McKinsey: Web 2.0 braucht Hingabe

Rückschläge bei Social Media

06.12.2011 von Werner Kurzlechner
Der Anteil der Web 2.0-Vorreiter ist zwar klein. Aber sie haben die besten Aussichten auf Wettbewerbsvorteile. Doch die meisten Firmen machen nur kleine Fortschritte.
Vorwärts in kleinen Schritten: die Anteile der Nutzer von gängigen Web 2.0-Tools laut McKinsey. Nicht eingerechnet sind Social Media-Abstinenzler.
Foto: McKinsey

Social Media-Technologien können die finanzielle Performance steigern und für neue Marktanteile sorgen. Jedenfalls dann, wenn sie in großem Umfang eingesetzt werden und Unternehmen sich auf Transformationsprozesse einlassen. Das geht aus der fünften Ausgabe einer Studienreihe von McKinsey hervor, für die 4200 Entscheider weltweit befragt wurden.

Mit dieser Quintessenz betonen die Berater allerdings merklich die glänzende Seite der Medaille. Denn die Studie zeigt zwar, dass es mit Social Media in Unternehmen in diesem Jahr wieder einen Schritt voran ging und es einer Reihe von Firmen immer besser gelingt, Honig aus ihrem Engagement zu saugen. Gleichwohl handelt es sich bei den Anwendern, die die Möglichkeiten von Web 2.0 in vollem Umfang ausschöpfen, offenbar immer noch um eine Avantgarde.

McKinsey unterteilt das Spektrum der engagierten Anwender hier in drei Gruppen:

Diese Gruppe sei relativ klein – vor allem im Vergleich mit den nur extern netzwerkenden Unternehmen, so McKinsey. Die Berater bezeichnen diese Social Media-Vorreiter als „Extended Enterprises, weil durch den massiven Einsatz von Web 2.0-Technologien die Unternehmensgrenzen allmählich verschwimmen.

Die Studie legt nahe, dass sich Firmen wirklich mit Haut und Haaren den sozialen Technologien verschreiben müssen, um wirklich Rahm abschöpfen zu können. Ob das gelingt, ist indes mitnichten garantiert. McKinsey beobachtet, dass zwar in Pionierbranchen wie der High-Tech- und Telekommunikationsindustrie über 80 Prozent der Firmen mittlerweile in irgendeiner gängigen Form Social Media-Tools einsetzen.

Unternehmen ziehen sich von Social Media wieder zurück

Jedoch habe sich im vergangenen Jahr eine Schar von Unternehmen von ambitionierteren Aktivitäten wieder zurückgezogen, weil sich durchschlagender Erfolg nicht einstellte. Kleiner sei der Anteil an Unternehmen, die die Anwendung der Technologien soweit perfektionierten, dass der Vernetzungsgrad weiter stieg.

„Die Verantwortlichen sagen, dass ihre Firmen soziale Technologien zur Steigerung ihrer Agilität und zum Management organisatorischer Komplexität einsetzen“, heißt es in der Studie. „Viele glauben an die Schaffung eines Kerns gänzlich neuer Geschäftsprozesse mit radikal verbesserter Performance, wenn keine organisatorischen Barrieren den Einsatz sozialer Technologien verhindern würden.“

Das klingt visionär und revolutionär. In der Praxis verläuft die Ausbreitung von Social Media offenbar schnöder und evolutionärer. In den Unternehmen, die Social Media nicht radikal verweigern, nimmt der Einsatz der einzelnen Elemente jährlich in kleinen Schritten zu. Social Networking betreiben mittlerweile 50 Prozent, Blogs 41 Prozent, Video-Sharing 38 Prozent und Microblogging 23 Prozent.

Weniger Erfolge bei Social Media

Bei den messbaren Vorteilen durch Einsatz sozialer Technologien gibt es durchaus Fortschritte. Genauso sind jedoch Rückschläge zu verzeichnen. So vermeldete die Hälfte der Anwender im vergangenen Jahr Erfolge bei der Kundenzufriedenheit; in diesem Jahr sind es nur noch 47 Prozent. Ähnlich sieht es bei der Senkung von Marketingkosten und – intern – beim beschleunigten Zugang zu Informationen für die Mitarbeiter aus. Durchweg voran ging es lediglich bei der Kommunikation mit anderen Unternehmen.

„Top-Entscheider sollten strategisch darüber nachdenken, wie soziale Technologien Geschäftsprozesse unterstützen können, indem sie Unternehmen beim Steuern in externe Gefilde helfen und die Verbindung mit Kunden und Zulieferern fester zurren“, rät McKinsey.

McKinsey: Nicht auf Erfolgen ausruhen

„Die Integration von sozialen Technologien in den Workflow und ihr Einsatz bei der Optimierung interner Prozesse wird zusätzliche Wettbewerbsvorteile mit sich bringen, wie die Studienergebnisse zeigen.“

Die Berater warnen zugleich die „Extended Enterprises“, die bislang erfolgreicher als andere agierten, davor, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Der Wettbewerb werde sich verschärfen, so McKinsey. Darüber hinaus sollten sich die Firmen für tiefgreifende Umbrüche rüsten. Das optimistische Fazit: Unternehmen seien durchaus dazu im Stande, Change-Prozesse aus sich heraus anzustoßen und zu meistern.

Die Analyse „How social technologies are extending the organization” des McKinsey Global Institute ist der Firmenzeitschrift McKinsey Quarterly erschienen.