Verschwendete Arbeitszeit

Nur an 3 von 5 Arbeitstagen effizient

20.05.2014 von Bettina Dobe
Jeden Tag vergeuden wir im Büro viel Zeit. Sogar so viel, dass wir von fünf Tagen tatsächlich nur drei arbeiten, so eine aktuelle Studie.

An manchen Tagen verlässt man am Abend das Büro und fühlt sich, als hätte man nichts erledigt, obwohl man stets beschäftigt war. Dieses Gefühl trügt nicht, so eine aktuelle Studie der AKAD-Hochschule in Leipzig. Tatsächlich führen ständige Besprechungen, E-Mails und Telefonate sowie ineffiziente Büroorganisation dazu, dass wir von fünf Tagen in der Woche nur drei mit produktivem Arbeiten verbringen. Für die Studie "Arbeitswelten im Wandel", die die Arbeitsbelastung durch Arbeitsorganisation messen sollte, wurden mehr als 1500 Arbeitnehmer befragt.

E-Mail als Zeitfresser

Viele Mitarbeiter versinken in der E-Mail-Flut.
Foto: Lexmark

Eine der größten Hürden für effektives Arbeiten ist das Postfach. Dass E-Mails Zeit fressen, ist hinlänglich bekannt. Die elektronische Kommunikation kostet über eine Arbeitswoche gerechnet viel Zeit: Im Schnitt verbringt ein Mitarbeiter, so die Studie, jeden Tag etwa zwei Stunden mit der Abarbeitung von E-Mails. Das ergibt zusammen gerechnet einen ganzen Tag in der Woche.

Ohne Zweifel ist Kommunikation in einem Unternehmen sehr wichtig: Wer falsch oder zu wenig kommuniziert, gefährdet zum Beispiel Projekte. Die Kommunikation einzustellen, ist aber auch keine Lösung sein. Wer effizienter arbeiten will, kann aber versuchen, seinen Umgang mit E-Mails anders zu gestalten. Denn laut Studie haben rund 25 Prozent der Befragten das Gefühl, dass viele der E-Mails unproduktiv seien. Das heißt also: E-Mails ja - solange sie relevant sind.

Umgang mit der E-Mail

Die Studie zeigt eine mögliche Lösung zum Umgang mit dem Postfach auf: das Pull-Verfahren. Kein Signalton oder Pop-Up machen darauf aufmerksam, dass gerade eine neue Nachricht eingetroffen ist. Stattdessen ruft der Mitarbeiter gezielt seine E-Mails vom Server ab und zwar dann, wenn er für sie Zeit hat. Laut Studie nutzen etwa 20 Prozent der Arbeitnehmer diese Funktion. Diese Lösung gibt dem Mitarbeiter einen Teil der Selbstbestimmung zurück, da er selbst entscheiden kann, wann er sich mit seinen E-Mails befasst. Das wiederum führt zu gesteigerter Konzentration und somit zu effizienterem Arbeiten.

Faustregel
Die Faustregel lautet: Verschicke nie mehr Nachrichten pro Tag als Du selbst erhalten möchtest.
Nicht auf E-Mails versteifen
Manchmal sind E-Mails nicht der am besten geeignete Kommunikationskanal. Bevor man eine E-Mail verschickt, sollte man darüber kurz nachdenken.
Verteiler klein halten
Empfänger sollten wirklich nur diejenigen sein, die die Informationen aus der E-Mail dringend benötigen.
Allen antworten vermeiden
Um den Posteingang anderer nicht unnötig zu verstopfen, sollte man die Funktion allen antworten vermeiden und auch nur in wichtigen Fällen weitere Empfänger hinzufügen.
Absichern unterlassen
Wer sein Mailverhalten verbessern möchte, hört auf, den Vorgesetzten zur Absicherung in Kopie zu setzen.
Kein hin und her per Mail
Man sollte vermeiden, sich per E-Mail in längere Unterhaltungen oder Auseinandersetzungen verwickeln zu lassen.

Besprechungen

Schon das Wort "Meeting" löst bei vielen Mitarbeitern genervte Reaktionen aus: Sie fürchten fruchtlose Diskussionen und endlose Präsentationen. Tatsächlich verbringen Mitarbeiter und Führungskräfte viel Zeit in Besprechungen, im Schnitt etwa ein Fünftel ihrer Arbeitszeit (19 Prozent). Auch das entspricht einem ganzen Arbeitstag pro Woche. Je größer das Unternehmen ist, desto mehr Zeit wird in Besprechungen investiert, so die Studie. Hier Zeit zu sparen, dürfte schwierig werden. Die Befragten selbst gaben an, dass nur acht Prozent der vergeudeten Zeit durch kürzere Meetings eingespart werden könnten.

