Akademiker als Praktikanten

Nur wenig Stellen für Informatiker

09.03.2010 von Thomas Pelkmann
Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise schlägt einer Umfrage der Wirtschaftswoche in diesem Jahr voll auf den Arbeitsmarkt durch: Feste Stellen gibt es kaum. Stattdessen setzen viele Unternehmen wieder auf die vermehrte Beschäftigung von Praktikanten.

Einer Umfrage der Düsseldorfer Wirtschaftswoche zufolge gibt es für Akademiker in diesem Jahr ganze 15.500 neue Arbeitsplätze. Die Zahl der in diesem Jahr geplanten Praktikumsplätze ist dagegen doppelt so hoch.

Von den 159 Unternehmen, die das Wirtschaftsmagazin befragt hat, wollen immerhin 50 Prozent die Zahl ihrer Mitarbeiter konstant halten. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) plant gar bis zum Jahresende ein Mitarbeiterplus.

Dabei schneiden traditionelle DAX-Konzerne deutlich besser ab: Hier wollen der Umfrage zufolge sogar 43 Prozent neue Mitarbeiter einstellen. Ganz vorne liegen die Deutsche Telekom, der Autobauer BMW und der Allianz-Versicherungskonzern. Die Telekom sucht „mindestens 500 Hochschulabsolventen und 900 Berufserfahrene“, bei BMW sind 400 Stellen zu besetzen, bei der Allianz immerhin rund 300, davon allerdings 50 als Trainees und Vorstandsassistenten. Bei den im TecDAX notierten Technologieunternehmen sind die Aussichten dagegen düster: Hier wollen ganze 23 Prozent der Firmen neue Mitarbeiter einstellen.

Die Umfrage zeigt der Wirtschaftswoche zufolge aber auch die Kehrseite des Stellenmarktes: „Viele der aufgelisteten Unternehmen stellen nicht nur Mitarbeiter ein, sondern trennen sich in Teilen auch von ihrer Belegschaft“. Allerdings geben nur 14 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie am Ende des Jahres weniger Angestellte haben werden.

Um ihren dennoch vorhandenen Personalbedarf zu decken, greifen wieder deutlich mehr Unternehmen auf Praktikanten zurück: Mehr als 30.000 Plätze werden die Unternehmen laut Wirtschaftswoche in diesem Jahr dafür schaffen. Hier liegen die Automobilkonzerne deutlich vorne: „ Allein Daimler sucht 4000 Praktikanten, bei BMW sind es 3500, bei Audi 1000“. Das sind im Vergleich zur Vorjahresumfrage des Wirtschaftsmagazins 10.000 mehr und doppelt so viel, wie es feste Arbeitsplätze für Akademiker geben soll.

Die Branchen im Überblick

Wir haben die nach Branchen differenzierten Umfrageergebnisse der Wirtschaftswoche besonders auf die Berufsaussichten von Informatikern hin untersucht. Demnach ist zum Beispiel im Bereich „Bau/Maschinenbau/Verkehr“ bei fast allen befragten Unternehmen mit einer Nachfrage nach Informatikern zu rechnen. Im insgesamt dreistelligen Bereich neuer Stellen befinden sich hier die Deutsche Bahn, BMW, Dekra, Continental, Aixtron und Bertrandt.

Bei Beratern und Wirtschaftsprüfern gibt es ebenfalls weiterhin Bedarf an Informationstechnikern: Ernst & Young beispielsweise sucht in diesem Jahr insgesamt 700 neue Mitarbeiter, PWC 600, Deloitte 450 und Steria Mummert immer noch 250.

Eher weniger gefragt sind Informatiker in den Bereichen Biotech/Chemie/Pharma sowie Konsumgüter/Nahrungsmittel. Hier suchen nur die Topplatzierten Merck, Roche und Bayer nach entsprechenden Experten. Bessere Berufschancen gibt es dagegen in den Sektoren Energie/Umwelttechnik, Finanzwesen/Versicherung und Handel, wo fast alle befragten Unternehmen einen Bedarf an Informatikern angeben.

Naheliegenderweise den größten Bedarf an examinierten IuK-Spezialisten hat die Branche IT/Medien/Telekommunikation. So will allein die Deutsche Telekom 1.400 Neueinstellungen in diesem Jahr vornehmen – der absolute Spitzenwert der Befragung. Es folgen, wenn auch weit abgeschlagen, die Datev (200 neue Stellen), Infineon (bis 200) und Computacenter (150). Auf ihren neuen Arbeitgeber Microsoft können sich dagegen nur rund 100 Fachkräfte freuen, neben IT’lern aber auch Ökonomen, Naturwissenschaftler und Ingenieure. Sogar auf „Geisteswissenschaftler“ , die traditionell zu den Quereinsteigern in die IT-Berufe zählen, setzt der Software-Konzern und unterscheidet sich damit deutlich von anderen Branchen. Chancen haben Germanisten und Soziologen aber auch im Bereich Beratung/Wirtschaftsprüfung, während ihre eher allgemeinen Qualifikationen in Spezialbranchen wie Chemie und Biotech am wenigsten gefragt sind.