DSK

Mit IT abbauen

11.09.2007 von Riem Sarsam
Unternehmen steuern in Richtung Wachstum. Nicht so die DSK. Die Steinkohle-Tochter der RAG schrumpft - politisch gewollt. Die IT begleitet den systematischen Personalabbau mit einer ausgefeilten Prozessautomatisierung.
Im Einsatz der Deutschen Steinkohle AG: Ein Walzenlader schneidet die Kohleschichten aus dem Gestein.

In Herne ist man mit ganzem Herzen am Werk. Dabei gibt es von außen betrachtet eigentlich wenig Grund, sich hier noch mächtig ins Zeug zu legen. Denn die drei Bergbau-Ingenieure Dirk Ostermann, Michael Kremer und Jürgen Skirde tragen die Verantwortung für die IT bei der DSK und sind damit gefordert, die Schrumpfung des eigenen Unternehmens zu unterstützen.

Dieser Zustand ist nichts Neues. Der Anpassungsprozess der deutschen Steinkohle hat die Branche in den letzten Jahrzehnten von einer nationalen Wirtschaftsmacht auf die Größe eines mittelgroßen Konzerns verringert. Vor wenigen Monaten haben sich Politik, Unternehmen und Gewerkschaft auf ein Auslaufen Ende 2018 geeinigt. 2012 wird dieser Beschluss allerdings noch einmal überprüft.

Dirk Ostermann, Leiter Zentralbereich IT-Strategie bei der DSK: „Wir haben immer weniger Leute, aber viele Prozesse verringern sich nicht im selben Ausmaß.“

"Wir haben immer weniger Leute, aber viele Prozesse verringern sich nicht im selben Ausmaß“, erklärt Dirk Ostermann, Leiter IT-Strategie bei der DSK. 2004 begann er daher mit seinen Kollegen ein System zu konzipieren, mit dem sich der Aufwand in der Verwaltung stark verringern lässt. Dort kämpften die Mitarbeiter gegen eine steigende Arbeitsbelastung, die Konten mit den Überstunden liefen über.

Heute bewegt sich die Mehrarbeit in der Personalverwaltung wieder gen Null. Mit Hilfe eines ausgeklügelten Identitäts- und Organisations-Managements ist es gelungen, die Belastung zu senken und gleichzeitig Qualität und Verfügbarkeit der konzerninternen Informationsflüsse zu verbessern. "Dass unsere Idee technisch machbar ist, war anfangs gar nicht klar“, erzählt Skirde, verantwortlich für die ITK-Infrastruktur. Dem Eifer der drei hat das nicht geschadet. Sie feilten weiter an ihrer Idee und berieten sich schließlich mit ihrem Dienstleister, der sie umsetzen musste. Außerdem klopften sie in der Personalabteilung an, um sie für ihren Plan zu gewinnen und schon früh als strategischen Partner mit ins Boot zu holen. Denn auf diesen Bereich kam die größte Umstellung zu.

Mehrarbeit und Fehlerquellen

"Der Schlüssel sind die Daten“, sagt Kremer, der als Leiter IT-Geschäftsprozess-Management auch Herr über die SAP-Software ist. "Die Informationen liegen in unterschiedlichen Töpfen und müssen in immer anderer Form kombiniert werden.“ Jede einzelne Anwendung hat ihre Berechtigung, doch alle zusammengenommen arbeiten ineffizient. Oft müssen mehrere Mitarbeiter dieselben Angaben eintippen, was überflüssig ist und außerdem eine potenzielle Fehlerquelle.

In der IT-Organisation der Deutschen Steinkohle AG arbeiten 150 Mitarbeiter.

Das Trio entschied sich für eine SQL-Datenbank als Drehscheibe für die Datenströme. Sie wird so mit den einzelnen Anwendungen verknüpft, dass diese entweder Informationen erhalten oder Daten liefern, sofern sie zu Quellsystemen erklärt wurden. Herzstück des Systems ist SAP-HR. Es ist die wesentliche Datenquelle in dem Konstrukt, denn hier liegen die meisten der benötigten Daten. Und hier beginnt auch das, was Ostermann den "Lebenszyklus des Anwenders“ nennt und was der Methodik des Projektes zugrunde liegt.

"Lebenszyklus des Anwenders"

"Wir sind nicht wie üblich über eine sicherheitstechnische Perspektive an das Identitäts-Management herangegangen, sondern aus Sicht der Vorgänge im Unternehmen“, sagt Ostermann. Der Lebenszyklus des Anwenders beschreibt die Stationen, die Mitarbeiter von der Einstellung im Unternehmen bis zum Weggang durchlaufen. Aus IT-Sicht stehen dahinter Workflows, von der Anmeldung im R/3 bis zur Abmeldung des Telefonanschlusses, die verschiedene Systeme erledigen. Um einen Überblick über diese Datenflüsse zu erhalten, listeten die IT-Manager akribisch sämtliche Merkmale auf, die einem Kollegen im Laufe seiner DSK-Zugehörigkeit zugeordnet werden. Angefangen bei Name und Anrede über seine Position, Telefon- und Raumnummer bis hin zum SAP-Account.

Rund 100 verschiedene Attribute kamen so zusammen, die dann mit Hilfe einer Matrix sortiert und einzelnen automatisierten Workflows zugeordnet wurden. Wird etwa ein Mitarbeiter versetzt, ändert man die Merkmale heute nur noch im Quellsystem, das sie automatisch an die entsprechend zugeordneten Anwendungen weiterleitet. In Gang gesetzt wird diese Maschinerie, sobald ein Mitarbeiter seine R/3-Nummer erhalten hat. Da der Abgleich jede Nacht erfolgt, liegen sämtliche Veränderungen täglich aktualisiert vor. Damit ist beispielsweise auch dafür gesorgt, dass mit dem Weggang eines Kollegen sofort seine Nutzungsrechte erlöschen.

Das ist die eine Seite des Identitäts-Managements. Da dieses außerdem mit dem Organisations-Management, angelehnt an SAP, verflochten wurde, fließen auch Informationen über die Hierarchiestruktur der DSK in das System mit ein. "Viele Abläufe im Unternehmen sind nun einmal hierarchiegebunden“, erklärt Ostermann. Da nun auch die richtige Zuordnung von Mitarbeitern und Vorgesetzten automatisiert in sämtlichen angebundenen Anwendungen aktualisiert wird, lassen sich Abläufe wie die Überprüfung von Reisekosten, die Genehmigung von Urlaub oder die Arbeitszeitkontrolle mit wesentlich geringerem Aufwand erledigen.

Vom langen Abschied der Deutschen Steinkohle AG.

Zum Erfolg des Systems trägt bei, dass sämtliche Details berücksichtigt werden, um die verwaltungstechnischen Abläufe nicht ins Stocken zu bringen. Überraschungen ließen sich bei der Komplexität des Projektes nicht vermeiden. "Wir sind auch schon mal auf die Nase gefallen, wenn wir einen Teil des Systems produktiv geschaltet haben“, sagt Kremer und nimmt es sportlich. Man musste nur lange genug weitertüfteln, dann fand sich jedes Mal eine Lösung.

Mehr zur IT-Strategie der Deutsche Steinkohle AG erfahren Sie in den CIO-Videonews.