit Partner Deutsche Telekom hat Huawei eine der ersten Narrowband-IOT-Lösungen realisiert. Eine eigene IoT-Strategie verfolgt Huawei mit seiner 1+2+1-Architektur.
Holmer realisierte mit Huawei und Fraunhofer eine intelligente IoT-Erntemaschine.
Foto: Holmer Maschinenbau

Intelligente Sensoren und nochmals intelligente Sensoren - auf den ersten Blick scheint Huawei im IoT-Umfeld primär ein Infrastrukturlieferant zu sein, der es ermöglicht von Sensoren (GPS, Temperatur, Feuchtigkeit etc.) gewonnene Daten mit drahtloser Technik (eLTE, NB-IoT) weiter zu transportieren. Doch der Konzern bietet mit seiner dreistufigen "1+2+1"-Architektur auch eine komplette IoT-Plattform an, die bis auf die Datenanalyse und Auswertung wesentliche Bestandteile einer IoT-Lösung für vertikale Märkte umfasst.

Die 1+2+1 IoT-Architektur von Huawei besteht aus drei Ebenen
Foto: Hill

Basis dieser Lösung ist das Betriebssystem LiteOS für Sensoren und die entsprechenden Übertragungskomponenten. Auf der Access- Ebene kann der Anwender bei dieser Methode zwischen Ansätzen wählen: So können die gewonnenen Daten etwa direkt per eLTE, NB-IoT oder künftig 5G zu einer Cloud-Lösung übertragen werden und dort verarbeitet werden. Ein Business-Modell, das Huawei vor allem in Kooperation mit Carriern wie der Deutschen Telekom sieht.

Eine andere Access-Methode wäre die lokale Aggregation der Daten - also Edge Computing - bevor sie dann via IoT-Gateway oder Agile WAN-IoT-Agent weitertransportiert werden. Für die Agent-Lösung betreibt Huawei weltweit drei Rechenzentren in Europa, den USA und Asien. Als eigentliche Connection-Management-Platform im Huawei IoT-Ecosystem dient dann OceanConnect. Die Plattform wartet zudem mit offenen APIs auf, die Partner dann zur Realisierung der spezifischen, vertikalen Anwendungen und Lösungen nutzen können.

Tracking mit IoT

Tracking von Haustieren per IoT-Wearables.
Foto: Hill

Eine einfache Lösung ist ein von Oviphone entwickeltes Wearable zum Tracking von Menschen und Haustieren. Im Gegensatz zu bisher üblichen Lösungen sendet das mit Nano-GPS und NB-IoT ausgestattete Device nicht ständig seine Position, sondern erst wenn es ein per Geofencing definiertes Gebiet verlässt. Auf diese Weise soll die Batterie geschont und so eine deutlich längere Lebenszeit des Wearables erreicht werden.

Smarte Parkplätze

Auf NB-IoT - also Narrowband Internet of Things - basiert auch das intelligente Parkplatz-Bewirtschaftungssystem, das die Deutsche Telekom und Huawei in Bonn realisiert haben. Hierzu haben die Partner nach eigenen Angaben das weltweit erste (Stand Oktober 2016) Ende-zu-Ende-System für Schmalband-Kommunikation im Netz der Telekom eingeschaltet - in Deutschland und in den Niederlanden. Es basiert auf dem erst im Frühjahr 2016 freigegebenen NB-IoT-Standard (Narrowband Internet of Things).

Die Schmalband-Technik für das Internet der Dinge ermöglicht eine großflächige Abdeckung und zugleich den Empfang bis tief in Gebäude hinein. Für NB-IoT sprechen zudem ein geringer Stromverbrauch und die günstige Technik. Das macht sie flexibel einsetzbar - von der Landwirtschaft und Logistik bis hin zur Automobilindustrie und öffentlichen Verwaltung. Das System basiert auf so genannten Single RAN-Basisstationen, einem virtualisierten (Kernnetz) und einer Cloud-basierten IoT-Plattform.

