Kosten vervierfacht, Zeitrahmen gesprengt

SAP angeblich Mitschuld an Juwelier-Pleite

22.01.2009 von Frank Niemann und Christiane Pütter
Die US-Juwelierkette Shane Co. ist pleite und nennt Probleme mit dem Programm SAP for Retail als eine Ursache. Die Kosten für das Projekt waren mit acht bis zehn Millionen Euro veranschlagt worden und beliefen sich letztlich auf 36 Millionen.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt, wie der mittelständische Juwelier Shane bei einem SAP-Projekt feststellen musste.
Foto: Deutsche Bank

Der familiengeführte Juwelier Shane aus Colorado hatte sich 2005 für SAP for Retail entschieden, um neue Software für Kassen und Lager-Management einzuführen. Implementiert wurde die Applikation durch den SAP-Partner Ciber Novasoft in den USA.

Ursprünglich hatte CEO Tom Shane mit einem Budget von acht bis zehn Millionen Euro gerechnet. Die Software sollte innerhalb eines Jahres ausgerollt werden. Dann aber stiegen die Kosten auf 36 Millionen Euro und die Einführung nahm 32 Monate in Anspruch. Die Lösung ging erst im September 2007 in Betrieb, wie unsere Schwesterpublikation Computerwoche berichtet.

Der Mittelständler ist außerdem mit der Qualität unzufrieden. Nach Angaben von Shane lieferte die ERP-Software keine akkuraten Lagerdaten. Folglich wuchsen die Bestände, während die geforderte Ware nicht in den Regalen lag. Dies habe Kosten verursacht und den Absatz sowohl während der restlichen Monate des Jahres 2007 als auch den ersten neun Monaten des folgenden Jahres beeinträchtigt.

Das System arbeite zwar seit Ende 2008 stabil, so der Juwelier weiter, doch biete es noch immer nicht den gesamten Funktionsumfang, der vertraglich vereinbart wurde. Acht unabhängige Experten würden nun daran arbeiten, die Probleme zu beheben.

Allerdings ist Shane realistisch genug, den SAP-Flop nicht zur Hauptursache seiner Firmenpleite im Januar zu erklären. Schließlich sind die Handelsumsätze für Luxusgüter in den USA zurückgegangen. Im Jahr 2007 hatte die Handelskette 275 Millionen Dollar erwirtschaftet, die Einnahmen in 2008 dürften dagegen bei nur noch 207 bis 210 Millionen Dollar gelegen haben. Ein SAP-Sprecher in den USA teilte mit, man könne im Augenblick nichts zur Situation bei Shane sagen.

Branchenklatsch: SAP ist schon eine Herausforderung, aberCiber Novasoft ist auch schuld

Der Fall Shane Co. wird auf Seiten wie Bloomberg.com und ematters.wordpress.com heftig diskutiert. Angesichts der Wirtschaftsflaute solle der glücklose Juwelier die Pleite nicht auf die Software schieben, meinen die einen. Andere zeigen Verständnis für den Mittelständler - eine SAP-Einführung sei schon "eine Herausforderung". Wieder andere bringen die Verantwortung von Dienstleister Ciber Novasoft ins Spiel, der die Lösung implementiert hat.