Flexibel und günstig

RFID mobil auslesen

07.06.2005 von Lars Reppesgaard
Funketiketten gehören längst zum Unternehmensalltag. Einen leichten Gebrauch ermöglicht die Kombination aus RFID-Technologie und mobilen Lesengeräten.

BEI DER HOMAG Holzbearbeitungssysteme AG in Schopfloch bewähren sich mobile RFID-Leser im Kundendienst. Seit anderthalb Jahren setzt die Homag Funketiketten ein, die von den beweglichen Lesegeräten erfasst werden, wenn eine Maschine zur Reparatur angeliefert wird. „Wir haben früher alle teuren und reparaturanfälligen Teile mit Barcodes versehen, damit wir nachverfolgen können, wie oft ein Teil zur Reparatur kommt, wo es eingebaut wurde und wie die Garantieregelung aussieht“, sagt Nicole Letzgus aus der Organisation DV bei Homag. Doch die Strichcodes auf Papier erwiesen sich als ungeeignet, um etwa Verleimbehälter zu kennzeichnen. Sie sind im Betrieb starker Hitze ausgesetzt, und überschwappender Kleber verschmutzte immer wieder die Etiketten.

Homag hat 4000 RFID-Tags im Einsatz

4000 RFID-Tags wurden bislang in Homag-Teile verbaut. Ausgelesen werden sie mit Handheld-Computern. Die Daten, die so generiert werden, landen über die Dockingstation im ERP-System. Die Technologie ermöglicht eine schnelle Zuordnung der Geräte am Wareneingang und die Zuweisung des Reparaturlevels.

Mit den Funketiketten wird erfasst, welche Komponenten besonders anfällig sind. Weil sich die RFID-Tags auch mit Daten beschreiben lassen, kann Letzgus aber rund um die Eingangskontrollinfrastruktur noch weitere Anwendungen aufsetzen, etwa im Kundendienst. Jede Sägemaschine wird mit Dienstleistungen wie einer bestimmten Anzahl von Kettenreinigungen verkauft. Letzgus: „Wir sehen direkt beim Eingang, wie viele Reinigungen wir schon geleistet haben.“

Bei Wartung und Logistik ist es eine Frage der Zeit, bis RFID-Lösungen alte Erfassungssysteme ablösen. Funkchips ermöglichen es, Güter zu markieren, die dies bislang nicht zuließen, etwa weil ein Bauteil die direkte Sichtlinie zwischen Lesegeräte und Barcode versperrte oder Papieretiketten zu schnell zerstört wurden. Mobile Geräte müssen nicht besonders stark sein und sind daher kostengünstig. An handelsübliche Handhelds wird nur ein kleines Lesemodul montiert. Die Anwender können weiter mit ihrer Standardsoftware auf dem Gerät arbeiten. Ändern sich Prozesse, etwa bei der Anlieferung, ist ein Umzug kein Problem. Zudem bekommen Nutzer mobiler Geräte sofort das Ergebnis ihrer Messung auf einem Display angezeigt, während die Ergebnisse stationärer Leser unter Umständen nur auf einem entfernten Bildschirm sichtbar sind.

Die Zahl der RFID-Projekte mit mobilen Lesegeräten wächst beständig, wenn auch die Marktforscher bis lang diese Entwicklung ignorieren. Oft handelt es sich um unspektakuläre und einfache Anwendungen, die aber produktiv und zuverlässig funktionieren.

RFID für Wartung von Brandschutzklappen

„Viele IT-Kollegen sind erleichtert, wenn sie von uns hören, dass man auch ganz nüchterne RFID-Projekte aufsetzen kann“, sagt der CIO der Fraport AG, Roland Krieg. Unter seiner Regie nutzt die Betriebsgesellschaft des Frankfurter Flughafens mobile RFID-Leser zur Wartung von rund 22000 Brandschutzklappen. Das war bisher teuer und umständlich: Ein Vorarbeiter ermittelte mit Hilfe des SAP-Systems, welche Klappen gewartet werden mussten. Die Vorgaben druckte er für den Monteur aus, der die Arbeiten auf Papier vermerkte. Diese Daten mussten abends wieder in SAP eingetippt, das Papierdokument archiviert werden. Das Verfahren war aufwändig und fehlerträchtig. Krieg: „Bei 88000 Auftragsdatenblättern pro Jahr stellte sich irgendwann die Frage nach der sicheren Auffindbarkeit.“

