Rufbereitschaft im Job

Müssen Sie Ihrem Chef Ihre private Handy-Nummer geben?

04.02.2019 von Stefan Engelhardt
Zur Frage, ob ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, seinem Arbeitgeber seine private Handy-Nummer mitzuteilen, gibt es ein Urteil des Thüringischen Landesarbeitsgerichts.

In Zeiten ständiger Erreichbarkeit und Smart-Phones ist fast jeder Arbeitnehmer ständig erreichbar.
Spätestens seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung und den verstärkten Anforderungen an den Datenschutz spielt das Thema eine immer größere Rolle.

Für Chef und Kunden allzeit erreichbar? Mit einem Privat-Handy hat das seine Grenzen.
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Noch vor Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung hat sich das Thüringische Landesarbeitsgericht am 16.05.2018, 6 SA 442/17 und 6 SA 444/17 mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, seinem Arbeitgeber seine private Handy-Nummer mitzuteilen.

Besonderheit war hier, dass der Arbeitgeber ein System der Rufbereitschaft installiert hatte um einen Notdienst einrichten zu können. Nachdem er dieses System geändert hatte, verlangte er im Rahmen dieses Notdienstes von seinen Arbeitnehmern die Bekanntgabe ihrer privaten Handy-Nummer.
Damit war nicht jeder einverstanden, sodass es zu den beiden oben genannten Verfahren kam.

Das Thüringische Landesarbeitsgericht hat sich mit der Entscheidung nicht lange aufgehalten und ausgeführt, dass es offenbleiben könne, ob überhaupt eine Anspruchsgrundlage für die Bekanntgabe der privaten Handy-Nummer besteht.

Jedenfalls nach dem Thüringer Landesdatenschutzgesetz ist der Anspruch begrenzt. Denn die Pflicht zur Herausgabe einer privaten Handy-Nummer stellt einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Ein solcher Eingriff muss durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Wobei zu berücksichtigen ist, dass eine Pflicht zur Bekanntgabe der privaten Handy-Nummer besonders tief in die persönliche Sphäre des Arbeitnehmers eingreift, weil sich ein Arbeitnehmer aufgrund der ständigen Erreichbarkeit dem Arbeitgeber ohne Rechtfertigungsdruck nicht mehr entziehen kann.

Ständige Erreichbarkeit - Wege aus der Erreichbarkeitsfalle
Wege aus der Erreichbarkeitsfalle
Viele Berufstätige sind auch im Urlaub und am Wochenende für Kollegen, Chefs und Kunden da. Manche wollen es so, andere leiden an Schlafstörungen und weiteren Beschwerden.
Zugang reduzieren
Auch wenn der Arbeitgeber ein Smartphone stellt und die private Nutzung des E-Mail-Acounts erlaubt, hilft es, ein eigenes Mobiltelefon und eine private E-Mail-Adresse einzurichten, um Abstand zur Arbeit zu gewinnen.
Zeitliche Begrenzung
Mit Kollegen vereinbaren, dass beispielsweise E-Mails nach 20 Uhr oder am Sonntag nicht gelesen werden. Auch Absprachen für den Urlaub helfen, diese hängen natürlich vom Job und persönlichen Präferenzen ab: Ob Arbeitnehmer eine Stunde am Tag Anfragen bearbeiten oder ganz offline sind, sollten sie vorab besprechen.
Deal vereinbaren
Vereinbarungen über einen Zeitausgleich für die Mehrarbeit mit den Vorgesetzten aushandeln.
Priorisierung von Anfragen
Viele E-Mail-Programme erlauben es, eingehende Nachrichten nach Wichtigkeit zu sortieren. Auch eine Abwesenheitsnotiz im E-Mail-Postfach hilft.

Ein Arbeitnehmer kann damit überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommen, sodass es auch auf die Argumentation seines Arbeitgebers, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er angerufen wird, nicht besonders hoch sei, in den entschiedenen Fällen nicht angekommen ist.

Das LAG war der Auffassung, dass der Arbeitgeber auch auf anderem Weg sicherstellen kann, dass Beschäftigte im Notfall erreicht werden können.