Malteser Trägergesellschaft

Samstags gehört Papa der IT

30.09.2006 von Thomas Zeller
Einen „Rund um die Uhr“-Support bietet die IT in den wenigsten Krankenhäusern. Das ist bei der Malteser Trägergesellschaft (MTG) anders. Für diesen Service arbeiten die ITler dort länger bei weniger Geld – und kämpfen trotzdem mit unzufriedenen Anwendern.

Seit 2002 ist der CIO der MTG, Bernd Christoph Meisheit, auf einer Missionierungstour. Seine Botschaft ist jedoch nicht religiös motiviert, sondern enthält Schlagworte wie Industrialisierung und Prozessorientierung der IT. Nur unter diesen Vorzeichen konnte sein Bereich zur wichtigsten Stütze der aggressiven Expansionsstrategie des Krankenhausbetreibers werden. Durch Übernahmen in den vergangenen Jahren arbeiten mittlerweile 5.900 Angestellte an 30 Standorten für die MTG. Tendenz stark steigend.

Meisheits erste Aufgabe bestand darin, neben seinen eigenen Mitarbeitern auch die Anwender in den Kliniken zu überzeugen. Denn die waren nicht durchweg begeistert von der neuen Strategie. Die Verankerung von klinischen Abläufen in der IT führt zwar zu einer besseren Prozessorientierung. So können beispielsweise die Kosten pro Patient verursachergerecht zugeordnet werden.

IT schafft Mehraufwand

Der Haken an diesem Abrechnungsverfahren ist jedoch die wesentlich aufwändigere Leistungsdokumentation durch das medizinische Personal. Der ärztliche Direktor des Bonner Malteser-Krankenhauses, Hans Keller, ist mit den neuen Anforderungen nicht besonders glücklich. „Unsere Ärzte werden mit immer mehr nicht medizinischen Aufgaben überfrachtet. Ich musste sogar eine Arztstelle einsparen, um dafür eine Kodierkraft einzusetzen.“

Gegenwind spürte Meisheit vor vier Jahren auch aus dem IT-Bereich. Die radikale Neuausrichtung zur Prozessorientierung stellte auch das Personal vor veränderte Anforderungen. Statt Systemadministratoren wurden nun Medizininformatiker benötigt. „Wir brauchten ein Team, das in die Krankenhäuser geht, um dort neue Prozesse zu entwickeln“, beschreibt MTG-CIO Meisheit die damalige Situation. „Dafür mussten wir unsere Ressourcen bündeln.“

Zusammengelegte Ressourcen

Am Ende stand die Idee eines gemeinsames Rechenzentrums mit der zweiten deutschen Malteser-Gesellschaft, dem Malteser Hilfsdienst (MHD). So wurde 2004 mit der Konsolidierung der IT-Systeme im Bonner Rechenzentrum begonnen. Fast gleichzeitig begann die Umstellung des Unternehmensnetzwerkes auf Multi-Protocol-Label-Switching (MPLS)-Basis. Diese Technologie gewährleistet einen hochperformanten Datenverkehr zwischen allen angeschlossenen Einrichtungen und bietet die Möglichkeit, jederzeit weitere Krankenhäuser einzubinden.

Mittlerweile wurden 30 Standorte miteinander vernetzt. Die Administration des Unternehmensnetzes ging zu einem festen monatlichen Fixpreis vollständig an den Dienstleister Pironet NDH. Durch dieses Projekt sparen die Malteser (inkl. MHD und MTG) rund drei Millionen Euro an jährlichen IT-Kosten.

Mitarbeiter in der Pflicht

Allerdings muss Meisheit weiterhin bei seinen Anwendern für die neue Lösung werben. „Viele Krankenhäuser der MTG beklagen sich über die Anonymität und darüber, dass sie keine IT-Fachkraft mehr vor Ort haben.“ Das liege vor allem daran, dass viele Kliniken als kleine Fürstentümer geführt worden sind, meint Andreas Reidt von der Beratungsfirma Pro-Klinik. Durch die Zentralisierung der Services ist der Chefarzt dann aber auch nur noch eine Nummer auf der Warteliste.“ Das führt zu einer gefühlten Verschlechterung des Supports.

Dabei profitieren die einzelnen Krankenhäuser mit ihren Anwendern vom besseren Support an 365 Tagen rund um die Uhr. „Das gibt es bei den meisten anderen Häusern noch nicht“, sagt MTG-CIO Meisheit. Den Preis dafür zahlen die IT-Mitarbeiter der MTG. Sie waren bei dem Outsourcing-Projekt von Kündigungen bedroht. Mit einer 42-Stunden-Woche, 20 Prozent Gehaltsverzicht und der Einführung des Samstags als regulärem Arbeitstag konnten sie zumindest ihren Arbeitsplatz retten.