Eine mobile Wartungsprozedur ohne Medienbrüche war das Ziel der Projektgruppe, die Krieg zusammen mit den Facility-Managern der Fraport ins Leben rief. Als Lieferant für die Lesegeräte wurde Psion beauftragt. Die Geräte sind klein, leicht zu bedienen, bieten eine große Anzeigefläche – und sie sind robust. „Eine Anforderung war, dass das Gerät eine Fallhöhe von 1,50 Metern überlebt“, sagt Krieg.

Günstig für den CIO war, dass SAP gerade einen Testkunden für die eigene Mobile-Asset-Management-Lösung suchte. Seit Juli 2003 überprüfen die Techniker nun auf Grundlage der gemeinsam
weiterentwickelten Software die Komponenten der Klappen. Sie dokumentieren mit individuellem Zeitstempel, der auf dem RFID-Tag gespeichert wird, dass die Wartung gemacht wurde. Für Krieg ist das Projekt wegen der gestiegenen Qualität und Sicherheit der Daten ein Erfolg.

Dennoch gehört er weiter eher zu den Skeptikern, wenn vom RFID-Hype die Rede ist. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass RFID wirtschaftlich Sinn macht, wenn die Technologie in andere gut funktionierende Systeme, wie bei uns SAP, integriert ist und dazu dient, umständliche manuelle Abläufe zu optimieren. Doch selbst dann ist der Integrationsaufwand erheblich.“ Zudem sei die Technik schnell veraltet. Plötzlich arbeiten die Nutzer mit verschiedenen Softwareversionen auf unterschiedlichen Endgeräten. „Dann wird schon ein Releasewechsel von SAP zur Herausforderung.“ Fraport setzt einige Dutzend Lesegeräte und 22000 Transponder ein. Das sei noch beherrschbar, meint Krieg.

Unternehmen wie Airbus oder Marks & Spencer denken bereits in anderen Dimensionen, wenn sie mobile Leser und RFID-Technologie koppeln. Die britische Handelskette nutzt 100 robuste Leser von Intellident, um in neun Filialen Bestände zu verfolgen. Schon jetzt zeigt sich, dass sie diese 220 Mal schneller als mit Barcode-Lesern erfassen können. Anfang 2006 sollen 53 Filialen mit Mobillesern arbeiten.

A380 überprüft Bauteile per Funk

Auch die komplette Innenausstattung für den Airbus A380 soll mit Hilfe berührungsloser Funktechnik und mobiler Leser montiert werden. Wenn in Hamburg vier Flugzeugrohlinge gleichzeitig bearbeitet werden, müssen unzählige Komponenten wie Flugzeugsitze, Beleuchtungsbauteile oder Rettungswesten dem richtigen Flieger zugeordnet werden. Alle Teile werden deshalb am Eingang der Montagehalle von RFID-Scannern erfasst und in SAP Auto-ID Infrastructure, eine für RFID-Daten entwickelte Middleware, abgelegt.

Mit mobilen RFID-Lesern wollen die Flugzeugbauer nicht nur in Kontrollgängen sicherstellen, dass alle Teile richtig verbaut wurden. Sie sollen zudem die Wartung der Maschinen vereinfachen. „Beispielsweise prüft jemand vor jedem Flug unter dem Sitz, ob die Schwimmwesten an Ort und Stelle sind“, sagt Jens Heitmann, Manager für die System- und Anlage-Standardisierung bei Airbus. „Wenn sie entsprechend ausgezeichnet sind, könnte jemand durch den Passagierraum gehen und scannen, ob sie an ihrem Platz sind.“

Angesichts der zunehmenden Beliebtheit mobiler RFID-Lösungen entdecken neben Handheld-Anbietern auch Mobiltelefonhersteller ihre Chancen. Nokia hat bereits ein Handy mit einem integrierten RFID-Lesegerät vorgestellt. Middleware von iAnywhere sorgt dafür, dass das Mobiltelefon dann mit Unternehmensanwendungen kommunizieren kann. Neben den Finnen gehören auch Philips und Sony zu den Pionieren in Sachen mobiles RFID.