Kombination mit IoT

PwC: Künstliche Intelligenz völlig unterschätzt

15.03.2017 von Werner Kurzlechner
Mit Nachdruck mahnt PwC an, dass Anwender des Internets der Dinge (IoT) das Thema Künstliche Intelligenz auf dem Schirm haben sollten. Ein disruptiver Tsunami drohe.
  • Zwischen IoT und AI gibt es eine Wechselwirkung
  • Kosten für AI sinken, die Reife steigt
  • Adaptive Intelligence hebt das Internet der Dinge auf eine neue Stufe
  • Anwender profitieren von erhöhter Sicherheit und sinkenden Betriebskosten
  • Smarte Sensoren fungieren als Bindeglied der beiden Technologien
In dieser Grafik hat PwC zusammengestellt, welche durch AI ermöglichten Impulse das IoT vorantreiben.
Foto: PwC

Wer einem Wirbelsturm entfliehen will, muss sehr schnell sein. Sputen müssen sich, folgt man den Analysten von PwC, derzeit die Firmen angesichts der technologischen Veränderungen. "Smarte Unternehmen und Manager warten mit ihrer Reaktion nicht darauf, dass der Tsunami der Disruption ihr Ufer erreicht", heißt es in einer aktuellen PwC-Studie. Kluge Firmen, so formulieren die Experten weiter, bereiten sich auf die Disruption vor, bevor sie da ist.

Gemeint ist die kombinierte Disruption aus Artificial Intelligence (AI) und dem Internet of Things (IoT). Denn diese werde "unser persönliches und geschäftliches Leben in einer dramatischen Weise umgestalten, die für die meisten Unternehmen heute schwerlich in vollem Umfang vorstellbar und begreifbar ist", so PwC.

Disruption ist das Modewort schlechthin

Das klingt überaus dramatisch - und dass an dieser Stelle bereits ein paar Mal das Wort "Disruption" fiel, spiegelt seine Häufigkeit in der Studie "Leveraging the upcoming disruptions from AI and IoT" wider. Die Dramatik mag dem schwierigen Ringen um Aufmerksamkeit für das spezifische Thema geschuldet sein. Denn an sich sind die Entwicklungen, die auch PwC beschreibt, ja in aller Munde.

