Nur Gestalter haben Platz im gehobenen Management

Mühleck: "Viele CIOs müssen ihr Berufsverständnis ändern."

20.09.2004 von Thomas Zeller
Klaus-Hardy Mühleck wird ab dem 1. Oktober 2004 einer der mächtigsten IT-Manager in Deutschland. Seinen neuen Job als CIO im Volkswagen-Konzern tritt er jedoch in einem stürmischen Umfeld an. Während die Gewinne des Unternehmens zurückgehen, fordern die Gewerkschaften höhere Löhne. In einem exklusiven CIO-Online-Gespräch zieht der noch amtierende Audi-CIO Bilanz und gibt einen Ausblick auf die neue Rolle der IT im VW-Konzern.

Es gibt bessere Zeiten für einen Jobwechsel. Dennoch ist der Schwabe Mühleck sichtlich entspannt. Seine Bilanz für die Audi-Zeit falle mehr als positiv aus, ist sich der IT-Manager sicher. Schon früh habe er eine Initiative für die Weiterentwicklung der IT anschieben können. Die hätte dann als erfolgreiche Initialzündung für den IT-Bereich gedient.

So hat die Audi Markengruppe den Großrechnerbereich konsolidiert. Dahinter verbirgt sich die Verlagerung des Segments nach Spanien. Geholfen hat dabei die gute Zusammenarbeit mit dem zum VW-Konzern gehörenden IT-Dienstleister Gedas. Neben verschiedenen IT-Infrastruktur-Projekten ist Mühleck auch stolz auf das "Vernetzungsthema". So konnte die Audi Markengruppe mehrere SAP-Projekte erfolgreich abschließen. Beispielsweise wurde der HR (Human Ressources)-Bereich standardisiert. "In der Folge hatten wir eine einheitliche Lösung für 46000 Mitarbeiter, etwa 4000 User und 16000 Rentner."

Mühleck bewies bei vielen Projekten eine ruhige Hand und verzichtete gegen den Branchentrend auf blindes Outsourcing von IT-Dienstleistungen. Bei Audi setzte er dagegen auf selektives Outtasking. Hier kommen nun vor allem Shared Services zum Einsatz, bei denen das IT-Management die Governance-Rolle wahrnimmt. Bei Audi war Mühleck damit sehr erfolgreich. Mittlerweile ist das Unternehmen Benchmark in der Branche. Die IT-Kosten liegen bei 0,77 Prozent des Gesamtumsatzes.

Dieses Modell wurde gemeinsam mit VW entwickelt und soll nun auch dort, nach dem erfolgreichen Piloten bei Audi, weiter verfolgt werden. Dabei will er stärker auf den hausinternen Dienstleister Gedas zurückgreifen. Mühleck verspricht sich dadurch vor allem im Extended Enterprise, z.B. im Händlerbereich und den Zulieferen, deutliche Skaleneffekte in den Wertschöpfungsketten.

IT-Transformation bei Audi

Insgesamt sei es ihm in den fast drei Jahren bei Audi gelungen, die IT zu transformieren. So habe aus einem Dienstleister eine gestaltende IT-Prozesseinheit werden können. "Dafür habe ich die Requalifizierung weiter vorangetrieben. Aus vielen IT-Spezialisten wurden so Generalisten mit Beratungs-Know-how." Diese Qualifizierung muss nun der noch nicht bekanntgegebene Nachfolger weiter fortführen.

Als größten Erfolg sieht Mühleck jedoch die steigende Akzeptanz der IT bei Audi. "Mittlerweile sind wir nicht nur ein Ansprechpartner bei IT-Umsetzungsprojekten im Unternehmen, wir werden auch zunehmend als gleichberechtigter Partner zu den automobilen Kernkompetenzen wie Entwicklung, Logistik, etc. wahrgenommen."

Unterschiede zu seinem früheren Arbeitgeber Daimler-Chrysler will Mühleck nur in geringem Umfang sehen. Denn die Themen der CIOs in der Autobranche seien fast identisch. "Hier dreht sich viel um Stücklisten, Order to Delivery, SAP-Projekte und automobile Wertschöpfungsketten". Ein Schwerpunkt bei Audi liegt in der Integration von Prozessen innerhalb der Audi Markengruppe, gemeinsam mit Volkswagen. Die Unterschiede liegen wahrscheinlich eher im zeitlichen Ablauf als bei der Themenfindung. Damit das auch künftig so bleibe, gebe es regelmäßig Treffen zwischen den IT-Verantwortlichen der Unternehmen.

Die Rolle der CIOs im Wandel

Die Rolle des CIOs wird sich nach Ansicht von Mühleck in den kommenden Jahren weiter deutlich verändern. IT-Verantwortliche müssten ihre Position proaktiv und unternehmerisch ausfüllen. Der CIO erhalte damit idealerweise eine Ordnungsfunktion. Bei VW geschehe das beispielsweise durch Vorstandsausschüsse. Das sei jedoch erst in 30 bis 40 Prozent der Unternehmen der Fall. Bei den anderen Firmen befinde sich die IT in einem Übergangsstadium. "Vielen Kollegen fehlt schlicht der generalistische Blick in Richtung firmeninterne Unternehmensberatung. Sie sind eben die IT-Manager der ersten, zweiten oder dritten Generation, die nie die Informatik verlassen haben."

"Nur wenn der CIO als Gestalter sichtbar wird, kann er in die gehobenen Management-Positionen integriert werden." Das sei im Augenblick vor allem bei den Banken und Finanzdienstleistern der Fall. Im Automobilbereich würden die CIOs knapp unterhalb des Vorstands auf einer Höhe mit den Markenvorständen angesiedelt. "Diese Rolle muss jedoch angenommen werden." In den Firmen, wo der IT-Verantwortliche nur Umsetzer sei, also nicht auf die Wertschöpfung einwirke, bleibe seine Position auch künftig im mittleren Management angesiedelt.

Weiterentwicklung der CIO-Organsiation bei Volkswagen

Unter der Ägide von Mühlecks-Vorgänger Dieter Schacher wurde die IT im VW-Konzern zu einem wichtigen Bestandteil der Wertschöpfungskette. Dafür wurden verschiedene Kontrollmechanismen etabliert. So gibt es bereits seit anderthalb Jahren die Vorstandsausschüsse IT und Prozesse sowie Steuerungskreise. Nach Mühlecks Amtsantritt sollen diese Mechanismen weiterentwickelt und verfestigt werden.

"Wir wollen in einer weltweiten Matrix die IT-Prozessgestaltung vorantreiben." Mühleck möchte zahlreiche Projekte von Schacher ausbauen. "Wir werden jedoch auch einige Themen zurücknehmen wie die Individualisierung im Client-Bereich sowie die historisch gewachsenen Unix-Plattformen."

Das ausführliche Interview mit dem künftigen VW-CIO Klaus-Hardy Mühleck lesen Sie in der kommenden Ausgabe des CIO-Magazins.

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