Was also ist zu tun? Hier können Führungskräfte ansetzen - aber nicht, indem sie die Agenda schneller durchrattern. Wirklich effizient wären die Treffen, wenn danach mehr von dem realisiert würde, was beschlossen wurde. Nur 61 Prozent der im Meeting besprochenen To-Dos werden im Schnitt auch umgesetzt, wie in der Studie herauskam. Schafft es eine Führungskraft, die Meetings so zu gestalten, dass dabei realistische Ziele herauskommen, können alle effizienter arbeiten. Schon nimmt man die Besprechung nicht mehr als vergeudet wahr.

Unterbrechungsfreies Arbeiten

Wer ständig unterbrochen wird, arbeitet nicht produktiv.
Foto: kreativloft GmbH - Fotolia.com

Eine wichtige Erkenntnis der Studie sollten sich Entscheider merken: Sinnlose Unterbrechungen und Ablenkungen verhindern, dass wir effizient arbeiten. Zehn bis 15 Prozent der Arbeitszeit kosten die Unterbrechungen, so die Studie. Eine klare Rangliste, was uns am meisten aus der Konzentration reißt, gibt es nicht: Kollegen und unwichtige Anrufe stören ebenso den Arbeitsfluss wie das Suchen von Unterlagen und das Warten darauf, dass Kollegen etwas entscheiden. Insgesamt macht diese Störung etwa einen halben Arbeitstag in der Woche aus. Eine Möglichkeit, die Unterbrechung des Arbeitsrhythmus durch Meetings zu stoppen, hat sich Forrester Analyst Dave Johnson ausgedacht: Er fordert, Meetings nur noch in eine Tageshälfte zu verlegen. Diese Methode führe zu mehr Konzentration und dadurch zu mehr Produktivität.

Doch nicht alle Arbeitsunterbrechungen sind schlecht: Eine gewollte Unterbrechung des Arbeitens ist das Mittagessen. Je nachdem, was für eine Aufgabe zu erledigen ist, sollte sich jeder überlegen, ob er allein oder mit Kollegen zu Mittag isst. Wer sich am Nachmittag stark konzentrieren muss, sollte erwägen, allein ohne Ablenkungen zu essen. Wer hingegen kreativ arbeiten muss, sollte besser mit Kollegen Pause machen. Überhaupt sollten auch Entscheider darauf achten, ab und an eine Arbeitspause einzulegen.

Arbeitsorganisation

Wie die Studie zeigt, kann Arbeiten effizienter werden, wenn das Büro selbst besser organisiert ist. Das fängt schon beim eigenen Schreibtisch an: Etwa die Hälfte der Befragten glauben, dass sie mit einem aufgeräumten Arbeitsplatz ihre Effizienz steigern könnten. Sie gehen davon aus, dass sie etwa 20 Prozent effizienter arbeiten könnten. Wer Hilfe braucht beim Aufräumen, kann sich von einem Aufräumexperten auch unter die Arme greifen lassen. Möglich ist es auch, das Aufräumen als kleine Arbeitspause aufzufassen. Körperliches Aufräumen schafft auch Ordnung im Gehirn. Und: Wer aufräumt, arbeitet anschließend gewissenhafter, wie eine amerikanische Studie kürzlich zu Tage brachte. Aber Vorsicht: Wer kreativ arbeiten muss, lässt den Arbeitsplatz lieber im Chaos versinken.

Zu einer besseren Büroorganisation gehört es laut den Leipziger Arbeitsforschern außerdem, Aufgaben vernünftig zu priorisieren, sich besser mit Kollegen abzusprechen und Probleme bei Schnittstellen zu beseitigen. Viele Befragte glauben, dass sie damit einen Effizienzgewinn von unter 20 Prozent hätten. Diese Zahl sollte man nicht geringschätzen: Einige Stunden in der Woche einsparen zu können kann entscheidend sein bei der Work-Life-Balance.

Überstunden sind die Regel

Eine traurige Bilanz der Studie: In deutschen Büros sind Überstunden die Regel. So ergab die Umfrage, dass 85 Prozent der Befragten mehr arbeiteten, als in ihrem Arbeitsvertrag festgelegt ist. Selbst jeden Tag einige Minuten länger zu arbeiten, summiert sich schnell: Im Schnitt arbeitet jeder Arbeitnehmer etwa 5,8 Stunden zu viel - jede Woche. Auch wenn die Studie diese Zahl vorsichtig bewertet und auf die großen Schwankungen in der Zahl der Überstunden hinweist, sollte das Ergebnis nicht verharmlost werden. "Dennoch kann festgehalten werden, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten mehr arbeitet als vertraglich vereinbart", so die Studie. Effizienteres Arbeiten kann das verhindern und einen pünktlichen Feierabend ermöglichen, mit allem, was dazu gehört: Zeit für Familie, Freunde und Hobbies.