Arzt-Bewertungen oft oberflächlich

Portale für Arztbewertungen im Test

10.06.2011 von Hartmut Wiehr
Seit Neuestem kann man sich im Internet auch frei von der Leber über seine Ärzte äußern. Die Angebote sind jedoch noch mit Vorsicht zu genießen.
Das Portal arzt-auskunft.de der Stiftung Gesundheit will die Beziehungen zwischen Patienten und Ärzten verbessern.
Foto: Stiftung Gesundheit

Das Web 2.0, Interactive Media oder Social Communities sind angesagt. So gibt es inzwischen jede Menge nicht fremdgesteuerter Foren im Internet, wo sich Gleichgesinnte über ihre Interessen und Meinungen austauschen können. Es gibt auch jede Menge fremdgesteuerter Ansätze, die versuchen, sich unter dem Etikett "social“ der neuen Kommunikationsformen einseitig nach ihren meist wirtschaftlichen Interessen zu bedienen.

Deshalb klingt es einerseits irgendwie sehr gut und moralisch bestens fundiert, wenn man sich irgendwo im Netz über seine Erfahrungen mit Ärzten auslassen kann. Andererseits liegt es nahe, dass Patienten sich hier abreagieren oder austoben – sei es, weil sie extrem schlechte oder weil sie überaus positive Erfahrungen mit einem Vertreter der ärztlichen Zunft gemacht haben.

Das Portal www.arzt-auskunft.de steuert einen nicht-kommerziellen Kurs: Es gehört zu der unabhängigen "Stiftung Gesundheit“, und man versteht sich in erster Linie als Hilfsmittel bei der Arztsuche. Laut eigener Aussage "führt man seit vielen Jahren Patienten und Mediziner gezielt zusammen“.

Auf der Webseite heißt es: "Das Verzeichnis umfasst alle niedergelassenen Ärzte, Zahnärzte, Psychologischen Psychotherapeuten und Chefärzte in Deutschland. Anhand von mehr als 1.000 Diagnose- und Therapieschwerpunkten lassen sich die jeweiligen Spezialisten auswählen.“ Unsere stichwortartige Suche nach unserem Münchner Hausarzt führte allerdings zu keinem Treffer.

Kategorien für Ärzte-Empfehlungen sind bislang unzureichend

Hat man in der Adressliste, zum Beispiel nach Fachgebiet oder Ort/Postleitzahl, einen Arzt gefunden, kann man bei "Empfehlungen“ klicken und die Beurteilung anderer Patienten nach dem Schulnotenschema lesen oder später selbst eine Empfehlung abgeben. Kriterien sind: Organisation und Service, Erscheinungsbild, Personal, Arzt / Ärztin, Weiterempfehlen und Gesamt-Note. Schließlich kann man unter "Warum würden Sie die Praxis empfehlen bzw. nicht empfehlen?“ eine Wortnote abgeben. Zum Beispiel: "Ehrlich, aufgeschlossen und sehr genau.“

Auf die ärztliche Kunst oder Fähigkeit als solche wird ausdrücklich nicht eingegangen. Dadurch verringert sich der Wert der Patientenempfehlungen wieder deutlich, da man eigentlich kaum Anhaltspunkte für eine Einschätzung bekommt.

Bei docinsider.de können sich Ärzte Werbeplätze kaufen - echte Information über die Ärzte wird damit unterlaufen.
Foto: docinsider

Die Stiftung Warentest hat im März diesen Jahres einen Bericht "Das bringen die Portale“ veröffentlicht und vor allem kommerzielle Angebote wie www.docinsider.de oder www.imedo.de näher untersucht.

Die Tester kommen zu einem eher vernichtenden Ergebnis: "Die Portale weisen viele grundsätzliche Schwächen auf. Vor allem mangelt es ihnen noch an Arztbewertungen. Das zeigt eine von den Testern durchgeführte Stichprobe: Über alle Portale betrachtet, hatte von 18 namentlich gesuchten Ärzten etwa die Hälfte gar keine Bewertung.“

imedo.de gehört ebenfalls zu den kommerziell ausgerichteten Portalen für Arztbewertungen.
Foto: imedo

Darüber hinaus wird bemängelt, dass Ärzte relativ versteckt in einigen Portalen Werbung für sich einblenden können. Bei fünf Bewertungsportalen könnten Ärzte gegen Geld sogenannte "Premium“-Einträge schalten: „Ihre Praxen erscheinen bei docinsider.de, esando.de, imedo.de und medfuehrer.de in einem Anzeigenbereich über der Trefferliste. Bei jameda.de werden sie innerhalb der Trefferliste farblich hervorgehoben.“ Nutzer sollten deshalb laut Stiftung Warentest immer genau darauf achten, ob sie gerade Werbung oder Wertung eines Arztes anschauen würden.

Wie bewertet man die ärztliche Kunst?

Die Stiftung Warentest hat sich auch näher mit den Bewertungsverfahren befasst. Da diese bei allen Portalen anhand von Fragebögen erfolgen, seien die Antworten eher oberflächlich. Für detaillierte Auskünfte gebe es gar keinen Platz. Auch kann man so trotz persönlicher Registrierung nicht ausschließen, dass geschummelt wird. Manche Ärzte werden so in den Himmel gelobt, andere verteufelt.

Eigentlich eine Marktlücke: An einer seriösen, umfassenden Arztauskunft, die viele Erfahrungen von Patienten bündelt, fehlt es bislang in Deutschland. Dem Gesundheitswesen könnte so ein Portal nur gut tun.