Mit Process Integration Officer (PIO)

Neue CIO-Organisation bei VW

04.09.2005 von Thomas Zeller
Der Volkswagen-Konzern baut derzeit seine gesamte IT um. Ziel der Umstrukturierung ist es, die Prozesseinnerhalb der Sparte zu beschleunigen. Dafür setzt das Unternehmen auf eine neue CIO-Organisation.

Klaus-Hardy Mühleck hat ein anstrengendes halbes Jahr hinter sich. Seit März musste sich der Konzern-CIO immer wieder den Fragen seiner mehr als 1.400 Mitarbeiter stellen - der Preis für eine der größten Umstrukturierungen der Firmen-IT seit Bestehen. "Der Umbau ist kein Friede-Freude-Eierkuchen-Prozess", sagt Mühleck. Doch die Veränderungen seien notwendig gewesen. "Denn mit Commodity-Themen allein hat die IT bei VW keine Überlebenschancen."

PIOs in dualen Führungsstrukturen

Neu in der Matrix-Organisation sind vier Process Integration Officers (PIO). Sie verantworten sowohl die Prozess- als auch die IT-Arbeit in den Bereichen Applikationen und Projekte. "Damit sind diese Positionen nicht vom Tagesgeschäft abgekoppelt", sagt Mühleck. Die PIOs haben immer eine Konzernfunktion und eine im Markenverbund.

Foto: Volkswagen AG

Die Schaffung dieser Ebene zeigt, wie viel Wert VW auf Prozesse legt. Über die Schreibtische der PIOs laufen bei Volkswagen jährlich mehr als 2.000 Projekte. "Diese Führungsebene ist zudem für die Ausbildung der 21 Fachkompetenzfelder im Konzern verantwortlich", erklärt Mühleck. Die Verantwortlichen haben also mächtige Positionen inne. Sie besitzen in ihrem Bereich Planungshoheit oder stehen IT-Stäben mit bis zu 200 Mitarbeitern vor.

So teilen sich die PIOs ihre Konzern-Aufgaben auf: 1. Produktprozess (vom Design zum Fahrzeug) 2. Order to Delivery Process (Kundenauftrag, Vertriebsplanung, Manufacturing, SCM und weltweite Distribution) 3. Serviceprozesse für Kunden (Marketing, Sales, After Sales, Landesgesellschaften, Anbindung der 16 000 Händler) 4. Steuernde und unterstützende Prozesse (Konzern-Governance, Finanzen, Human Resources, Beschaffungsprozesse)

Wie bei den meisten Funktionen der neuen CIO-Organisation gibt es auch bei den PIOs duale Berichts- und Führungsstrukturen. So berichtet beispielsweise der PIO für die steuernden und unterstützenden Prozesse in seiner Konzernfunktion an Mühleck und in seiner Markenverantwortung an den Audi-CIO. "Konzern- und Marken-IT müssen an einem Strang ziehen. Wir erreichen damit die Balance aus dezentraler Kompentenz mit lokaler und zentraler Steuerung", so Konzern-CIO Mühleck.

In der neuen Matrix findet sich nun auch die Position des Chief Technology Officers (CTO). Er soll für den Konzern alle 14 IT-Kompetenzfelder bearbeiten. Der Manager ist außerdem verantwortlich für die reinen gebündelten IT-Themen wie SOA, BI oder Datenban-kenstandards. Zudem ist er für das Markt-Monitoring und das IT-Know-how im Unternehmen zuständig. Der CTO berichtet an den Konzern-CIO und VW-Markengruppen-CIO.

Die IT-Governance bleibt auch in der neuen Struktur eine reine Konzernfunktion. Diese Abteilung ist zuständig für die interne IT-Steuerung sowie den Überblick über die Marken und PIO-Bereiche. Durch Balanced Scorecards erhält der Bereich eine ganzheitliche Sicht auf die Firmen-IT.

Markenübergreifende Struktur

An der Spitze der neuen IT-Organisation steht weiterhin der Konzern-CIO. An ihn berichten alle Marken-CIOs (VW, Nutzfahrzeuge, Audi und Finanzdienste). Neu hinzugekommen ist seit dem 1. Juli die Stelle des markenübergreifenden CIOs für den Raum Asia/Pacific. "Das könnte auch ein Modell für Nord- und Südamerika sein", meint Mühleck. Allerdings habe der Konzern hier bereits eine starke IT-Präsenz. Deshalb sei der Handlungsdruck nicht so hoch wie in Asien.

Mit dieser neuen Struktur soll die VW-IT künftig sehr viel mehr Beratungsarbeit leisten als bisher. "Wir gehen damit in Aufgaben hinein, die in der Vergangenheit viele externe Dienstleister erbracht haben", sagt Konzern-CIO Mühleck. Das Unternehmen müsse mehr Know-how im Haus behalten. Nur so könne die CIO-Organisation ihren Mehrwert erbringen.

Die Auswirkungen dieser Strategie auf den konzerneigenen IT-Dienstleister Gedas sind noch nicht abzusehen. Bereits die vorangegangenen Sparprogramme haben die Firma internen Umsatz gekostet. Mühleck dementiert jedoch entschieden Verkaufsgerüchte. "Gedas ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie. Wir brauchen den Dienstleister als verlängerte Werkbank."