3D-Druck-Startup

Rapid Prototyping mit Karbon & Kevlar?

20.07.2017 von Lucas Mearian und Florian Maier
Ein Startup behauptet, mit dem 3D-Drucker Teile aus Verbundwerkstoffen einhundert Mal schneller herstellen zu können, als Ihr Unternehmen mit konventionellen Methoden.

Selten hat ein Unternehmensname besser als die sprichwörtliche Faust aufs Auge gepasst als in diesem Fall. Das Startup Impossible Objects hat kürzlich seinen neuen 3D-Drucker "Model One" vorgestellt.

Der 3D-Drucker "Model One" von Impossible Objects verspricht die Herstellung "echter" Verbundwerkstoff-Teile.
Foto: Impossible Objects

Der Must-Have-3D-Drucker für die Industrie?

Ein Gerät, von dem die US-Amerikaner behaupten, es sei der erste seiner Art, der Teile aus Materialien mit Verbundstruktur - also in erster Linie Karbon, Kevlar und Glasfaser - herstellen kann. Die Technologie, so das Unternehmen, könne bei der Herstellung von Teilen für die Produktion "in Sachen Geschwindigkeit und Preis" mit dem Spritzgussverfahren mithalten. Wegen der Grundstruktur der Verbundwerkstoffe könnten die Kunden zudem einzelne Bestandteile individuell anpassen. So könnten etwa hitze- oder chemieresistente Teile, beziehungsweise Schichten realisiert werden.

Glossar: Was ist was im 3D-Druck?
2 Print Beta
2 Print Beta ist ein Druckerhersteller und 3D-Druck-Dienstleister aus Konstanz. Zum Angebot des Unternehmens gehören neben 3D-Komplettsystemen und -Bausätzen auch Services.
3D Systems
3D Systems ist ein Druckerhersteller aus South Carolina, der Drucker für Privatanwender, den Profibereich und für Produktionszwecke anbietet. Nach eigener Darstellung hat das Unternehmen den 3D-Druck erfunden.
ABS-Kunststoff
ABS-Kunstsoff ist ein Polymer, das von vielen 3D-Druckern als Grundstoff für Werkstücke verwendet wird.
Amazon 3D Printing Store
Im Juli 2014 hat Amazon sein Portfolio um einen Shop für 3D-Druckerzeugnisse erweitert.
Anti Gravity Modeling
AOM ist ein neuartiges generatives Herstellungsverfahren, bei dem Werkstücke nicht schichtweise wie üblich schichtweise aufgebaut werden. Stattdessen werden Stränge von geschmolzenen Polymerkunststoffen erzeugt, die im Moment des Austritts aus einer Düse aushärten.
Bioprinter
Bioprinter dienen dem Erzeugen organischer Strukturen für medizinische und biologische Anwendungsfelder. Diese 3D-Drucker-Variante wird jedoch bisher kaum hergestellt und eingesetzt; lediglich das Unternehmen Organovo bietet ein Modell an.
Concept Laser GmbH
Die Concept Laser GmbH aus dem fränkischen Lichtenfels bietet Anlagen für SLM samt Beratung.
Designfreiheit
Designfreiheit im Produktdesign bezeichnet die Möglichkeit, eigene Vorstellungen vom Aussehen eines Gegenstandes umzusetzen, ohne sich an Standard- oder andere Vorgaben halten zu müssen.
Dual-Extruder-Technik
3D-Drucker mit Dual-Extruder-Technik verfügen über zwei Düsen zum schichtweisen Aufspritzen von flüssigen oder geschmolzenen Werkstoffen.
EBM (Electron Beam Melting)
EBM bezeichnet das schichtweise Aufschmelzen von pulverisiertem Metall zu dreidimensionalen Bauteilen mithilfe eines Elektronenstrahls.
EOS
Die EOS GmbH (Electro-Optical Systems) aus dem bayerischen Krailling bei München vermarktet Anlagen, Werkstoffe und Lösungen für SLM-Anwendungen und Stereolithografie.
Extruder
Extruder sind die technischen Vorrichtungen, die das flüssige beziehungsweise geschmolzene Rohmaterial aus den Düsen von 3D-Druckern herauspressen.
Filament
Der Begriff Filament bezeichnet usprünglich jede Art von Faden. Im Bereich der 3D-Drucker sind damit fadenförmige Rohstoffe gemeint, die durch einen Extruder in Form gespritzt werden.
i.materialise
i.materialise ist ein 3D-Druck-Online-Service. Kunden können eigene Designs hochladen und aus verschiedenen Materialen für das Werkstück wählen.
Makerbot
Makerbot ist ein 3D-Drucker-Hersteller aus New York. Seit 2013 gehört das Unternehmen zum 3D-Druckerhersteller Stratasys.
Mcor
Mcor Technologies ist ein 3D-Druckerhersteller aus Dublin, Irland. Die Produkte des Unternehmens verwenden handelsübliche Papierbögen.
Modern Meadow
Das New Yorker Unternehmen Modern Meadow forscht im Bereich Bioprinting und der Entwicklung von Geweben mit dem Ziel, künstliches Biomaterial zum Verzehr und als Leder herzustellen.
Monolith
Der Monolith ist ein Stereolithografie-Drucker, der 2012 von dem US-Unternehmen Acme Design herausgebracht wurde und nun von Free Fab vermarktet wird.
Multi Jet Fusion
Multi Jet Fusion ist eine neue 3D-Drucktechnik, die HP im kommenden Jahr auf den Markt bringen will. Als technische Basis nutzt man die eigene Inkjet-Technologie.
Organovo
Das Unternehmen Organovo aus San Diego, Kalifornien entwickelt und erzeugt mit Bioprintern künstliches menschliches Gewebe.
PLA-Kunststoff
PLA ist neben ABS das am weitesten verbreitete Verbrauchsmaterial für 3D-Drucker. PLA ist geruchlos und wird aus Maisstärke hergestellt.
Selective Laser Melting (SLM)
Selektives Laserschmelzen ist ein 3D-Druckverfahren, bei dem Metallpulver mithilfe von Laserstrahlen geschmolzen und schichtweise durch Aushärten zu einem fertigen Werkstück aufgebaut wird.
SLM Solutions
Die SLM Solutions Group AG aus Lübeck stellt 3D-Metalldrucker her.
Stereolithografie
Stereolithografie ist eine Methode des Rapid Prototyping. Dabei werden unter Laserlicht aushärtende Kunststoffe schichtweise zu einem dreidimensionalen Körper aufgebaut.
STL (Surface Tesselation Language)
STL ist eine Sprache zur Oberflächenbeschreibung durch Triangulation, also die Beschreibung von Dreiecken, aus denen sich Oberflächen zusammensetzen.
Ultimaker
Ultimaker ist ein niederländischer Hersteller von 3D-Druckern. Wie Makerbot ging auch Ultimaker aus einem Workshop im Rahmen des Reprap-Projekts hervor.

