CIO des Flughafen München

Projekt startet nach Performance-Check

03.05.2010 von Nicolas Zeitler
Die IT am Münchner Flughafen ist bereits nach ISO 20000 zertifiziert, Prozesse an ITIL ausgerichtet. Jetzt will CIO Michael Zaddach die Tool-Landschaft fürs IT Service Management entrümpeln. Das Programm "ITSM 2020" soll außerdem die Kommunikation mit den Kunden verbessern. Grundlage ist eine neuartige Analyse, die den Status von Business Alignment und Professionalität der IT bestimmte.
Michael Zaddach, IT-Chef am Münchner Flughafen, hat durch die IT Performance Matrix neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie seine Kunden die Flughafen-IT sehen.
Foto: Privat

Manchmal sind es schon ganz kleine Dinge, mit denen ein CIO seine Kunden zufriedener machen kann. Michael Zaddach, Leiter des Service-Bereichs IT am Flughafen München, lässt seinen Fehlerbericht seit kurzem immer auch an seine internen und externen Kunden schicken. Die bekamen Mitteilungen über Störungen bisher vereinzelt und nur dann, wenn ein Zwischenfall sie direkt betraf.

Der neue Service ist nur ein kleiner, aber ganz typischer Baustein aus dem Maßnahmenpaket, das Zaddach aus einer kürzlich durchgeführten Bewertung seiner IT nach einem neuen Verfahren abgeleitet hat. Er hat die Flughafen-IT in der sogenannten "IT Performance Matrix" bewerten lassen, die die Schickler Unternehmensberatung entwickelt hat. Das Verfahren soll eine neue Sicht auf die Leistungsfähigkeit des IT-Ressorts im Unternehmen ermöglichen.

Die zweidimensionale Performance Matrix hilft bei der Einordnung der IT nach den Kriterien Professionalität und Business Alignment. Das Verfahren erhebt nicht den Anspruch, den Wertbeitrag der IT voll zu erfassen, will aber mehr leisten als Benchmarking. (Grafik: Schickler)
Foto: Schickler

Zur Qualitätssicherung hat Zaddach die Flughafen-IT nach ISO 20000 zertifizieren lassen und führt Audits durch. Die Preise der IT-Leistungen untersucht er mittels Benchmarking. "Diese Verfahren sind relativ aufwendig und geben doch immer nur Auskunft über einen kleinen Teil der IT", sagt Zaddach. Die Performance Matrix sollte nun Erkenntnisse aus einem neuen Blickwinkel hervorbringen.

Ziel der Methode ist es nicht, insgesamt den Wertbeitrag der IT zu beurteilen, wie Niels Fischer, Partner bei Schickler, erklärt. Stattdessen soll sie in Ergänzung zum Benchmarking Auskunft über den Status des Business Alignment und die Professionalität des IT-Bereichs geben. Das neu entwickelte Verfahren soll mit geringem Mitteleinsatz Indikatoren identifizieren, die dem IT-Management helfen, die kontinuierliche Verbesserung des eigenen Verantwortungsbereichs zu stärken.

Support glänzt in punkto Professionalität

"Die IT Performance Matrix ermöglicht auch Branchenvergleiche", sagt Niels Fischer von der Schickler Unternehmensberatung.
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Im Dezember stießen Zaddach und Fischer das Projekt an. Der Leiter des Service-Bereichs IT, fünf seiner Bereichsleiter sowie je ein interner und externer Kunde ließen sich von Beratern von Schickler interviewen. Rund 230 Fragen umfasste der von Mitarbeitern des Beratungsunternehmens erstellte Katalog, gegliedert in die Kernbereiche Anwendungsentwicklung, Betrieb, Support und Steuerung. Eine Frage zum Aspekt Anwendungsentwicklung war beispielsweise, ob aus den Fachkonzepten Datenverarbeitungs-Konzepte abgeleitet und mit den Auftraggebern abgestimmt werden.