IoT-Studie 2016
Key Findings
Die COMPUTERWOCHE-Studie "Internet of Things 2016" finden Sie in unserem Shop neben anderen Studien der IDG Research Services als PDF-Download.
Bedeutung von IoT
Derzeit bewerten nur 45 Prozent der Unternehmen die Relevanz des IoT als sehr hoch oder hoch, 28 Prozent als eher niedrig oder niedrig. Ganz anders sehen die Werte für die Zukunft aus. 72 Prozent der Unternehmen glauben, dass IoT innerhalb der nächsten drei Jahre für sie wichtig oder sehr wichtig wird. Nur noch sieben Prozent der Firmen stufen die künftige Bedeutung des IoT als eher niedrig oder niedrig ein.
IoT in der Praxis
Bis dato haben insgesamt nur rund 15 Prozent der befragten Unternehmen bereits IoT-Projekte produktiv umgesetzt oder zumindest abgeschlossen. Immerhin ein Fünftel der Firmen will in den nächsten 12 Monaten oder mittelfristig erste IoT-Projekte realisieren, 12 Prozent erarbeiten derzeit eine IoT-Strategie.
IoT ist noch kein Thema, weil...
Wesentliche Gründe für die (noch) abwartende Haltung vieler Firmen sind andere Prioritäten, mangelnde Relevanz oder ein fehlendes Geschäftsmodell. Auch fehlendes Know-how bei den Mitarbeitern oder zu hohe Kosten spielen eine Rolle.
Auswirkungen (1/3)
Fast 60 Prozent der Unternehmen sehen IoT als große Chance. Gleichzeitig verkennen fast 45 Prozent das disruptive Potenzial des IoT, wenn sie glauben, sie sein gut genug für die Herausforderungen positioniert.
Auswirkungen (2/3)
Zumindest 39 Prozent der befragten Entscheider glauben, dass IoT ihre Unternehmen sehr verändern wird. Ein Drittel der Firmen befürchtet, dass sie von Start-Ups mit IoT-Technik überholt oder grundsätzlich von der Entwicklung überrollt werden, wenn sie sich nicht auf das IoT einstellen.
Auswirkungen (3/3)
Knapp 20 Prozent glauben immer noch, dass das Thema IoT für ihr Unternehmen nicht relevant sei.
Was ist IoT?
Die meisten bisherigen Projekte fallen unter die Kategorie Industrie 4.0 mit Themen wie Vernetzte Produktion, Smart Supply Chain und Predictive Maintenance, gefolgt von den Schwerpunkten Smart Connected Products.
Der Nutzen von IoT
Durch die Vernetzung aller Prozessketten, der Erschließung neuer Geschäftsmodelle sowie Kostensenkungen erwarten die Unternehmen als positive Effekte durch IoT.
IoT-Projekte in der Praxis
Neben Kategorien wie Connected Industry und Smart Connected Products gewinnen künftig auch IoT-Projekte aus den Bereichen Gebäudemanagement (Smart Building) und Vernetzte Gesundheit (Connected Health) an Bedeutung.
IoT-Technologien
Als Enabling Technologies für IoT sehen die Entscheider vor allem Cloud Computing und Netz-Technologien wie 5G, Narrowband IoT etc.
IoT-Herausforderungen
Die meisten Unternehmen geben grundsätzliche Sicherheitsbedenken als größte Hürde für IoT-Projekte an, da sie das Internet of Things als neues Einfallstor für Angriffe sehen.
Herausforderungen beim ersten Projekt
Für 57 Prozent der Firmen stellte Security tatsächlich die größte Herausforderung bei ihrem ersten IoT-Projekt dar. Fast die Hälfte der Firmen hatte beim ersten Projekt Probleme mit der Integration von IoT-Devices wie Sensoren und Aktoren in die eigene IT-Infrastruktur.
Hemmnisse bei Projekten
Aber auch in der Komplexität sowie im Know-how der Mitarbeiter sehen zahlreiche Unternehmen Hemmnisse.
Do-it-yourself oder Partner?
Bei der Umsetzung der IoT-Projekte sind die Optionen gleich verteilt. 51 Prozent der Firmen haben ihre IoT-Lösung eigenständig entwickelt, 49 Prozent gemeinsam mit externen Partnern.
In- und Outsourcing
n jeweils knapp einem Drittel der Unternehmen ging die Initiative für das erste IoT-Projekt entweder vom CIO und der IT-Abteilung oder von der Geschäftsführung aus, letzteres vor allem bei den kleinen Unternehmen. In elf Prozent der Firmen war ein eigenes IoT-Team die treibende Kraft für die ersten IoT-Aktivitäten, etwas seltener der CTO oder Fachabteilungen wie Vertrieb, Entwicklung oder Produktion
Wahl des IoT-Partners
Bei der Wahl eines IoT-Anbieters legen die Unternehmen vor allem Wert auf technisches Know-how, Vertrauen in den Anbieter sowie Branchenkompetenz. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis steht hinter Prozess-Know-how überraschend nur an fünfter Stelle im Anforderungskatalog.
Den IoT-Erfolg messen
Ein Viertel der Unternehmen konnte bislang noch keinen Mehrwert wie höhere Effizienz, niedrigere Kosten oder höhere Umsätze feststellen. In zwei Prozent der Unternehmen sind die IoT-Projekte gescheitert. Erstaunlicherweise gibt es in fast einem Fünftel der Unternehmen überhaupt keine Erfolgsmessung.

Disruption ist das Modewort schlechthin geworden. Die "Digitalisierung", "digitale Transformation" oder "digitale Revolution" schwebt als Überdynamik über allem. Mit ihr einher geht die Automatisierung samt der Sorge vor massivem Arbeitsplatzverlust durch Roboterisierung. Und das Internet der Dinge erscheint mit diesen Megatrends auf gleichsam natürliche Weise verwoben, gerade wenn man an die Industrie 4.0 denkt.

AI überzeugte in der Vergangenheit nicht immer

Womöglich geht in all dem Bohei um diese epochalen Themen der Aspekt der Künstlichen Intelligenz manchmal etwas unter. Zum einen, weil die Diskussion oft um Industrieroboter und Automatisierungssoftware kreist - Anwendungsbeispiele also, in denen die Maschinen offenkundig unter der Intelligenzschwelle operieren. Zum anderen, und darauf weist PwC in der Studie explizit hin, gibt es bisher unter dem Etikett AI viele Lösungen, die ihren praktischen Nutzen in der Vergangenheit nicht wirklich unter Beweis stellen konnten. Freilich tut sich auf diesem Gebiet aktuell eine Menge, und deshalb geht die Studie davon aus, dass für viele Anwender an AI künftig kein Weg mehr vorbei führt.

