E-Mail, Telefon, Web

Mitarbeiter täglich 12 Stunden erreichbar

20.07.2012 von Werner Kurzlechner
Ab 7.24 Uhr lesen deutsche Angestellte im Durchschnitt Arbeits-Mails. Auch nach Feierabend sind viele erreichbar - der Bürotag verliert laut Mozy seine Grenzen.
Diese Übersicht zeigt, welche technologischen Möglichkeiten zu flexibler Arbeitsgestaltung den Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
Foto: Mozy

Es leuchtet ein, dass mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets die Flexibilität der Arbeit und der Arbeitszeit erhöhen. Von einer Rundum-Vereinnahmung durch ihre Tätigkeit sind die meisten Arbeitnehmer aber weit entfernt, wie eine Studie von Mozy zeigt. Der Anbieter für Online-Backup-Lösungen spürt darin der Frage nach, wie sich aktuell ein durchschnittlicher Arbeitstag in verschiedenen Ländern gestaltet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass er im Mittel grob zwölf Stunden lang ist. Zu den weithin üblichen neun Stunden im Büro kommen davor und danach etwa drei Stunden, in denen beispielsweise E-Mails bearbeitet werden oder berufliche Fragen telefonisch geklärt werden. Deutschland ist alles andere als Vorreiter dieser Entwicklung, wie die Studie zeigt. Befragt wurden 1000 Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland und den USA.

Wenige Chefs verlangen Pünktlichkeit

Preußisch-straffe Ordnungsmuster lösen sich jedoch sukzessive auf. „73 Prozent der befragten Chefs nehmen es mit der Pünktlichkeit am Arbeitsplatz nicht so genau“, berichtet Mozy. Die Arbeitgeber gehen offenbar davon aus, dass die Mitarbeiter bereits auf dem Weg ins Büro anfangen zu arbeiten. Drei Viertel der Firmen statten ihre Arbeitnehmer daher auch mit Geräten für mobiles Arbeiten aus. Jedoch erhalten nur elf Prozent der Arbeitnehmer Geräte, mit denen sie tatsächlich auf alle beruflichen Daten zugreifen können.

In Deutschland haben die Mitarbeiter im Vergleich die geringsten Möglichkeiten, Arbeit unterwegs zu erledigen. 31 Prozent der deutschen Arbeitnehmer haben nach dem Verlassen des Büros überhaupt keine Möglichkeit mehr, auf berufliche Daten oder E-Mails zuzugreifen. Dies könnte auch eine Erklärung dafür sein, warum 34 Prozent der deutschen Arbeitnehmer bereits um 17 Uhr mit der Abfrage von E-Mails aufhören. So früh ist das nirgendwo sonst der Fall. Nur elf Prozent der Arbeitgeber ermöglichen ihren Teams den Zugriff auf alles, was sie brauchen, um ihrer Tätigkeit auch außerhalb des Büros nachzugehen.

Strategien gegen die E-Mail-Flut
Schreiben Sie weniger E-Mails
Jede geschriebene elektronische Nachricht provoziert eine oder mehrere Antworten. Weniger, dafür durchdachter und pointierter formulierte E-Mails rufen weniger Nachfragen hervor.
Gewinnen Sie Zeit
Verlieren Sie kein Geld und konzentrieren Sie sich auf Ihre eigentlichen Aufgaben. Vermutlich steht in Ihrem Berufsprofil nicht "E-Mail-Schreiber". Nutzen Sie die E-Mail-Korrespondenz nur, um sich über wichtige Inhalte mit Kollegen und Kunden auszutauschen.
Keine Kritik in einer E-Mail
Auch sachlich gemeinte Verbesserungsvorschläge kommen per E-Mail vermutlich falsch an. Das persönliche Gespräch schafft schneller Klarheit und ist in den meisten Fällen weniger verletzend.
Feste Lesezeiten einhalten
Deaktivieren Sie alle akustischen und optischen Signale für eingehende Nachrichten. Die erste Stunde am Morgen sollten Sie für wichtige Aufgaben verwenden und keinesfalls für scheinbar witzige Ketten-Mails von Kollegen. Idealerweise sollten Sie nur dreimal täglich Nachrichten lesen und beantworten.
E-Mails am besten gleich bearbeiten
Am effektivsten ist es, E-Mails nur dann zu lesen, wenn man auch zum Antworten kommt. Die "Sofort-Regel" spart Zeit. Jedoch leidet darunter oft die Konzentration.
Richten Sie ein Ablagesystem ein
Bearbeitete und beantwortete E-Mails sollten Sie möglichst sofort ablegen. Ins Posteingangsfach gehören nur neu angekommene und ungelesene Nachrichten.
Löschen Sie großzügig
E-Mails löschen wirkt befreiend, selbst wenn der Speicherplatz Ihres E-Mail-Accounts besonders groß ist.

So lange dauert der Arbeitstag in verschiedenen Ländern.
Foto: Mozy

Jeder Fünfte checkt international bereits um 7 Uhr sein E-Mail-Postfach. Um 7.30 Uhr haben laut Mozy zwei Fünftel der Männer und ein Viertel der Frauen bereits zum Smartphone gegriffen. Verglichen mit einem Viertel der Briten, die sich gegen 6.30 Uhr anmelden, prüfen nur 13 Prozent der Franzosen ihre Nachrichten zu dieser Tageszeit. Deutschland liegt hier in der Mitte.

