Cloud-Services sollen EDI ergänzen

Pflegefall B2B-Infrastrukturen

06.07.2011 von Holger Eriksdotter
Der EDI-Standard reicht zum Datenaustausch nicht mehr. Die Hälfte der Firmen will laut Sterling-Commerce-Studie einheitliche B2B-Integrationsplattformen bauen.
Dave Carmichael, Manager B2B Integration bei Sterling Commerce: "Cloud-Technologien ermöglichen eine flexiblere B2B-Integration."
Foto: Sterling Commerce

Seit mehr als 30 Jahren tauschen Unternehmen elektronisch Daten miteinander aus. Bis heute ist EDI (Electronic Data Interchange) der gängigste Standard für den Datenaustausch. EDI steht dabei gleichsam als Sammelbegriff für verschiedene elektronische Verfahren und Formate zum automatisierten Versand von strukturierten Nachrichten zwischen den Anwendungssystemen von Unternehmen.

Aber der alte und starre Standard wird den Anforderungen zunehmend verteilter weltweiter Infrastrukturen immer weniger gerecht. "Die Möglichkeit, Cloud-Technologien bei der Implementierung von B2B-Integrationslösungen einzubeziehen - entweder als reine Cloud-Variante oder als Teil einer Hybridlösung -, ermöglicht es Unternehmen, ihre B2B-Integration strategisch neu aufzustellen und flexibler und dynamischer zu agieren“, sagt Dave Carmichael, Manager B2B Integration bei Sterling Commerce.

Die überwältigende Mehrheit der Unternehmen bezeichnet die B2B-Integration als "Kernkompetenz", "kritisch" oder "wichtig".
Foto: Vanson Bourne

Dass Unternehmen vermehrt über neue Strategien für die B2B-Integration nachdenken, belegt eine aktuelle Studie, die die IBM-Tochter Sterling Commerce bei Vanson Bourne in Auftrag gegeben hat. Die Marktforscher haben dafür IT-Manager aus großen Handelsorganisationen in Frankreich, Deutschland, Großbritannien und in den USA befragt. Danach planen 86 Prozent (Deutschland 85 Prozent) der Befragten diversifiziertere Implementierungsmodelle als bisher. Dabei geht es vor allem um Cloud-basierte Konzepte. Aber auch In-house- und hybride Ansätze, die beide Varianten vereinen, sind in der Diskussion.

Die Hälfte der deutschen Unternehmen gab an, dass sie ältere, punktuell eingesetzte Infrastruktur für die B2B-Integration in eine einheitliche B2B-Integrationsplattform überführen wollen, die alle ihre geschäftlichen Anforderungen erfüllt; fast ebenso viele wollen dafür auf Cloud-Services zurückgreifen. Ein Drittel will mehr als bisher auf ein hybrides Modell setzen.

Kostensenkungen sind die wichtigste Motivation dafür, dass sich Unternehmen mit Strategien für die B2B-Integration befassen. Auf die Frage, welche geschäftlichen Faktoren dazu führen, dass die Unternehmen ihre Strategie für die B2B-Integration überdenken, nannten 50 Prozent "die Notwendigkeit, die Kosten ihrer aktuellen B2B-Integration zu reduzieren". Als weiteren Grund gab ebenfalls die Hälfte der Befragten die Einsparungen an, die durch die größere Transparenz ("bessere Sichtbarkeit wirtschaftlicher Auswirkungen“) und den nachweisbaren ROI bei einer Automatisierung des B2B-Dokumentenaustauschs entstehen.

Datenaustausch mit Kunden wird komplexer

Dabei gehen die Unternehmen davon aus, dass der elektronische Datenaustausch mit Zulieferern, Kunden und Partnern wesentlich zum Erfolg ihres Unternehmens beiträgt. Neun von zehn Befragten beizeichneten die B2B-Integration als "wichtig", "entscheidend" oder "Kernkompetenz". Gerade vor dem Hintergrund des Aufschwungs nach der Finanzkrise steigt die Nachfrage nach B2B-Services in zunehmend komplexen globalen Business-Netzwerken. "Um dieser zunehmenden Komplexität Herr zu werden, müssen Unternehmen ihre B2B-Strategien neu ausrichten", sagt Carmichael. Er liest aus der Studie ab, dass Unternehmen zunehmend die Vorteile strategischer, ganzheitlicher Konzepte für die B2B-Integration erkennen.

In Deutschland wollen mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen zukünftig ganz oder teilweise in Cloud-Lösungen investieren.
Foto: Vanson Bourne

Hinzu kommt, dass es besonders für Zulieferer immer wichtiger wird, ob sie B2B-Integration als Bestandteil ihres Kundenservice anbieten können. Denn für sie komme es darauf an, den Lagerbestand möglichst niedrig und den Warenumschlag möglichst hoch zu halten. Dabei hänge die zeitnahe Disposition von Bestellungen, Lagerbeständen und Lieferungen immer mehr von der Automatisierung und dem reibungslosen Funktionieren des unternehmensübergreifenden Informationsflusses ab.

"Wenn Unternehmen bei der Implementierung von B2B-Integrationslösungen auf ein ganzheitliches Konzept verzichten, resultiert dies in zahlreichen Einzelsystemen, die kostenintensiv sind und nicht genügend organisatorische Flexibilität bieten, um im heutigen dynamischen Wettbewerb zu bestehen", erläutert der Sterling Commerce-Manager. Ihnen drohe nach Carmichaels Einschätzung mittelfristig ein Wettbewerbsnachteil: "Diese Unternehmen werden den Anschluss verlieren, während ihre innovativen Wettbewerber die Vorteile der flexibleren und dynamischeren Lösungen nutzen."

Von den Befragten der Studie gaben 58 Prozent an, dass sie "eine Strategie formuliert und eine umfassende Lösung für die B2B-Integration implementiert haben, die ihre geschäftlichen Anforderungen erfüllt". Der Rest der Umfrageteilnehmer will es bei punktuellen Lösungen belassen: 42 Prozent geben an, dass sie ein Konzept verfolgen, bei dem "punktuell neue Technologielösungen implementiert werden, sobald dies aufgrund von Kundenanforderungen oder geschäftlichen Bedingungen erforderlich ist".

Neue B2B-Projekte beziehen heute immer öfter SOA- und Cloud-Infrastrukturen ein. Sie reichen von der Erweiterung der globalen Wertschöpfungskette auf neue Märkte bis hin zur Einführung der grenzüberschreitenden elektronischen Fakturierung (E-Invoicing). "30 Jahre alte Systeme können das heute nicht mehr bewältigen“, sagt Carmichael.

EDI ist zu alt für Cloud und SOA

Für die sogenannte Omnibus-Studie haben die Marktforscher von Vanson Bourne aus Newbury in England im Januar 2011 leitende IT-Manager aus großen Handelsorganisationen in Frankreich, Deutschland, Großbritannien und in den USA befragt. In jedem europäischen Land wurden 100 Interviews durchgeführt, in den USA 200.