Artificial Intelligence wir reif und günstiger

Die Fortschritte in diesem Bereich liegen laut Studie einerseits in Faktoren wie einer sinkenden Kostenkurve und einer Reifung der zu Grunde liegenden Technologien wie mobiler Konnektivität, Cloud-Infrastruktur, der Verbreitung von Sensoren, Machine Learning-Software und Storage. Andererseits lässt sich die inhaltliche Entwicklung in drei Stufen beschreiben:

Die rapiden AI-Entwicklungsschritte führen laut PwC zu einer Konvergenz mit dem IoT. Diese geht sogar so weit, dass AI unverzichtbar für das Internet der Dinge wird. "Die Kernkomponenten des IoT - Konnektivität, Sensordaten und Robotics - werden letztlich zu der Anforderungen an alle 'dummen' Geräte führen, intelligent zu werden", schreiben die Studienautoren. "In anderen Worten: Das IoT braucht smarte Maschinen. Es gibt also einen Bedarf an AI."

Diese drei Stufen von Intelligenz werden laut PwC die Marktentwicklung in nächster Zeit prägen.
Foto: PwC

Beim IoT gehe es primär um Daten, so PwC - der Währung des digitalen Zeitalters. Daten seien aber nur nutzbar, wenn sie verfolgbar seien. Und dafür müssten sie um Kontext und Kreativität ergänzt werden. Mit anderen Worten: Das IoT benötige "Connected Intelligence" - und hier komme AI ins Spiel.

Artificial Intelligence beeinflusse das IoT in zwei Schlüsseldimensionen

Keineswegs handle es sich dabei aber um eine Einbahnstraße. Denn schließlich sei das durch IoT ermöglichte Echtzeit-Feedback essenziell für adaptive lernende Systeme.

3 verschiedene Analyse-Stufen

Letztlich unterstütze AI das IoT in dreierlei Hinsicht, in dem folgende Analyse-Stufen ermöglicht werden:

1. Predictive Analytics: "Was wird passieren?"

2. Prescriptive Analytics: "Was sollen wir tun?"

3. Adaptive/Continuous Analytics: "Welche Aktionen/Entscheidungen sind angemessen, und wie können wir uns an die jüngsten Veränderungen anpassen?"

Die Verknüpfung von AI und IoT manifestiert sich laut Studie unter anderem in intelligenten Sensoren. Hierzu führen die Autoren Beispiele für jede der drei Analyse-Stufen an. Flugzeugmotoren, die pro Flug 500 Gb an Daten analysieren und mehr als 5000 Parameter messen können, stehen für Predictive Analytics. Auf der präskriptiven Ebene ist zum Beispiel an Bahngleissensoren zu denken, die das Kontrollzentrum vor potenziellen Gefahren warnen. Für adaptive Analyse sind ein Beispiel Blutzuckersensoren, die automatisch die verabreichte Insulinmenge steuern.

5 Impulse für das Business

Zunehmende Nutzung von AI in diesem Kontext wird laut PwC die Wettbewerbslandschaft auf fünf Weisen verändern:

1. Höhere Erträge: Das betrifft nach Einschätzung der Analysten insbesondere drei Typen von Unternehmen. IoT-Gerätehersteller profitieren ebenso wie Provider von IoT-Daten und -Informationen und Firmen, die auf intelligenten Sensoren basierende Services anbieten.

2. Verbesserte Sicherheit: Sie wird dadurch erreicht, dass Echtzeit-Monitoring Katastrophen verhindert.

3. Reduzierter Schadensumfang: Falls doch Unfälle passieren, sorgt Echtzeit-Monitoring für geringere Verluste an Menschenleben und reduziert den Umfang von Schäden.

4. Niedrigere Kosten: Smart Monitoring-Geräte wie Smart Grids oder Smart Meters senken die Betriebskosten von Gebäuden - privat und auch geschäftlich.

5. Verbesserter Kundendienst: Intelligente Sensoren können individuell auf Personen eingehen und Präferenzen lernen - beispielsweise die von einem Menschen bevorzugte Temperatur.

In naher Zukunft werden laut PwC vor allem Unternehmen aus bestimmten Branchen AI und IoT kombinieren. Dazu zählen Fluglinien, Mineralölkonzerne, Industriefirmen und Unternehmen in Bereichen wie Smart Buildings, Smart Homes und Körpersensoren. Beim Bohren nach Öl beispielsweise kann ständiges Monitoring mit smarten Sensoren die präventive Wartung optimieren und teure Maschinenausfälle vermeiden helfen.

Angesichts der bevorstehenden Disruptionen empfiehlt PwC den Anwendern einen proaktiven und weitsichtigen Ansatz. "Einfach gesagt: Die AI-Revolution ist da, und jetzt ist es an der Zeit, sich dafür zu rüsten", raten die Studienautoren.