Halbe Stunde Verspätung wird toleriert

Im Durchschnitt fangen deutsche Arbeitnehmer um 7.24 Uhr an, E-Mails zu prüfen – 18 Minuten früher als der internationale Durchschnitt. Um 8.04 Uhr tritt man hierzulande im Büro ein, um 17.33 Uhr verlässt man es – das ist jeweils eine Viertelstunde vor dem Gesamtdurchschnitt. Tatsächliches Ende des Arbeitstages ist dann 19.13 Uhr. „Das bedeutet, dass sich Arbeitnehmer fast 12 Stunden im Arbeitsmodus befinden“, so Mozy.

Insgesamt gehen Arbeitgeber davon aus, dass ihre Angestellten etwa 55 Minuten pro Tag an Arbeitsleistungen außerhalb des Büros erbringen. Tatsächlich haben Angestellte durchschnittlich bereits 46 Minuten an zusätzlicher Arbeitszeit angesammelt, noch bevor sie sich morgens an ihren Schreibtisch setzen.

Briten fangen am frühesten an und hören am frühesten auf zu arbeiten. Um 7.17 Uhr checken sie erstmals ihre E-Mails. Das Büro verlassen sie um 17.32 Uhr. Die Iren hingegen treffen erst um 8.39 Uhr im Büro ein und prüfen ihre E-Mails das letzte Mal um 20.02 Uhr. Am längsten online sind mit 11 Stunden und 56 Minuten die Amerikaner.

Vor diesem Hintergrund haben drei Viertel der Chefs kein echtes Problem mehr mit Unpünktlichkeit ihrer Mitarbeiter. In Deutschland, Frankreich und Irland ist eine Verspätung von 33 Minuten noch in Ordnung. In Großbritannien sind es nur 24 Minuten. Amerikanische Chefs hingegen akzeptieren sogar eine Verspätung von 37 Minuten. Der Gesamtdurchschnitt liegt bei 32 Minuten. Allerdings erwarten nach wie vor zwei Fünftel der deutschen Arbeitgeber absolute Pünktlichkeit – das ist im Vergleich der höchste Wert.

„Bei weiblichen Vorgesetzten ist die Wahrscheinlichkeit um 20 Prozent höher als bei männlichen Vorgesetzten, dass sie von ihren Mitarbeitern Pünktlichkeit verlangen“, heißt es in der Studie. Bei männlichen Vorgesetzen sei auch die Wahrscheinlichkeit doppelt so groß wie bei weiblichen Vorgesetzten, dass sie Teammitgliedern gestatten, bis zu zwei Stunden später einzutreffen. Im Durchschnitt gestattet der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern zudem, ein Viertel der Arbeitswoche von zu Hause aus zu arbeiten.

Anrufe nach Mitternacht

Die Firmen zeigen sich überdies zunehmend entspannt, wenn Mitarbeiter Persönliches im Büro erledigen. In Deutschland drücken 47 Prozent der Chefs bei längeren Mittags- oder Kaffeepausen ein Auge zu – insgesamt sind es 37 Prozent. 15 Prozent der deutschen Vorgesetzten erlauben sogar, dass Mitarbeiter online Bankgeschäfte oder Einkäufe während der Arbeitszeit erledigen. Das entspricht in etwa dem Gesamtdurchschnitt.

Zwar ist die Mehrheit der Arbeitgeber damit einverstanden, dass Mitarbeiter den Arbeitstag später beginnen, aber im Gegenzug wünschen sie sich auch Flexibilität beim Beginn des Feierabends. Da Vorgesetzte in Bezug auf die Anwesenheit der Mitarbeiter eher gelassen reagieren, haben sie kein Problem damit, sie auch nach der regulären Arbeitszeit anzurufen. 80 Prozent geben an, dass sie es akzeptabel finden, ihre Mitarbeiter abends anzurufen.

Französische Vorgesetzte sind dabei am rücksichtsvollsten und lassen ihre Mitarbeiter durchschnittlich ab 18.57 Uhr in Ruhe. Demgegenüber behelligen 48,2 Prozent der britischen Chefs ihre Mitarbeiter auch nach 19 Uhr telefonisch. In Irland wird im Durchschnitt 19.36 Uhr als zu spät für einen Anruf empfunden, in Deutschland ist das rund 20 Minuten vorher der Fall. Weltweit haben 1,4 Prozent der Vorgesetzten kein Problem damit, nach Mitternacht anzurufen.

„Wenn man Arbeitnehmern Flexibilität im Büro gewährt, und ihnen die Cloud-Anwendungen und mobilen Anwendungen bereitstellt, die sie benötigen, um ihrer Arbeit von überall aus nachzugehen, so spornt dies die Arbeitnehmer dazu an, ihr Bestes zu geben“, schlussfolgert Mozy. „Selbstverständlich wird es nie für jeden Einzelnen möglich sein, alle beruflichen Tätigkeiten von überall zu erledigen, aber es scheint etliche ungenutzte Möglichkeiten für mobile Geräte und Cloud-Tools zu geben.“ Die Studie ist auf der Mozy-Website nachzulesen.