Neben der Fähigkeit, Karbon, Kevlar und Co. zu verarbeiten, soll sich der "Model One" von Impossible Objects auch durch schnellere Fertigungszeiten auszeichnen. Glaubt man den Verantwortlichen des Startups, soll das Teil sogar bis zu einhundert Mal schneller Ergebnisse liefern - sowohl als andere Additive-Manufacturing-Technologien, als auch traditionelle Schicht-Techniken. Bei Letzteren werden dünne Platten - zum Beispiel aus Glasfaser - übereinander gelegt und mit Hilfe von Harz miteinander verbunden.

Und egal ob Rapid Prototyping oder Massenproduktion: Die Teile, die dem "Model One" 3D-Drucker entspringen, sollen auch noch bis zu zehnmal stabiler sein, als die, die andere Monstrositäten der additiven Fertigung auswerfen.

So geht Rapid Prototyping mit Karbon

"Die Entwicklung eines automatisierten, kostengünstigen Systems zur additiven Fertigung von Teilen aus Verbundwerkstoffen könnte die industriellen Märkte revolutionieren", meint Lonnie Love, Group Leader of Automation, Robotics and Manufacturing beim Oak Ridge National Laboratory, das dem US-Energieministerium untersteht.

Impossible Object hat seine Technologie "composite-based additive manufacturing method" (CBAM) getauft. Diese kombiniert die Verbundwerkstoffe mit Polyetheretherketon (PEEK) und anderen Hochleistungs-Polymeren, um die extrem stabilen, aber leichtgewichtigen Teile herzustellen.

