Stärken und Schwächen

Office 365 gegen Google Apps

18.07.2012 von Michael Kallus und Juan Carlos Perez
Als Office 365 vor einem Jahr erschien, unkten Kritiker, die Online-Suite käme zu spät gegen Google Apps. Doch beide Seiten landen mittlerweile große Deals.
Dieses Mal ist Google der Platzhirsch - und Microsoft greift an.
Foto: Harald Lange - Fotolia.com

Die Vorgänger konnten Google nicht aufhalten. Google Apps erschien 2007 und war besonders bei kleinen Firmen erfolgreich, denen die Mittel fehlen, um sich Exchange, SharePoint oder Lync zu installieren. So bot Google für 50 US-Dollar pro Nutzer und Jahr eine Office-Suite mit Mail, Kalender, Website-Builder und weiteren Tools - inklusive IT-Management und Sicherheitsfunktionen.

Microsofts Angebot, das kostenlose Office Live Small Business, konnte Google nicht stoppen. Momentan nutzen fünf Millionen Unternehmen, 66 der größten 100 US-Universitäten und Regierungsbehörden in 45 der 50 US-Bundesstaaten die Google Apps. Das berichtet Juan Carlos Perez, Autor unserer US-Schwesterpublikation PC World, in einer Analyse.

Microsoft rückt keine Verkaufszahlen aus

Office 365 sollte es richten. Seit einem Jahr ist es nun auf dem Markt und es ist schwer zu sagen, ob es ein Erfolg ist. Microsoft gibt keine Verkaufszahlen heraus. Bei kleinen Unternehmen scheint das Online-Office jedenfalls gut anzukommen. 90 Prozent der Office-365-Kunden sind laut Microsoft Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern. Und die meisten sind neue Kunden für Microsoft.

Das erhebt jedoch die Frage: Ist Office 365 denn in einem anderen kritischen Punkt erfolgreich und kann es Kunden mit Exchange-/SharePoint/Lync/Office-Installationen dazu bringen, zu einem Cloud-Modell von Microsoft zu wechseln? Es gibt Anzeichen, dass Microsoft in diesem Bereich durchwachsenen Erfolg hat.

Im Januar kündigte die spanische Bank Banco Bilbao Vizcaya Argentaria an, Google Apps für ihre 110.000 Mitarbeiter einzuführen und verschiedene E-Mail-Systeme abzulösen - darunter Exchange, das für 35.000 Mitarbeiter am Hauptsitz eigesetzt wurde. Diese Installation wird die größte für Google Apps aktuell sein.

Ebenso werden 90.000 Mitarbeiter des US-Innenministeriums künftig mit Google Apps arbeiten und ebenfalls einige E-Mail-Systeme ablösen - unter anderem auch Exchange. Office 365 wurde mit einbezogen.

Microsoft konnte zum Gegenschlag ausholen

Die Landesregierung von Minnesota ist ein Beispiel für einen Kunden, der aus Sicht von Microsoft einen idealen Weg verfolgt hat. Er konsolidierte zunächst rund 40 unterschiedliche Mail-Systeme in einer einzigen lokalen Exchange-2007-Plattform und zog später seine über 40.000 Anwender zu Office 365 um.

Im Mai kündigte Microsoft an, es werde in diesem Jahr für das katholische International Education Office für rund 4,5 Millionen Schüler Office 365 ausrollen.

Office 365 hat auch schon in einigen Fällen Google Apps abgelöst. Die brasilianische Bekleidungskette Renner beispielsweise führte 2009 Google Apps ein, war dann nicht zufrieden damit und hat vor kurzem beschlossen, es durch Office 365 zu ersetzen. Die Microsoft-Suite passt besser zu Renners Vorhaben, seine Mail-und Collaboration-Plattform aus der Cloud mit einer Vielzahl von Transaktions- und Enterprise-Anwendungen von Drittanbietern zu verknüpfen, die das Unternehmen On-Premise vorhält.

Renner war bislang kein großer Nutzer von Microsoft-Produkten. Nun versorgt das Unternehmen 2500 Mitarbeiter mit Office 365 und wird später das Projekt auf rund 10.000 Anwender erweitern.

Stärke von Office 365: die Hybrid-Installation

Dass Microsoft Office 365 mit für Hybrid-Installationen entworfen hat, sei ein cleverer Zug gewesen, argumentieren einige Analysten. Für manche Unternehmen sei es einfach nützlich, bestimmte Mail-und Collaboration-Anwendung selbst vorzuhalten und die Microsoft-Lösung auf die große installierte Basis aufzubauen.

Eine weitere Besonderheit von Office 365 ist die Vielfalt von Optionen, die Microsoft in seinen Angeboten bündelt. Mit diesen verschiedenen Möglichkeiten, so die Analysten, ist Office 365 aus der Perspektive der Lizenzierung sicher komplexer zu verstehen und kann auch einige Kunden verwirren.

Aber zur gleichen Zeit bietet es mehr Flexibilität, Versionen zu mischen und an die verschiedenen Nutzer anzupassen. Daher liegt viel Arbeit bei den Microsoft-Partnern, die Kunden über die Details zu informieren.