Forrester: Best Practice Service Management

Projekt-Lektionen am CERN

25.06.2012 von Werner Kurzlechner
Das Forschungsinstitut CERN hat eine zentrale Service Management-Plattform implementiert. Für Forrester taugt das Projekt als Blaupause für andere Anwender.
Das CERN ist der Forschungsmittelpunkt für viele Kernphysiker. Ein neues Service-Portal optimiert die Bereitstellung der rund 650 Dienste.
Foto: Forschungsinstitut CERN

Das Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire (CERN) bei Genf soll die Menschheit klüger machen. Rund 2400 Stammmitarbeiter und mehr als 10.000 Gastforscher arbeiten im Namen der Europäischen Organisation für Kernforschung daran, neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Teilchenphysik zu gewinnen. Aber auch Firmen und IT-Abteilungen fernab der physikalischen Grundlagenforschung können vom CERN lernen, wie Forrester Research in einer Studie herausarbeitet. Ein Service Management-Projekt an der Großforschungseinrichtung zeigt nach Einschätzung von Analystin Evelyn Hubbert, wie man solche Vorhaben anpacken sollte.

Das CERN hat ein cloud-basiertes Service-Portal mit interaktivem Interface aufgebaut. Die Mitarbeiter und Gastforscher können über das Portal über 650 Dienstleistungen anfordern: von der Büro- und Laborinfrastruktur über ärztliche Versorgung bis hin zu IT-Dienstleistungen. Das Angebot wird nutzerfreundlich über eine Webpage mit Echtzeit-Suchmaschine und optimierter Anzeige der Ergebnisse präsentiert. Die für ihren Teilchenbeschleuniger zur Materieerforschung berühmte Großforschungseinrichtung kreierte das Portal auf Basis von Platform-as-a-Service (PaaS) der Firma ServiceNow, die SaaS für das IT-Management in Firmen anbietet. Bei der Implementierung half der Dienstleister Aspediens.

Lehrreich sind nach Forrester-Einschätzung insbesondere die organisatorischen Veränderungen, die mit dem Projekt einhergingen. „Früher gab es eine Vielzahl von Support-Gruppen, die als unabhängige Silos operierten“, erläutert Hubbert. „Aber dieses Modell brachte Konfusion und Ineffizienz beim Managen, Kontrollieren und Beseitigen verschiedener Fragen und Aktivitäten der Physiker-Community mit sich.“ Deshalb hätten die Service- und IT-Teams ein institutsweites Service Management-Team aufgestellt, um den Kundensupport zu verschlanken und zu verbessern. Es sei gelungen, die Zufriedenheit der Anwender zu steigern und gleichzeitig die Kosten zu senken.

Best Practice auf zwei Ebenen

Forrester betont, dass in das Projekt neben der IT auch die Abteilungen für Finance, Rechnungswesen, Personal und allgemeine Dienste bis hin zum Facility Management eingebunden waren. Die IT wiederum sei am CERN stark involviert in forschungsspezifische Applikationen und in die Rechnerstruktur des Teilchenbeschleunigers. Als Best Practice sieht die Analystin das CERN-Beispiel auf zwei Ebenen: effizienter Service-Support durch Vereinheitlichung und Koordination sowie Schaffung eines Single Point of Contact durch Einhalten eines Prozesses.

1. Vereinheitlichung und Koordination: Drei Aspekte standen hier im Fokus.

  1. Erstens wurde ein Katalog erstellt, der die von der IT und der allgemeinen Service-Gruppe bereitgestellten Services auflistet. Laut Forrester diente dieser Schritt als Basis für Service Level Agreements mit den Anwendern.

  2. Zweitens wurde ein Service Management-Prozess etabliert, um die Dienstleistungen besser zu koordinieren und an den Anforderungen der Nutzer auszurichten.

  3. Drittens verabschiedete sich das CERN von der Koexistenz einer Fülle von Support-Lines. „Das musste aufhören“, kommentiert Hubbert unmissverständlich. Stattdessen schuf die Einrichtung einen Single Point of Contact mit dem Ziel, eine konsistente Sicht auf die vorhandenen Services zu ermöglichen, Service Levels messbar zu machen und Transparenz über die Service-Qualität zu schaffen.

ITIL Lite auf Basis von ITIL v3 implementiert

2. Klar umrissener Prozess: Die Intention des Projektes war nicht, bestehende Best Practices in einzelnen Gruppen zu ersetzen. Vielmehr ging es laut Forrester darum, einen fehlenden Service-Management-Rahmen darum herum zu legen. Das Projekt-Team brachte sich vor diesem Hintergrund als Partner ein, der der Support-Organisation bei der Verschlankung ihrer Prozesse half und bei den Anwendern für die Qualitäts- und Service-Ziele warb.

Trotz vergangener Fehlschläge packte man die Implementierung eines ITIL-Standards erneut an. Ausgewählt wurde ein ITIL Lite-Ansatz, der Kernkomponenten von ITIL v3 implementiert: je nach Bedarf als Ausgangspunkt für eine vollständige Implementierung oder als Mindeststandard.

Nutzen eines Serivce Desks musste erklärt werden

Bei der Einführung eines zentralen Service Request-Managements musste jede Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden. Zum einen galt es, an eigenen Silo-Lösungen gewöhnte Anwendergruppen vom Sinn einer zentralen Plattform zu überzeugen. Zum anderen gab es jenseits der IT Mitarbeiter, denen erst einmal der Nutzen eines Service Desks vermittelt werden musste.

In den diversen Silos war eine Reihe von Tools in Gebrauch, die eher als Selbstzweck eingesetzt waren als den Anforderungen der Anwender zu dienen. Durch Präsentation eines gemeinsamen Use Cases für die Erstellung von übergeordneten Berichten zum Service-Angebot und zur Service-Qualität konnten die Gruppen laut Hubbert vom Sinn eines einheitlichen Tools überzeugt werden.

5 Lessons Learned

Die Anforderungen daran wurden gemeinsam definiert, und zwar auf Basis etablierter Prozesse und Interaktionen. Nach systematischer Marktanalyse anhand von über 300 spezifischen Kriterien wurde letztlich ServiceNow als passender Anbieter herausgefiltert.

Die CERN-Lektion für andere Firmen fasst Forrester so zusammen:

Die Studie „Case Study: At CERN, Half Of The World’s Particle Physicists Experience Service Management” ist bei Forrester Research erhältlich.