Je nach Antwort vergab der interviewende Berater einen Wert zwischen Null und Drei. Aus den Einzelbewertungen ergab sich ein Gesamtwert. Bestimmte Teilbereiche im Fragebogen wurden dabei unterschiedlich stark gewichtet. Aus dem Gesamtwert ergab sich die Einordnung der vier Kernbereiche in der zweidimensionalen Matrix auf den Achsen Business Alignment und Professionalität.

Insgesamt erreichten alle vier Bereiche der Flughafen-IT sehr positive Bewertungen. Auf der Achse Business Alignment schnitt die Anwendungsentwicklung am besten ab, bei der Bewertung der Professionalität der Support. Etwas schlechter fiel die Platzierung der Steuerung in beiden Dimensionen der Matrix aus. Zaddach und Fischer sprechen hier vom "Chef-Effekt": Das Thema Steuerung war das einzige, bei dem auch Michael Zaddach befragt wurde. Er gab offenbar kritischere Urteile ab als die anderen Befragten.

Kunden fordern regelmäßige Störungsberichte

Besonders aufschlussreich war für Zaddach die Kundensicht. "Deren Aussagen haben mich teilweise überrascht", sagt der Flughafen-CIO. In den regelmäßigen Service-Gesprächen äußerten die Anwender meist sehr "kleinteilige" Kritikpunkte, etwa dass die Behebung einer Störung zu lange gedauert habe. Die IT Performance Matrix habe hier "eine größere Linie" deutlich gemacht. Dadurch habe er "ganz pragmatische Hinweise" erhalten, sagt Zaddach - so wie die Bitte um regelmäßige Störungsberichte. Der nachzukommen, war für den IT-Chef kein Problem. Schließlich gab es solche Berichte bereits und er musste nur die Schar der Empfänger erweitern.

Handlungsbedarf offenbarte die Matrix auf weiteren Feldern zu insgesamt 38 Punkten, die Hälfte betrifft das Verhältnis zu den Kunden des Service-Bereichs IT. Sie äußerten unter anderem, Zaddachs Abteilung müsse stärker eine Rolle als Innovator annehmen. Außerdem solle sie in einigen Bereichen Vorschläge erarbeiten, wie Business-Prozesse besser durch die IT unterstützt werden können.

In einem Führungskräfte-Workshop wurde diskutiert und festgelegt, welche Themen sofort und welche später angegangen werden sollen. Mit hoher Priorität versehen wurden neben der Kommunikation zum Kunden auch Themen wie IT Governance.

ITSM-Werkzeuge vereinheitlichen

Zaddach will Ergebnisse der IT Performance Matrix jetzt im Programm "ITSM 2020" umsetzen. Es wurde Mitte März angestoßen und soll über fünf Jahre laufen. Eines der wichtigsten Themen ist neben der Kommunikation mit den Kunden die Vereinheitlichung der Werkzeuge fürs Service-Management. "Unsere Tool-Landschaft für ITSM ist historisch gewachsen und muss schlanker werden", sagt Zaddach.

Er strebt außerdem eine "Pragmatisierung der Prozesse" an. Bei der Einführung der ITIL-Prozesse und der Zertifizierung nach ISO 20000 wurde die IT-Prozesslandschaft teilweise sehr theoretisch gestaltet, wie Zaddach erklärt. Beispielsweise gebe es für alle nach der Norm definierten Prozesse Kennzahlen (Key Performance Indicators, KPI). Bei manchen Prozessen sei dies aber gar nicht sinnvoll. In diesen Fällen wolle man künftig bewusst von der Norm abweichen. Die Zertifizierungsstelle akzeptiere Abweichungen, sofern sie begründet seien, sagt Zaddach.

Ein langfristiges Ziel aus dem Performance-Matrix-Projekt könnte es sein, die Münchner Flughafen-IT mit der eines anderen Flughafens oder eines gleich großen IT-Ressorts einer anderen Branche zu vergleichen. Auch Branchenvergleiche seien ein weiteres mögliches Einsatzgebiet der Methode von Schickler, so Niels Fischer. Das feste Schema das Fragebogens mache die Gegenüberstellung leicht möglich, so der Berater. Kernziel bleibe aber die Unterstützung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses in der Verantwortung des CIO.