Beim "CBAM-Prozess" kommen konventionelle Tintenstrahldruckköpfe zum Einsatz, die bestimmte Designs auf Karbon, Kevlar oder Glasfaser "drucken". Hiernach werden alle Schichtplatten mit Polymer-Puder behandelt. Dabei lagert sich das Puder überall dort ab, wo sich auch Tintenflüssigkeit abgelagert hat. Das überschüssige Puder wird von dannen vakuumiert und die Platten werden gestapelt, gepresst und erhitzt. Dabei schmilzt das Polymerpuder und "verschweißt" die einzelnen Schichten miteinander. Die Herstellung von Teilen aus Verbundwerkstoff im 3D-Drucker würde Dritthersteller überflüssig machen, Kosten und Zeit sparen.

Revolution für die additive Fertigung in der Luftfahrt?

Todd Grimm ist Mitbegründer des Beratungsunternehmens T.A. Grimm & Associates. Nach seinen Worten ist das Unternehmen Impossible Objects bereits drei Jahre auf dem Markt für additive Fertigung aktiv, befand sich jedoch bislang im "Inkubations-Modus": "Ich bin in dieser Branche seit 1990 und habe jede Menge Technologien erlebt, die nicht über eine Ankündigung hinausgekommen sind. In der Technologie von Impossible Objects steckt jede Menge Potenzial, aber ich möchte erst einmal abwarten, was die ersten User zu sagen haben."

Ein Verbundwerkstoff-Teil aus dem "Model One" zeigt die Vielseitigkeit des Geräts wenn es um die Vielfältigkeit von möglichen Formen und Objekten geht.
Foto: Impossible Objects

Impossible Objects bietet seine 3D-Druck-Technologe derzeit als Service an und will den "Model One"-Drucker Anfang 2018 auf den Markt bringen. Die Technologie - so behauptet man beim Startup - werde bereits von einigen Fortune-500-Unternehmen erprobt. Namentlich bekannt ist lediglich eines davon: Jabil - Hersteller von gedruckten Platinen.

Todd Grimm weiß allerdings zu berichten, dass Jeff DeGrange, Chief Commercial Officer bei Impossible Objects, zuvor unter anderem Vice President beim 3D-Druck-Spezialisten Stratasys und Vorstand bei Boeing war. Bei letztgenanntem Unternehmen war DeGrange offenbar für die Zertifizierung und Qualifizierung von Luftfahrt-Hardware zuständig, die mit verschiedenen Verfahren der additiven Fertigung hergestellt wurden. "Es würde mich nicht überraschen, wenn Boeing eine dieser Fortune-500-Companies wäre", so Grimm.

Das Battle der 3D-Druck-Startups

Boeing nutzt die 3D-Druck-Technologie bereits für die Herstellung von Flugzeugteilen. Erst vor kurzem verkündete der Airbus-Konkurrent, dass mindestens vier Titanium-Teile für den neuen 787 Dreamliner im 3D-Druckverfahren hergestellt werden. Für die Zukunft stellte man bei Boeing in Aussicht, bis zu 1000 Teile pro Flugzeug mit dem 3D-Drucker herzustellen.

Ein Boeing 787 Dreamliner während einer Presseveranstaltung.
Foto: Boeing

Andere Firmen auf dem Markt für 3D-Druck - zum Beispiel Markforged - behaupten, ebenfalls in Besitz von 3D-Druck-Technologie zu sein, die Verbundwerkstoffe verarbeiten kann. Dabei werden die Fasern allerdings mit Kunststoff verwoben. Nach den Worten des Experten Grimm kann derzeit nur Impossible Objects die "echte" Herstellung von Teilen aus Karbon, Kevlar und Glasfaser im 3D-Drucker bewerkstelligen: "Es gibt andere, die daran arbeiten, aber die müssen erst einmal ein kommerzielles Produkt auf die Beine stellen", sagte Grimm mit Blick auf ein weiteres Startup, EnvisionTEC.

"Impossible Objects hat noch nicht wirklich geliefert, aber sie waren die ersten, die einen echten, alternativen Weg zur Herstellung von Teilen aus Verbundwerkstoff aufgezeigt haben. Und diese Teile sind - insbesondere für die Luft- und Raumfahrtindustrie - extrem teuer. Jetzt müssen sie bereit dazu sein, die produzierende Industrie nachhaltig zu verändern."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation computerworld.com.

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