Social Software hilft beim Management von digitalen Inhalten

Nur integriertes Wissensmanagement ist nachhaltig

04.10.2007 von Nina Gut
Am Anfang war der Hype. Dann kam die Ernüchterung. Nun ist klar, dass eine Reduktion des Wissensmanagements (WM) allein auf die System-Ebene in die Sackgasse führt. Strategie, Prozesse, Systeme und Handlungsfelder müssen integriert und abgestimmt sein. Neue Impulse für das Wissensmanagement kommen aus der Social Software: Vor allem Weblogs, Wikis, Social Networks und Tagging können das Wissensmanagement zielgerichtet unterstützen. Das ergab eine Analyse von "Deutsche Bank Research" (DB Research).
Mit systematischem Wissensmanagement wird die höchste Qualität erreicht.

In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre erreichte die Beschäftigung mit dem Wissensmanagement (WM) den Gipfel des Modewellenzyklus (Hype Cycle). Dieser Zyklus wird in die Phasen "Auslöser", "Gipfel der übersteigerten Erwartungen", "Tal der Desillusionierung", "Steigung der Erkenntnis" und schließlich "Plateau der Produktivität" eingeteilt. Den Analysten von DB Research zufolge befindet sich das Wissensmanagement seit kurzem auf diesem produktiven Niveau.

Als unverzichtbar beurteilen die Experten das integrierte Wissensmanagement. Dazu müssen die Entscheider bedenken, auf welcher Ebene WM gestaltet werden soll. Dabei wird auf die Gliederung des Business Engineering zurückgegriffen, das grundsätzlich die Ebenen Strategie, Prozesse und Systeme unterscheidet.

Eine WM-Strategie wird häufig in Form von Zielen formuliert, die den gewünschten Zustand des Wissensmanagements beschreiben. Für die Erreichbarkeit der Ziele werden kritische Erfolgfaktoren identifiziert. WM-Prozesse sind die grundlegenden Tätigkeiten in ihrer jeweils situationsspezifischen Ausprägung: Lokalisieren und Erfassen, Austauschen und Verteilen, Nutzen sowie Entwickeln von Wissen. WM-Systeme sind dagegen Informationssysteme, die die Menschen bei der Ausführung der WM-Prozesse unterstützen.

Die drei Ebenen müssen mit folgenden vier Handlungsfeldern abgestimmt werden: Kompetenz, Inhalte und Kontext, Zusammenarbeit sowie Kultur.

Vier Handlungsfelder sind der Stellhebel für Wissensmanagement: Inhalte, Kompetenz, Zusammenarbeit und Kultur.

Bei der Analyse von Fallstudien haben die Experten herausgefunden, wann das Wissensmanagement scheitert. Zum einen sind isolierte Lösungen für Inhalte und Kontext nicht genug. Eine Fokussierung von Wissensmanagement auf Dokumenten- oder Content-Management führt häufig dazu, dass alles als "langsam" und "aufwändig" wahrgenommen wird. Dieses Problem entsteht durch das zeitraubende Erstellen und Verschlagworten von Informationen. Wissensarbeit wird so oft als Ballast empfunden.

Ebenen und Handlungsfelder zusammenfügen

Zum anderen fehlt häufig eine explizite WM-Strategie. Wird das Wissensmanagement auf die System-Ebene reduziert, so führt das mittelfristig zu Erklärungszwängen. Das Formulieren einer Strategie und eines entsprechenden Messsystems hilft dagegen, den Erfolg von Wissensmanagement sowie die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen zu belegen.

Es gibt noch eine drittes Problem, das häufig zu schaffen macht: Wissensmanagement wird oft nicht ausreichend in die Arbeitsabläufe integriert. Dabei müssen die WM-Prozesse den konkreten Arbeitsabläufen entsprechend gestaltet und unterstützt werden. Außerdem müssen die Informations- und Wissensmanagement-Systeme, die für die regulären Arbeitsabläufe genutzt werden, integriert sein.

Alle negativen Befunde zeigen, dass hier die Handlungsfelder und Ebenen des WM bei der Einführung von WM-Systemen nicht vollständig berücksichtigt wurden. Außerdem reflektieren sie eine ungenügende Einbettung von WM in die jeweilige Organisation.

