Google Apps statt MS Office

Mitarbeiter nicht zu Web 2.0 zwingen

11.01.2010 von Nicolas Zeitler
Die fürs Web 2.0 typische Arbeitsweise verschreckt viele am PC erfahrene Mitarbeiter. CIOs müssen den Umstieg sanft angehen. Gartner empfiehlt Lösungen, die sowohl Wikis und Blogs als auch die klassische Dokumenten-Arbeitsweise unterstützen.

Fortschritte im Web 2.0 verändern die Arbeitsweise in Unternehmen. Statt in Dateien und Dokumenten bringen Mitarbeiter ihre Beiträge immer häufiger über browser-basierte Anwendungen ein. Nach Beobachtungen der IT-Marktforscher von Gartner vollzieht sich damit ein grundlegender Wandel, der nicht immer reibungslos abläuft.

Der IT-Chef muss Sensibilität an den Tag legen, wenn der die klassische, dokumenten-zentrierte Arbeitsweise zugunsten des Web-2.0-Prinzips aufgibt.

Bis 2013 werden 80 Prozent der Plattformen, über die Angestellte gemeinsam an einem Projekt arbeiten, überwiegend nach Prinzipien des Web 2.0 funktionieren, schätzt Gartner-Berater Jeffrey Mann. Unterstützung für die klassische, datei-orientierte Arbeitsweise werden viele Programme nur noch als nachrangige Möglichkeit anbieten, schreibt er in dem Bericht "Wikis and Documents Represent Different Ways of Working".

Demnach gibt es derzeit unter Firmen und ihren Mitarbeitern zwei Lager: Die einen bevorzugen auch bei Projekten mit vielen Beteiligten Dokumente und Dateien. Die anderen arbeiten im Stile des Web 2.0: Über Internet-Seiten interagieren sie direkt mit Inhalten und Kollegen. Nach Einschätzung von Mann unterscheiden sich beide Arbeitsweisen grundlegend: was Sicherheit betrifft ebenso wie in Fragen der Steuerung.

Der klassischen gemeinschaftlichen Arbeit entspricht die Verwendung eines Netzwerk-Laufwerks, wie Jeffrey Mann beschreibt. Mehrere Nutzer können von ihren Rechnern auf Dateien zugreifen, sie herunterladen, als einzelner bearbeiten und anschließend mit ihren Veränderungen wieder auf der zentralen Festplatte speichern. Bei dieser Art zu arbeiten, so erklärt er, habe der Inhalt noch eine gewisse Körperlichkeit, sei greifbar und dem jeweiligen Bearbeiter zuzuordnen.

Diese Greifbarkeit von Objekten fehle hingegen im Web 2.0 völlig. Dort liegen die Inhalte immer im Netz. Statt sie herunterzuladen und wieder dorthin zu übertragen, bearbeiten die Beteiligten sie direkt online.

Blogs und Wikis verunsichern Mitarbeiter

Wer jahrelang in einer dokumenten-orientierten Umgebung wie zum Beispiel mit Microsoft Office gearbeitet habe, könne sich damit oft nur schwer anfreunden, so Mann. Dass andere womöglich gleichzeitig an demselben Inhalt arbeiten und eigene Arbeitsschritte sofort sichtbar für alle anderen sind, sei für viele befremdlich. Wer dagegen gewohnt sei, mit Wiki- und Blog-Strukturen umzugehen, der finde sich möglicherweise schwer in der stärker strukturierten Arbeitsweise zurecht, die mit dem klassischen Ansatz verbunden sei.

Diese Spaltung sei für viele der Probleme verantwortlich, die häufig auf die Einführung neuer Technik am Arbeitsplatz folgten. Solche Schwierigkeiten könnten in nächster Zeit häufiger auftreten. Denn die Entwicklung geht nach Beobachtung der Gartner-Berater klar in Richtung Web-2.0-Prinzip. Mittlerweile sei die Mehrzahl neuer Lösungen am Markt browser-orientiert.

Google Apps im Hybrid-Modus

Dass das althergebrachte Dokument einmal völlig aus der Arbeitswelt verschwindet, ist indes nicht anzunehmen. Abläufe, die eine geordnete Folge von Arbeitsschritten erfordern, sind in Web-2.0-Umgebungen zum Teil schlecht aufgehoben. Einige Anwendungen unterstützen denn auch beide Arbeitsmodi, etwa Google Apps, Adobe Buzzword oder Soho.

Am wichtigsten sei es, die Mitarbeiter nicht ohne Vorbereitung zur für sie ungewohnten Arbeitsweise zu zwingen, rät Jeffrey Mann. Der CIO müsse sensibel vorgehen, wenn er von der bisherigen auf die Web-2.0-Arbeitsweise umstellen wolle.