Komplexität entscheidend für das Werkzeug

Neue Modelle für die Entwicklung von IT-Dienstleistungen

05.01.2005 von Michael Kallus
Für Software- und für Service-Engineering gibt es wissenschaftlich untermauerte und erprobte Modelle. Bei der integrierten Entwicklung von Software und Dienstleistungen fehlen solche Modelle. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) will diese Lücke schließen und präsentiert eine Kurzstudie dazu.

Dienstleistungen werden heute zunehmend IT-basiert erbracht. Die individuelle Konfiguration und Vermarktung von Leistungen über das Internet ist ein Beispiel dafür. Um solche Dienstleistungen qualitätsorientiert zu entwickeln, müssen Dienstleistungs- und Software-Bestandteile in einem geeigneten Entwicklungsprozess integriert werden.

Das Fraunhofer IAO ist auf dem Weg, ein Referenzmodell für die integrierte Entwicklung von Software und Services zu erarbeiten. Erste Ergebnisse sind nun in einer Kurzstudie erschienen. Sie nimmt eine Bestandsaufnahme der Unternehmenssituation vor, zeigt den Handlungsbedarf und stellt erste Lösungsansätze dar.

Dienstleistungen formalisiert und strukturiert entwickeln

Dienstleistungen, so die Studie, werden zu selten als ein Produkt gesehen, das systematisch zu entwickeln und zu erbringen ist. Dabei haben sie den gleichen Rang wie Sachgüter oder Software. Fehlt diese Ansicht, kann laut Fraunhofer IAO keine Basis für ein systematisches Vorgehen gefunden werden.

Die wenigsten Unternehmen verfügen laut Fraunhofer IAO über einen formalisierten Prozess, um Dienstleistungen zu entwickeln. Das geschieht eher ad hoc und auf der Basis individueller Erfahrungen, meist werden betriebswirtschaftliche Methoden eingesetzt.

Viele Firmen haben jedoch einen klaren Bedarf für systematisches Vorgehen. Sie suchen Methoden und Tools oder sogar eine entsprechende IT-Plattform.

Bei der Gestaltung von Dienstleistungen zeigt sich ein differenziertes Bild. Relativ häufig kommt die Prozessmodellierung zum Einsatz, Methoden wie Service Blueprinting oder Quality Function Deployment sind die Ausnahmen.

Erfolgsfaktoren in der Praxis

Unternehmen, die bereits erfolgreich Dienstleistungen entwickelt haben, nennen vor allem folgende Gründe dafür:

Am wichtigsten ist, die Kunden einzubeziehen. Häufig erfolgt die Integration sogar kontinuierlich über die gesamte Entwicklung. Das geschieht durch Befragungen und Feedback, ein Zufriedenheitsindex dient darüber hinaus als Maßstab für eine qualitätsorientierte Arbeit. Ein Drittel der Unternehmen bestätigt sogar, dass die Ideen für neue Dienstleistungen von ihren Kunden stammen.

Gleich danach folgt die formalisierte Entwicklung. Unternehmen, die bereits über ein formalisiertes Vorgehen verfügen, sehen das laut Studie als eine Stärke an. Besonders Firmen, die ihre Entwicklung als überdurchschnittlich qualitätsorientiert einstufen, nennen das definierte Vorgehen als Ursache dafür. Sie orientieren sich dabei an Qualitätsmodelle wie Bootstrap, EQA oder ISO 9000.

Ansätze für ein Vorgehensmodell

Das Fraunhofer IAO hat ein integriertes Modell entwickelt, mit dem sich Dienstleistungen und Software gemeinsam entwickeln lassen. Aufgrund der Heterogenität von IT-Dienstleistungen basiert das Modell auf Modulen.

In einem ersten Durchgang wird erfasst, wie komplex die Software und die Dienstleistung in dem Entwicklungsprojekt ausfallen werden. Ist das Projekt in einem Bereich wenig komplex, ist es gar nicht notwendig, das neue Modell anzuwenden. In diesem Fall reichen die bekannten Modelle aus Service oder Software Engineering.

Um Projekte mit einer mittleren bis hohen Komplexität zu strukturieren, lassen sich vier Szenarien unterscheiden. Zum einen gibt es Entwicklungsprojekte, deren Komplexität im Dienstleistungsbereich liegen, bei anderen Projekten liegt sie bei der Software-Komponente. Das dritte Szenario erfasst Aufgaben, in denen beide Bereiche komplex und eng verzahnt sind. Im vierten Bereich sind Software und Dienstleistung hochkomplex und eng verzahnt. Zurzeit ist noch kein solches Projekt bekannt.

Neben der Komplexität gehen noch weitere Aspekte wie Personalbedarf und Projektrisiko in das Szenarium mit ein.

Modulare Modell helfen bei der individuellen Entwicklung

Für das jeweilige Szenario kann nun auf ein zugeordnetes Referenzmodell als Grundlage zugegriffen werden. Da die Referenzmodelle auf Modulen basieren, lassen sie sich im nächsten Schritt individuell ausbauen.

Verschiedene Entwicklungsmodule, die eine einheitliche Struktur aufweisen, können zu einem integrierten Vorgehensmodell zusammengefügt werden. Bestandteile der Module könnten eine geeignete Bezeichnung, Eingangsinformationen, Ergebnis, Rollenbeschreibungen, Methoden sowie Tool-Unterstützung sein.

Nach diesem Prozess ist die Grundarchitektur für das Entwicklungsprojekt definiert, eine Bearbeitung mit einem maßgeschneiderten Methoden- oder Tool-Einsatz kann folgen.

Für die Kurzstudie mit dem Titel "Entwicklung IT-basierter Dienstleistungen in der Praxis" hat Fraunhofer IAO 20 Unternehmen nach ihren Entwicklungsprozessen befragt.

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