Ein wesentlicher Ansatzpunkt des integrierten WMs ist es nun, die Ebenen und Handlungsfelder zu einem Ganzen zusammenzufügen. Zum einen gibt es die vertikale Integration der Ebenen. Hier ist gründliches planerisches Vorgehen notwendig. Zum anderen muss eine horizontale Integration, sprich eine Verbindung zwischen den Säulen, erfolgen.

Der Fahrplan zur erfolgreichen Einführung von Social Software.

Nicht unterschätzt werden dürfen die Impulse, die von der Social Software ausgehen. Weblogs und Wikis zum Beispiel unterstützen die Mitarbeiter dabei, ihre Aufgaben durch die Erstellung, Veröffentlichung und Nutzung von Inhalten zu erfüllen. Somit adressieren Weblogs und Wikis die Säule des Content-Managements.

Weblogs und Wikis sparen Zeit und Geld

Gerade Weblogs bieten eine einfache Organisation der Inhalte: neue Einträge stehen an oberster Stelle, ältere folgen in umgekehrt chronologischer Reihenfolge (statt einer häufig vorherrschenden manuellen und hierarchischen Organisation). Zudem lassen sich Inhalte mittels einer einfachen Benutzerschnittstelle (in der Regel ein Webformular oder eine einfache Syntax im Gegensatz etwa zu einem HTML-Editor) leicht aktualisieren.

Nicht vergessen: Wikis weisen einen hohen Grad an Objektivität auf. Weblogs dagegen sind stark subjektiv geprägt. Beide heben sich von traditionellen Content-Management Prozessen und proprietären CMS ab. Dadurch haben sie drei Vorteile: Sie senken Kosten, sparen Zeit und steigern die Qualität. Denn die Innovationsfähigkeit erhöht sich aufgrund des besseren Wissensaustauschs, den diese Form des kollaborativen Content-Managements ermöglicht.

Social-Network-Lösungen können sowohl für das Kompetenzmanagement als auch für das Community-Management eingesetzt werden. Auch hier lassen sich im Vergleich zu nicht IT-unterstütztem Kompetenzmanagement Kosten senken, Zeit sparen und die Qualität steigern. So können Lösungen wie beispielsweise openBC/XING dazu beitragen, existierende Kompetenzen transparent darzustellen, Kompetenzlücken aufzuzeigen sowie die Entwicklung benötigter und neuer Kompetenzen zu unterstützen. Die für Social-Network-Dienste typischen expliziten, bidirektionalen Verbindungen zwischen Personen erzeugen außerdem Kompetenzverknüpfungsnetzwerke. Diese bilden in Organisationen oft selbstorganisierte Kompetenzverzeichnisse, ohne dass spezielle personalbezogene Maßnahmen notwendig sind.

Die Möglichkeit, Kompetenzverknüpfungsnetzwerke zu bilden, wirkt sich auch auf das Community-Management aus. Einerseits erleichtern solche Netzwerke die Bildung von Communities, indem Wissensträger zum Austausch zusammengebracht werden. Andererseits stellen Social-Network-Lösungen Gruppen- oder Foren-Funktionalitäten zur Verfügung, mit denen virtuelle Räume kreiert und gemanagt werden können.

Organisationsvokabular durch Folksonomies

Tagging, also das Auszeichnen oder auch Indexieren von Inhalten mit frei vergebenen Stichwörtern, ermöglicht, dass die Autoren selbst inhaltsgetreu die Informationsobjekte beschreiben können. Dadurch kann eine volltextbasierte Recherche durch Navigations- und Suchverfahren erweitert werden, die auf Tags basieren. Dies liefert kleinere und präzisere Ergebnismengen. Damit verringert sich der Nachbearbeitungsaufwand für den Anwender. Die gewünschten Informationsobjekte lassen sich schneller finden. Außerdem bilden sich durch gemeinschaftliches Indexieren Tag-Sammlungen, so genannte Folksonomies (aus "folk" und "taxonomy"). Sie ermöglichen die Bildung eines Organisationsvokabulars.

Der Beitrag "Wissensunterstützung: Was bleibt nach dem Hype? Nur integriertes Wissensmanagement ist nachhaltig!" ist in der Reihe E-conomics der DB Research erschienen.