Firmen hinken hinterher

Mobile Recruiting oft katastrophal

17.04.2013 von Bettina Dobe
Obwohl zwei Drittel aller mobilen Nutzer auf Smartphones nach Stellen suchen: Deutsche Firmen können mit Mobile Recruiting immer noch nicht umgehen. Das ist fatal.

Zoomen, Scrollen, Seufzen: Wer auf der Suche nach einem neuen Job ist, der sollte wohl nicht auf dem Smartphone Karriereseiten großer Firmen nach freien Stellen abgrasen. Die Digitalagentur Atenta hat sich in der "Mobile Recruiting-Studie 2013" angesehen, wie Firmen ihre Werbungsbemühungen auf Smartphones optimieren.

Atenta konzentrierte sich auf die 160 Unternehmen, die beim DAX; TecDax, M-Dax und S-Dax registriert sind - also alles andere als kleine Firmen, die kaum Geld für mobile Versionen übrig haben. Das Ergebnis: Mobiles Recruiting steht nicht auf der Agenda der großen Firmen.

Bewerber suchen mit Smartphone

Inzwischen suchen zwei Drittel der Bewerber unterwegs mit dem Smartphone nach Jobs.
Foto: Anthony Leopold, Fotolia.de

Man könnte meinen, dass sich Firmen angesichts der Lage auf dem Fachkräftemarkt darauf ausrichten, was Bewerber wollen. Doch noch immer sind viele Recruiting-Methoden altbacken. Viele Firmen ignorieren schlicht, dass zwei Drittel aller mobilen Nutzer per Smartphone nach Stellen sucht, so eine Studie von Jobware gemeinsam mit der Hochschule Rhein-Main. Recruiting ist noch nicht mobil geworden, obwohl es schon längst überfällig ist.

Wie die Studie ergab, sind sieben Prozent der Karrierewebseiten mobil gar nicht erreichbar und von den übrigen sind ebenfalls ganze 93 Prozent der Karrierewebseiten nicht mobil optimiert. Das heißt, sie sind nur auf normalen Laptops wirklich ohne Probleme zu nutzen. Auf kleinen Bildschirmen heißt es oft, dass die Bewerber sich mühselig durch Seiten scrollen, ständige zoomen müssen und so auf der Karriereseite keinen Durchblick haben. Das schreckt Kandidaten ab und könnte die Firma wertvolles Potenzial kosten: Vor allem Führungskräfte bewerben sich gern mobil.

Wie die Jobware-Studie ergab: Neun Prozent der befragten Führungskräfte haben sich per Smartphone oder Tablet auch beworben. Drei Mal so viele gaben an, dass sie sich in Zukunft so bewerben wollten. Aber die Firmenseiten sind dafür nicht ausgerichtet.

App statt Web?

Viele Firmen setzen immer noch auf online oder gar analog - das geht nur leider völlig am Bewerber vorbei.
Foto: kebox - Fotolia.com

Nur mickrige vier Prozent der Firmen stellen für potenzielle Bewerber eine App bereit, die die Erreichbarkeit optimieren soll. In Zahlen übersetzt: Gerade mal sieben der größten deutschen Unternehmen haben eine Karriere-App. Die insgesamt zehn Anwendungen waren überwiegend auf iOS ausgerichtet, und das, obwohl Android das führende Betriebssystem ist. Auch hier herrscht Nachholbedarf.

Wer schlecht abschnitt

Gar nicht über mobile Geräte erreichbar waren laut Studie die Karriereseite der Allianz SE, der Beiersdorf AG und von Volkswagen. Gerade bei der Allianz ist das überraschend, schließlich glänzt der Versicherungskonzern sonst mit seinem Onlineauftritt. "Im MDAX waren mit der MAN SE und der Wacker Chemie AG 2 von 50 Unternehmen für mobile Bewerber gar nicht bzw. nur eingeschränkt erreichbar", heißt es in der Studie. Nur etwa 17 Prozent der DAX-Firmen haben Karrierewebseiten, die gut mobil nutzbar sind. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr stellten 15 Prozent der Unternehmen einen mobilen Kanal zur Bewerbung bereit.

Löbliche Ausnahme: Die Firma Bayer hat als einzige Firma eine App, die für gleich drei Betriebssysteme, nämlich iOS, Android und Windows Phone optimiert ist. Eine von 160 Firmen, das ist kein gutes Zeugnis für die Mobile-Recruiting-Bemühungen der Unternehmen.

Mobile Recruiting first

Schon vor einem Jahr hatte zwar jedes dritte Unternehmen angegeben, Mobile Recruiting eine höhere Brisanz einzuräumen - getan hat sich aber nicht viel. Insgesamt wird dem Thema "Mobile" im Personalmarketing noch viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt", heißt es in der Studie. Mobile Recruiting scheint für viele CIOs ein Kraftakt zu sein. Je schneller Entscheider hier sind, desto schneller können sie auch das Fachkräftepotenzial heben, das ihnen sonst verloren geht.