CIO-Survey von Harvey Nash

Selbstbewusste IT-Führungskräfte

15.06.2012 von Andreas Schaffry
Die strategische Bedeutung von CIOS wächst und die IT-Budgets steigen. Allein der Anteil von Frauen in IT-Führungspositionen stagniert seit Jahren.
CIOs geben ihr Budget aktuell insbesondere für die Entwicklung mobiler Anwendungen aus.
Foto: Harvey Nash

Die Bedeutung von CIOs in Unternehmen nimmt zu. Sie haben inzwischen eine strategische Schlüsselrolle, denn die IT liefert für das Business einen nennenswerten Wertbeitrag. Davon sind 68 Prozent der CIOs überzeugt. Das gestiegene Ansehen von CIOs für den Unternehmenserfolg zeigt sich auch daran, dass diese immer häufiger direkt an den CEO berichten.

Hinzu kommt, dass 44 Prozent der IT-Verantwortlichen im Jahr 2012 über ein höheres IT-Budget verfügen als in den beiden Vorjahren - und zwar trotz der aktuellen Unsicherheiten in Bezug auf die makroökonomische wirtschaftliche Entwicklung.

CIOs im Top-Management angekommen

Das sind zwei Ergebnisse aus dem "CIO Survey 2012" der britischen Personalberatung Harvey Nash, der in Kooperation mit dem Rechenzentrumsbetreiber Telecity Group entstand. Demnach steigt die strategische Bedeutung von CIOs in dem Maße, in dem diese global für die IT-Aktivitäten im gesamten Unternehmen verantwortlich sind. 52 Prozent der befragten IT-Verantwortlichen (2010: 42 Prozent) sind aktuell dem operativen Top-Management zuzurechnen.

Die gestiegene Bedeutung schlägt sich aber auch in der Bezahlung nieder. Im Vergleich zum Vorjahr stieg das durchschnittliche Jahresgehalt eines CIO um 2,9 Prozent auf knapp 204.000 US-Dollar. Allerdings erwarten 61 Prozent, dass ihr Einkommen in diesem Jahr auf dem aktuellen Niveau "eingefroren" wird.

Der Studie zufolge gewinnen IT-Verantwortliche zunehmend wieder die Kontrolle über "ihr" IT-Budget. 2011 kontrollierten noch elf Prozent der Befragten den größten Teil der IT-Ausgaben nicht selbst. In diesem Jahr hat sich der Anteil auf sieben Prozent verringert. Da knapp die Hälfte der CIOs im Jahr 2012 über ein höheres Budget verfügt, können mehr neue IT-Projekte angestoßen und durchgeführt werden.

IT soll Business beim Geldverdienen helfen

Ein Grund für die steigenden IT-Ausgaben ist, dass Unternehmen die in Krisenjahren verfolgte Konsolidierung durch eine Wachstumsstrategie ersetzen. 56 Prozent gaben an, dass IT-Projekte inzwischen primär aufgesetzt werden, um die Geschäftsprozesse so zu verbessern, dass sich damit Geld verdienen lässt.

Peinlich: Weibliche IT-Führungskräfte muss man in Unternehmen noch mit der Lupe suchen.
Foto: Harvey Nash

Die Fachabteilungen und das Management fordern verstärkt leistungsfähige und innovative IT-Applikationen und -Werkzeuge, die die IT-Organisation schnell bereitstellen soll. Insbesondere die Nachfrage nach mobilen Anwendungen, Social-Media-Applikationen und Firmenblogs nimmt rasant zu. 58 Prozent der CIOs weltweit beschäftigen sich derzeit intensiv mit der Entwicklung mobiler Lösungen für Smartphones und Tablet-PCs wie Apples iPhone und iPad. 71 Prozent der CIOs (2011: 67 Prozent) sind davon überzeugt, dass ihre Firma die neuen IT- und digitalen Technologien adaptieren muss, denn andernfalls drohe der Verlust von Marktanteilen.

IT-Fertigungstiefe sinkt weiter

Auch die IT-Fertigungstiefe senken die IT-Chefs kontinuierlich. 46 Prozent der Studienteilnehmer wollen in diesem Jahr mehr Geld für das Outsourcing der IT ausgeben. Das sind zehn Prozent mehr als im Jahr 2010. Insbesondere Multi-Sourcing liegt bei der Beschaffung von IT-Leistungen im Trend. Setzten 2011 erst 39 Prozent der CIOs auf eine Mehr-Partner-Strategie, so sind es in diesem Jahr bereits 43 Prozent. Ausgelagert werden in erster Linie die Applikationsentwicklung und -wartung, der Rechenzentrumsbetrieb, die Netzwerke und die IT-Infrastruktur.

Rund die Hälfte der Umfrageteilnehmer sind davon überzeugt, dass ein Aderlass beim IT-Personal fatale Auswirkungen auf die IT-Organisation hat, denn diese könne nicht mehr mit der technologischen Entwicklung Schritt halten. Um solche Engpässe zu vermeiden, wollen zwei Drittel der CIOs mehr Frauen einstellen. Über die Hälfte erwartet, dass sich dadurch die Beziehungen zwischen der IT und dem Business verbessern und 46 Prozent einen positiven Effekte im Hinblick auf die Kreativität und Innovationsfähigkeit.

Ein eigenes Kapitel widmete die Studie deshalb auch dem Thema "Frauen in der IT". Auffallend ist, dass sich der Frauenanteil in IT-Führungspositionen in den letzten sieben Jahren gleich geblieben ist. Er liegt nach wie vor bei mickrigen sieben Prozent.

Mangel an Frauen in CIO-Position

Das zeigt ein Vergleich mit dem CIO-Survey aus dem Jahr 2005. Demnach ist die "Gender-Balance" im IT-Sektor immer noch ein Fremdwort, denn weibliche CIOs gibt es kaum. Darüber hinaus gibt es einen eklatanten Mangel an weiblichem Nachwuchs im Bereich der IT-Führungskräfte. Mehr als ein Drittel der befragten CIOs gaben an, dass es in ihrer IT-Organisation keine Frau in einer verantwortlichen IT- oder Management-Position gibt. 81 Prozent besetzen weniger als ein Viertel der Management-Rollen in der IT mit weiblichem Personal.

Auch der Beruf als Informatikerin scheint für weibliche Hochschulabsolventen wenig attraktiv zu sein. Rund ein Viertel der IT-Verantwortlichen beschäftigen bislang keine einzige Frau in ihren Entwicklungsteams. Um den wachsenden Bedarf nach qualifiziertem IT-Personal künftig decken zu können, müssen Frauen bereits frühzeitig für IT-Berufe begeistert werden, schlussfolgern die Studienautoren.

Für den aktuellen CIO-Survey, der 2012 zum 14-ten Mal erscheint, befragte Harvey Nash rund 2400 CIOs und Technologieführer aus Unternehmen aller Branchen in 20 Ländern. 60 Prozent der befragten IT-Leiter haben in ihrer Arbeit einen globalen oder multinationalen Fokus.