Klinikum Nürnberg

OP-Auslastung verdoppelt

15.11.2007 von Andreas Schmitz
Mehr Business durch die OPs schleusen und neue Geschäftsfelder erschließen, fordert der IT-Chef des Klinikums Nürnberg Helmut Schlegel. Erstmals seit mehr als zehn Jahren werden die Franken ein Minus in der Jahresbilanz konstatieren.
Helmut Schlegel, IT-Leiter, Klinikum Nürnberg: "Bei 25 OPs ist es wichtig, Wechselzeiten zu minimieren und Ressourcen möglichst gut auszunutzen - ohne allerdings Notfallszenarien zu vernachlässigen."

Herr Schlegel, zum ersten Mal seit zehn Jahren wird das Klinikum Nürnberg in diesem Geschäftsjahr rote Zahlen in Millionenhöhe schreiben. Wie können Sie als IT-Chef der Klinik helfen, gegenzusteuern?

Wir müssen uns künftig ganz klar auf Projekte konzentrieren, die entweder Kosten sparen und mehr Effizienz schaffen oder den Marktanteil erhöhen. Nehmen Sie dafür als Beispiel den OP-Betrieb: Im OP, auf den Intensivstationen und in der Anästhesie entstehen fast ein Drittel der gesamten medizinischen Kosten. Hier haben wir ein entsprechendes Planungssystem eingeführt um mehr Eingriffe bei gleichen Ressourcen schaffen zu können. Bei 25 Zentral-OPs und weiteren Eingriffsräumen ist es wichtig, die Wechselzeiten zu minimieren und Ressourcen möglichst gut ausnutzen zu können – ohne allerdings Notfallszenarien zu vernachlässigen.

Sie haben ein entsprechendes OP-System von Meierhofer bereits vor sechs Jahren an Ihr KIS-System von SAP angedockt. Um wie viel Prozent ist die Auslastung der OPs heute besser?

Eine Quantifizierung der Auslastung, die alleine durch den EDV-Einsatz verbessert wurde, ist pauschal nicht möglich. Als wesentliches Kriterium der Auslastung wird die sogenannte prozentuale Wertschöpfungszeit bewertet. Diese bildet den Quotient aus chirurgischer Nutzungszeit in Relation zu den ausgewiesenen und personalbesetzten Saallaufzeiten ab. Im Hinblick auf schnelle Reaktion bei aktuellen Planänderungen und der Vergabe ungenutzter OP-Kapazität bietet das bei uns eingesetzte System MCC von Meierhofer eine der Grundlagen für eine OP–Auslastung, die sich in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt hat. Eine weitere Voraussetzung sind bauliche Lösungen, im speziellen der Übergang von zentralen Pavillonstrukturen zu zentralen OPs. Deshalb werden wir das System nun auch bei unseren neuen Kliniken, den Krankenhäusern Nürnberger Land, einführen.

Denken Sie auch über neue Geschäftsfelder nach, die das übliche Spektrum des Angebots erweitert?

Wir wollen mehr medizinische Versorgungszentren gründen. Das heißt, dass wir ambulante Leistungen auch außerhalb des Krankenhauses anbieten und so mehr und mehr Patienten an uns ziehen. In einer ambulanten Reha-Einrichtung übernehmen wir die Nachsorge von Patienten. Wir übernehmen zudem inzwischen die radiologische Befundung für kleinere Krankenhäuser per Tele-Radiologie und unsere Herzchirurgie bekommt von kardiologischen Praxen bzw. Krankenhäusern Kardiofilme per Telemedizin zugesendet. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der stationäre Fall bei uns landet. Daneben bauen wir auf Kooperationen mit lokalen Häusern aus der Region und haben schon seit Jahren eine Privatklinik in Betrieb genommen, die außerhalb des Budgets Patienten behandelt.

Durch die Zusammenarbeit mit den kardiologischen Partnern bekommen Sie also zusätzliche Patienten. Wichtig für die Zusammenarbeit ist auch die elektronische Vernetzung. Sind Sie da auf einem guten Weg?

Wir arbeiten an einem „Serviceportal“ für die zuweisenden Praxen und wollen hier die beiden Ärztenetze der Region einbinden – das Ärztenetz Nürnberg-Nord und Nürnberg-Süd mit etwa 340 Ärzten. Allerdings ist das nicht so einfach – vor allem, weil die Krankenhaus- und die Praxis-DV keine einheitlichen Standards verwendet. In der Uniklinik Freiburg hat man ein derartiges Serviceportal zur Verfügung gestellt und ist über die fehlende Nachfrage überrascht. In der Thoraxklinik in Heidelberg läuft die Nachfrage auch noch nicht so erfolgversprechend wie man dies gehofft hatte. Trotzdem sind diese Häuser weiter als wir, denn sie können schon Erfahrungen mit den dazu benötigten internen Organisationsvoraussetzungen gewinnen.

Eigentlich müssten Ärzte auch in Hinsicht auf ein effizienteres Gesundheitswesen an Einweiserportalen Interesse haben. Warum ist das offenbar nicht so?

Die Portale sind für den Nutzer noch nicht ergonomisch in den Arbeitsablauf der Praxis integrierbar und kosten den Arzt zusätzliche Zeit. Der Nutzen ist momentan jedoch kaum kalkulierbar. Die Presse schreibt seit Jahren, wie gut die Systeme funktionieren. Da hat man vergessen, dass das ein Hype ist, der gerade auf die Phase der Ernüchterung zusteuert. Wir investieren trotzdem in diese Form der elektronischen Zusammenarbeit, weil wir uns sicher sind, dass sich dies langfristig durchsetzen wird. In der Praxis müssen noch Szenarien bewiesen werden, die für die beteiligten Seiten eine nachweisbare Win-Win-Situation ergeben.