Projekt-Management unbedingt mit Office

PMOs sollen stärker steuern

29.07.2009 von Nicolas Zeitler
Projekte laufen deutlich seltener zeitlich und finanziell aus dem Ruder, wenn dafür ein PMO zuständig ist. Das hat eine Studie ergeben. Zwei von drei Unternehmen haben eine solche zentrale Einheit. Sie soll künftig weniger beratend wirken und stattdessen mehr Regulierungsfunktion übernehmen.

Das Projektgeschäft in Firmen ist noch immer höchst ineffizient. Im Durchschnitt verfehlen in drei von vier Firmen mehr als zehn Prozent der Projekte den ursprünglichen Zeitplan. Eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg und der Beratungsfirma Maxence zeigt jetzt, dass die Projekttätigkeit häufiger im Zeit- und Kostenrahmen bleibt, wenn eine zentrale Einheit für Projekte zuständig ist - ein PMO. Die Autoren lösen die Abkürzung mit Program Management Office auf, nicht etwa mit Projektmanagement Office. Sie verstehen darunter allerdings dasselbe.

Das Risiko, das Budget zu sprengen, sinkt
Weniger Zeitüberschreitungen
Wo es eine Instanz für die Steuerung von Programmen und Projekten gibt, laufen diese öfter im veranschlagten Zeitrahmen ab.
Zusätzliche Ressourcen seltener nötig
Als vorteilhaft erweisen sich PMOs auch beim Blick auf die Ressourcen.
Weniger Projekte überschreiten das Budget
Wer ein PMO betreibt, kann sich häufiger sicher sein, dass Projekte nicht das geplante Budget sprengen.
Mehr Zufriedenheit
Die Zufriedenheit mit Projekt-Portfolios ist dort höher, wo es ein PMO gibt.
Angst vor Verwaltungs-Überbau
Allerdings gibt es auch Bedenken. Ein Drittel der Firmen hat bisher kein PMO. Die meisten fürchten, dass dadurch die Verwaltungskosten zu stark steigen.

Die Ergebnisse der Umfrage sprechen eine klare Sprache, vergleicht man Firmen mit einem PMO mit denen, denen diese Organisationseinheit fehlt. Von den Befragten aus Firmen ohne PMO gaben 15,8 Prozent an, dass bei ihnen höchstens jedes zehnte Projekt länger dauert als geplant. Von den Befragten aus Unternehmen mit PMO schaffen es dagegen fast 30 Prozent, dass höchstens jedes zehnte Projekt den Zeitplan überschreitet. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Frage nach der Überschreitung von anfangs festgelegten Ressourcen und dem Budget, wenn auch die Unterschiede hier nicht ganz so deutlich ausfallen.

Die häufigsten Gründe, warum ein Vorhaben nicht wie gewünscht verläuft, sind ungenau definierte oder wechselnde Anforderungen und falsche Einschätzungen von Umfang und Komplexität.

Hilfreich für eine effiziente Steuerung von Projekten ist die Bildung von Projektportfolios. Mehr als zwei Drittel der Befragten halten das für wichtig oder sogar sehr wichtig. Die Steuerung dieser Projektportfolios oder das Management von Programmen sieht fast die Hälfte der Teilnehmer jetzt als wichtig oder sehr wichtig an, um die Unternehmensstrategie umzusetzen. Nach ihrer Ansicht wird die Steuerung künftig noch deutlich an Bedeutung zulegen.

Betrachtet man einzelne Aspekte von Projektportfolios, zeigen sich auch wieder deutliche Unterschiede zwischen Firmen mit und solchen ohne ein PMO. Wo ein Büro Projekte zentral koordiniert, werden Synergiepotenziale besser ausgeschöpft und die Portfolios eher auf die Firmenziele ausgerichtet. Außerdem beurteilten die Befragten aus diesen Firmen die Ausgewogenheit der Portfolios hinsichtlich Risiken, Nutzen und Kosten besser und waren zufriedener mit der Qualität der Informationen in den Projekt-Portfolios.

Zwei Drittel haben ein PMO

64,7 Prozent der befragten Unternehmen haben mittlerweile eine Instanz, die Projekte und Programme übergreifend koordiniert. Überdurchschnittlich oft gibt es PMOs bei Finanzunternehmen, Energieversorgern und in der Pharma- und Chemiebranche.

Wo es sie gibt, sind die Projektbüros oft nichts Neues mehr. Jedes dritte PMO besteht schon seit mehr als drei Jahren, ein weiteres Drittel seit ein bis drei Jahren. Die längste Erfahrung mit Program Management Offices haben im Durchschnitt Telekommunikationsanbieter und Energieversorger. Die meisten PMOs sind unternehmensweit zuständig, viele sind auch auf der Ebene von Geschäftseinheiten aufgestellt.

PMO soll Standards vorgeben

Allem voran soll das PMO Informationen über die Projektlandschaft liefern. An zweiter Stelle erwarten die Befragten, dass von dort Standards und Methoden vorgegeben werden. Dieser zweite Punkt ist die Anforderung, die die für Projekte und Programme zuständige Instanz am besten erfüllt.

Wo es bereits ein PMO gibt, sehen die Studienautoren eine Rollenverschiebung kommen. Stehen bisher Beratungs- und Unterstützungsfunktion im Vordergrund, erwarten die Befragten zukünftig, dass die Instanz mehr Regulierungsfunktion übernimmt. Die beiden anderen Funktionen wie auch die Koordinationsfunktion der PMOs sehen sie dagegen für die Zukunft als weniger wichtig an. Dagegen würden die Vertreter der Firmen ohne ein PMO von dieser Einrichtung vor allem Beratung erwarten.

Letztere wurden gefragt, warum sie bisher noch kein Büro für das Programm-Management eingerichtet haben. Mehr als die Hälfte befürchtet, dass dadurch ein organisatorischer Wasserkopf entstehen könnte. Bei fast der Hälfte stehen außerdem organisatorische und finanzielle Grenzen einem PMO entgegen.

Excel und Power-Point fürs Berichtswesen

Spezielle Software fürs Management von Projektportfolios zum Beispiel von Compuware setzen viele Firmen ein. Jeweils mehr als 40 Prozent planen damit Ressourcen und Kapazitäten, rechnen Kosten und Leistungen ab und erfassen Zeiten. Desktop-Software wie MS Excel oder Power-Point dominiert dagegen bei Projektbewertung und -auswahl und im Berichtswesen.

Die "PMO Maturity Studie 2009" haben der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik III der Universität Erlangen-Nürnberg und die Unternehmensberatung Maxence gemeinsam erstellt. Zunächst führten die Wissenschaftler sechs Experteninterviews. Mit den darin gewonnenen Erkenntnissen stellten sie den Fragebogen zusammen, den schließlich 232 Teilnehmer aus Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen beantworteten. Die Mehrzahl arbeitet in IT-, Automobil- oder Finanzbranche.