IoT-Sensoren machen die Parkplätze künftig smart.
Foto: Hill

Als erste Anwendung wurde das bereits angesprochene Park-Management-System eingeführt. Hierzu werden in den Parkplätzen kleine Sensoren eingebaut, die ihre Informationen per NB-IoT übertragen. Die Sensoren in den Parkplätzen selbst kommunizieren mit Autofahrern über eine App, die sie zu freien Parkplätzen führt. Nach Angeben von Technology Angel, einem Entwickler der Sensoren, wäre es im Verbund aus App und Sensoren auch möglich Parkplätzte zu reservieren. Der Sensor würde dann Blinken, um einen reservierten Parkplatz zu signalisieren. Würde dieser dann unberechtigt genutzt, könnte die IoT-Lösung automatisch den Abschleppdienst ordern.

Intelligenter Bus

Im Smart School Bus sollen die Kinder künftig sicher zur Schule kommen.
Foto: Huawei

Das Thema "in-vehicle IoT" adressiert Huawei gemeinsam mit Partner Intel. Mit der Entwicklung eines Smart School Bus unterstützen die beiden Konzerne die Pläne von Dubai, die eigene Stadt zu Smart City umzubauen. Ein Bestandteil davon soll die Smart School Bus Management Solution sein. Zentraler IoT-baustein des intelligenten Busses ist Huaweis IoT Gateway. An dieses sind gleich mehrere Systeme wie Kameras, GPS, OBD-Sensoren, Smartcard-RFID-Reader, Multimedia Devices, internes WLAN etc. angeschlossen. Derartig vernetzt, offeriert der Bus gleich eine Vielzahl von Anwendungen.

Klassisch gehört dazu natürlich die Überwachung des Fahrzeugzustands und die vorbeugende Wartung von Komponenten, um so einen Ausfall zu vermeiden. Als Service für die Eltern existiert zudem eine Portallösung. Dort können sie jederzeit die Position des Buses sehen und so etwa genau planen, wann sie ihre Kinder von der Haltestelle abholen. Gleichzeitig können sie sehen, ob ihre Kinder auch an Bord sind.

Die Schule selbst erfährt so etwa, ob die Busse zum Schulbeginn pünktlich eintreffen. Auf der anderen Seite verhindert der intelligente Bus durch eine Passagier-Identifizierung, dass die Schulkinder das falsche Fahrzeug besteigen. Im Bus selbst sorgt ein WLAN-System für den Internetzugang. Zusätzliche Unterhaltung während der Fahrt liefern Multimedia-Terminals, die ihre Inhalte "over the air" (OTA) beziehen oder direkt vor Ort aus dem Multimedia-Storage. Die Sicherheit an Bord sollen Videokameras gewährleisten, auf die eine zentrale Leitstelle Zugriff hat.

Digital Railway

Das IoT-Engagement des Konzerns beschränkt sich nicht nur auf die Straße, sondern setzt sich auf der Schiene unter dem Schlagwort "Digital Railway" fort. Dabei haben sich die Chinesen vor allem auf der Access-Seite einen cleveren Trick einfallen lassen. Statt wie in der Vergangenheit zwei getrennte Netzwerke für die kritische Zugsteuerung und ein anderes für Internet-Services etc. zu nutzen, setzen sie nur noch auf ein Netz. Dieses unterteilen sie in zwei virtuelle Kanäle, eine hard und eine soft pipe. Die hard pipe mit QoS, definierten Latenzzeiten, etc. transportiert nun die kritischen Informationen zur Zugsteuerung, während die soft pipe für Internet, Telefonie, Multimedia, E-Mail etc. zur Verfügung steht. Per Software kann dieses System zudem von GSM-R auf LTE aufgerüstet werden.

