Interview der Woche

Service-orientierte Inhouse-Strategie

10.09.2007 von Stefan Holler
Bei Matthias Wiedekind, IT-Bereichsleiter bei Engelhard Arzneimittel, sieht den Service-Gedanken als eine tragende Säule der IT-Philosophie. Outsourcing von Dienstleistungen kommt für ihn dabei nicht in Frage.
Matthias Wiedekind, CIO bei der Engelhard Arzneimittel: "Wir sehen alle Unternehmensbereiche wie einen Kunden und behandeln sie auch so."

Herr Wiedekind, eines Ihrer derzeitigen Projekte ist die Einführung eines CRM Systems, für das Sie die SAP-Software implementieren werden. Welchen Beitrag kann die IT leisten, um den vielfältigen Ansprüchen von Apothekern, Ärzten, medizinischen Fachleuten und dem Großhandel gerecht zu werden?

Wir sehen es als vorrangige Aufgabe an, neben dem prozessorientierten Ansatz auch eine homogene Systemplattform mit mobiler Infrastruktur für unseren Außendienst bereit zu stellen. Ein CRM-System ist immer ein ganzheitlicher und prozessorientierter Unternehmensansatz und kein reines IT-Thema. Daher haben wir den Schwerpunkt dieser CRM-Projektphase um unseren Vertrieb bzw. unseren Außendienst aufgebaut.

Wie sind Sie vorgegangen?

Wir haben das Projekt in drei Phasen unterteilt. In der ersten Phase haben wir eine Prozess- und Anforderungsanalyse erstellt mit der Zielsetzung, alle unternehmensrelevanten Prozesse zu ermitteln, die in einem CRM-System künftig abgebildet werden sollen. Die Ergebnisse wurden in einem Lastenheft dokumentiert. Organisatorisch haben wir hierfür drei Teams mit unterschiedlichen Schwerpunkten gebildet. Für die Analyse der Kundenaktivitäten, die CRM-relevanten Prozesse aus Marketing und Forschung und das Thema Vertriebs-Controlling. In der zweiten Phase ging es um den Auswahlprozess eines geeigneten Systems. Die dritte ist die Realisierungsphase. Dafür haben wir ein viertes Team etabliert, das Basisteam für alle IT-technischen Aufgaben.

Sie sind seit knapp sieben Jahren IT-Leiter bei Engelhard Arzneimittel. Wenn Sie die damalige Situation mit heute vergleichen: Was hat sich geändert?

Als ich Ende 2000 ins Unternehmen kam, fand ich eine heterogene Systemlandschaft, eine unzureichende IT-Infrastruktur sowie ein ERP-System vor, welches hauptsächlich von eigen entwickelten Komponenten betrieben wurde. Aus IT-Sicht existierten keine durchgängigen Prozessketten, da diverse Anwendungen als Insel-Systeme geführt wurden. Daher war der erste Ansatz, eine einheitliche IT-Infrastruktur im Hard- und Software-Bereich zu schaffen. Auf Basis dieser Struktur haben wir im Rahmen eines Großprojekts ein ERP-System auf SAP-Basis eingeführt. Weiterhin haben wir ein hohes Augenmerk auf die Einführung und Entwicklung von Sicherheitsrichtlinien und Standards gelegt. Auf Basis dieser IT-Strategien und Standards haben wir auch unseren Außendienst technologisch angebunden.

In vielen Unternehmen ist es mit dem Ruf der IT ja nicht immer zum Besten bestellt. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Als ich bei Engelhard angefangen habe, war das Image der IT im Hause eher schlecht. Das wollten wir ändern. Der Ansatz des IT-Bereichs im Unternehmen ist daher eine Service-orientierte Betrachtungsweise. Das heißt: Wir sehen alle Unternehmensbereiche wie einen Kunden und behandeln sie auch so. So lassen sich deren Anforderungen an sich verändernde Geschäftsprozesse gut berücksichtigen. Das hat letztlich dazu geführt, das Image erheblich zu verbessern.

Sie engagieren sich derzeit im Wissensnetzwerk für Pharma-IT, einer Veranstaltungsreihe, die der SAP-Anbieter Cormeta initiiert hat. Dort tauschen Sie sich mit Kollegen anderer mittelständischer Pharmafirmen aus. Was konnten Sie bisher an Erfahrungen sammeln?

Ich finde dieses Wissensnetzwerk vor allem deshalb nützlich, weil man sieht, mit welchen Problemen sich andere Unternehmen auseinander setzen müssen und wie sie vorgehen. Zudem profitieren wir durch den Erfahrungsaustausch voneinander, weil er die Chance bietet, die eigene Position hinsichtlich IT zu bestimmen. Für uns ist es wichtig zu sehen, wie andere Unternehmen etwa beim Release-Management und bei Upgrade-Projekten vorgehen, welche Probleme dabei auftreten und wie diese gelöst werden.

Ein weiteres Thema ist etwa der Umgang mit der Computervalidierung: Wie gehen andere Firmen mit dem Thema um? Wie etablieren und integrieren sie Validierungsprozesse gemäß den Vorgaben in der regulierten Prozessindustrie? Beim Thema CRM sind gerade mittelständische Pharmaunternehmen besonders gefordert, weil diese Systeme exakt an den Prozessbedürfnissen orientiert sind und mit Leben gefüllt werden müssen. In einem solchen Netzwerk kann man sich den Problemen anderer annehmen und seine eigenen Probleme positionieren und Lösungen erörtern.

Welche Rolle spielt das Thema Outsourcing in Ihrem Unternehmen?

Alle Systeme und Anwendungen werden als Inhouse-Systeme geführt. Outsourcing ist nicht Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Das einzige System, was wir derzeit noch hosten, ist unsere Webseite.

Inwiefern ist das Thema Funketiketten für die Pharmabranche von Bedeutung?

RFID ist in Bezug auf die Pharmaindustrie vor allem bei der Arzneimittelsicherheit ein wichtiges Thema. In der Praxis wird sich erweisen, ob man damit alle Möglichkeiten einer Fälschung und Produktpiraterie ausschließen und ob man damit alle Aspekte, die auch gesetzlich pharma-relevant sind, etwa für die Chargen- und Transportrückverfolgung berücksichtigen kann. Bei uns steht RFID derzeit noch nicht auf der Tagesordnung.