Erntemaschinen mit IoT

Dagegen wirken IoT-Projekte, bei denen Predictive Maintenance im Vordergrund steht, fast schon old school. Obwohl gerade hier häufig am schnellsten ein Return on Investment sichtbar ist: So lässt sich etwa für einen Landwirt der Ertragsausfall direkt beziffern, wenn während in der Hochphase der Erntezeit einer seiner Maschinen ausfällt und das Getreide oder andere Frucht auf dem Feld vergammelt. Um solche Ausfälle zu vermeiden, setzt nun die bayrische Holmer Maschinenbau GmbH, das Unternehmen gehört seit 2013 zur Exel-Gruppe, auf IoT.

Gemeinsam mit Huawei und Fraunhofer ESK entwickelte man eine Lösung, bei der über 200 Sensoren die Betriebsdaten der Erntemaschinen in Echtzeit erfassen. Diese großen Datenmengen werden zu Analysezwecken in die Cloud geladen. Damit will Holmers nicht nur die Leistungsfähigkeit seiner Landmaschinen erhöhen, sondern auch frühzeitig Unregelmäßigkeiten erkennen, um so mit vorausschauender Wartung einem Ausfall vorzubeugen. Eine der Herausforderungen war dabei, dass auf den Feldern nicht immer eine Funkverbindung ins Internet gewährleistet ist.

Deshalb holten die Partner die Intelligenz aus der Cloud direkt in das IoT-Gateway des Fahrzeugs und richteten dort, wie es Fraunhofer formuliert eine Edge Cloud ein. Diese ermöglicht es, die Daten aus der Erntemaschine je nach Anwendung bereits direkt vor Ort zu verarbeiten und wichtige Teilanalysen ohne eine Übertragung zur zentralen Internet of Things (IoT) Cloud durchzuführen.

Aufzüge per IoT monitoren

Einen anderen Kooperationspartner in Sachen IoT gewann Huawei im September 2016 mit dem Rolltreppen- und Aufzugbauer Schindler aus der Schweiz. Beide Unternehmen wollen bei der Entwicklung von intelligenten Komponenten zur Anbindung von Aufzügen und Fahrtreppen über das Internet of Things (IoT) kooperieren. Die dabei entstehenden Lösungen zur Anbindung von Aufzügen und Fahrtreppen über das Internet of Things sind ein wichtiger Bestandteil von Schindlers digitaler Plattform und sollen ein verbessertes Monitoring ermöglichen sowie die Analyse und Verarbeitung von Datenströmen.

Digitalisierte Produktion

Die intelligente Produktion mit vernetzten Robotern - hier ein Modell von Kuka - soll den Zukunftsprogrammen "Industrie 4.0" und "Made in China 2025" zum Durchbruch verhelfen.
Foto: Hill

Mit Kuka arbeitet Huawei dabei an der Digitalisierung der Produktion. Gemeinsam wollen sie die IoT-Nutzung in der Robotik voranbringen und Unternehmen bei der Umstellung auf die intelligente Produktion unterstützen. Dabei sollen Roboter eine immer wichtigere Rolle übernehmen und dafür sorgen, dass die Firmen flexibel bleiben. Das gemeinsame Engagement von Huawei und KUKA basiert zudem auf Deutschlands Zukunftsprojekt "Industrie 4.0" und Chinas Strategie "Made in China 2025". Im Fokus steht dabei die Anwendung innovativer industrieller Lösungen, die das IoT fördern und einbinden.

Smart Airport

Noch Zukunftsmusik ist in Europa ein anderes IoT-Projekt, das Huawei in Asien verfolgt: Smart Airports. Mittels IoT-Technologie werden etwa Flugbesatzungen, Bodenmannschaft, Wartungsteams und Dispatcher miteinander vernetzt und dabei Sprache, Video, Daten und Positionsinformationen genutzt. Zudem verspricht IoT im Flughafenbereich eine höhere Sicherheit. In Europa ist davon noch nichts zu sehen, da Huawei eigenen Angaben zufolge beim Projekt Smart Airport Funkfrequenzen verwendet, deren Nutzung in Europa nicht freigegeben ist.