Fusion Deutsche Bank und Norisbank

Sicherheiten gibt es genug!

26.01.2007 von Andreas Schmitz
Die Norisbank gibt das Filialgeschäft an die Deutsche Bank ab und nennt sich ab sofort Teambank. Risiken will IT-Chef Willy Düster selbst bei schärfstem Nachdenken nicht entdecken.

Willy Düster zeigt demonstrativ Gelassenheit: Am 2. November startete der Leiter Informationstechnologie bei der Nürnberger Norisbank die Migration der Kundendaten aus dem Filialgeschäft in Richtung Deutsche Bank. Die Frankfurter Großbank kauft das Filialgeschäft des Mittelständlers und stärkt damit die Nähe zum Kunden. Der Norisbank bleibt nur noch das Geschäft mit ihrem Produkt Easy Credit, das die Nürnberger nicht einmal mehr unter ihrem Firmennamen weiterführen können. Denn die Norisbank geht mitsamt dem Namen nach Frankfurt. Das klassische Filialgeschäft hat die Norisbank, so bemerkt Düster, sowieso seit einiger Zeit als interne Bedrohung angesehen – und nicht weiter beworben.

Die Abwicklung bereitet IT-Chef Düster kein Kopfzerbrechen: Die Übergabe der hochsensiblen Kundendaten sei ja nun wirklich nichts Neues – und Gefahrenquellen gebe es auch keine, bemerkt der Reserveoffizier der Bundeswehr, der schon die Norisbank-Fusion mit der Hypo-Service-Bank 1999 und der DZ Bank 2003 mitgemacht hat und nun die Datenbewegungen verantwortet. „Fleißarbeit“ nennt der gelernte Luft- und Raumfahrtingenieur den Übergang schlicht. Der Rest, das Easy Credit genannte Geschäft, läuft ab sofort unter dem Namen Teambank.

Fusions-IT bringt Deal zustande

Die Unterschrift unter den Deal leisteten die Repräsentanten der Deutschen Bank und der Norisbank am 4. August nach einer Nachtschicht um 10 Uhr morgens. Dann war der Prozess der Due Diligence endgültig abgeschlossen. Im Expertengespräch einigten sich die mit 18 Juristen, Softwareexperten und Technikern angereisten Banker auf die Bedingungen für die Übernahme.

Mitentscheidend für den Deal mit der Deutschen Bank war, dass die Norisbank bereits vor knapp zehn Jahren die Prämisse „Ausnutzung der Synergien innerhalb des Konzerns unter der Maßgabe fusionsgeeigneter Selbstständigkeit in den Kernkompetenzen“ aufstellte. Offene, modulare Systeme, logische Funktionsblöcke, Komplexitätsreduktion und laufende Standardisierungen gehören seitdem zum alltäglichen Sprachgebrauch der etwa 50 internen und 120 externen IT-Mitarbeiter. Zudem ist Düster Outsouring sehr wichtig: Von den internen Mitarbeitern arbeiten 15 in der Entwicklung für Easy Credit, die anderen sind an den Schnittstellen unterwegs oder im Controlling für die Überprüfung der zahlreichen Partner zuständig, die etwa das Rechenzentrum betreiben oder die Personalverwaltung oder Gehaltsabrechnung auf SAP-Basis betreuen. Diese Herangehensweise vereinfacht den Übertritt oder die
Verschmelzung mit Partnern.

460 Millionen Euro flossen von Frankfurt nach Nürnberg. Bis zum 31. Juli 2007 sollen die bisherigen Norisbanker die physische Migration abgeschlossen haben, die Daten aus dem System Cordoba auf die Deutsche-Bank-Systeme gespielt worden sein. Die Mitarbeiter leiht die Bank für die Zeit an die Deutsche Bank aus. Dann werden die derzeit 98 Filialen unter dem Mantel der Frankfurter Großbanker betrieben. Und die ursprüngliche Norisbank wagt als Teambank den Neuanfang. Nach der Migration beginnt Düster damit, sich um sein Kerngeschäft Easy Credit zu kümmern – und auf SAP umzupolen. In einer Glasvitrine im Eingangsbereich der Bank steht die Vision, die die Bank umtreibt, die Vorstand Dieter Thormälen im Geschäftsbericht als Kreditfabrik herausstellt: ein Matchbox-Ferrari in der oberen Etage, jede Menge Goldmünzen in der mittleren und ein Sicherheitsgurt in der unteren Etage. Materielle Werte mit Sicherheiten – das will der Kreditgeber fast jedem ermöglichen.

Die Nürnberger kennt der Kunde etwa durch Kredite von 1000 bis 75 000 Euro, die sich dadurch auszeichnen, schnell zu haben zu sein. Auf einem der neuen Werbeplakate hält ein Dandy-Typ mit Sonnenbrille und gelbem Hemd ein Segelbootmodell im Arm. Daneben steht: „Das kann ich auch.“ Auf einem anderen ist ein gerade 20-jähriger Mann zu sehen, der einen Sicherheitsgurt umgelegt hat. Daneben steht: „Der erste Kredit mit Sicherheitsgurt. Beim Kredit sollten Sie auf Nummer sicher gehen.“ Und wenn das noch nicht genug Argumente sind, bringt es zuletzt der Button: „Zuschlagen, bevor die Mehrwertsteuereröhung kommt“.

Den Ablauf des Kreditentscheidungssystems hat sich Düster mit ausgedacht. So berechnet die Bank nach einem Scoringmodell die Kreditwürdigkeit des Antragstellers – durch das Verkaufs- und das Verhaltens-Scoring. Ins Verkaufs-Scoring laufen kundenbezogene Daten ein, die Verschuldung und Schufa-Mitteilungen, das Verhaltens-Scoring betrachtet das bisherige Zahlungsverhalten und zählt die Mahnstufen. Daraus klassifiziert die Bank jeden Kunden auf einer Masterskala, die Bonitätsklassen von 1 bis 15 berücksichtigt. Dieser quasi industrielle Ablauf besteht aus einzelnen nacheinander ablaufenden Prozessen, weshalb Düster von einer Kreditfabrik spricht, in der das maßgeschneiderte Produkt, ein Kredit, schließlich fertig herauskommt.

Fast jeder Vertriebler will bleiben

Dieses Easy-Credit-Geschäft wird die Bank künftig ausschließlich betreiben – und das Filialgeschäft möglichst schnell vergessen machen. Mit riesigen Wachstumsraten, wie Düster bekräftigt: „Sie lesen es ja fortlaufend in der Zeitung.“ Im Geschäftsbericht steht es Schwarz auf Weiß: Von knapp 1,4 auf über 1,9 Milliarden Euro hat sich die Bilanzsumme für das Easy-Credit-Geschäft von 2004 auf das letzte Geschäftsjahr erhöht, der Jahresüberschuss stieg insgesamt von 468 auf 634 Millionen Euro. Ob diese Zahlen jene etwa 550 Mitarbeiter zufriedenstellen, die nach der Migration zu ihrem Arbeitgeber zurückkehren? An Zuversicht fehlt es Düster nicht: Knapp die Hälfte der über 1100 Mitarbeiter haben in den klassischen Filialen gearbeitet, und viele werden die Übergabe an die Deutsche Bank mit begleiten, doch haben 90 Prozent der Vertriebsmitarbeiter dem Übertritt ins Frankfurter Bankhaus widersprochen. Also sollen – nachdem mit den Filialen ein Drittel des Geschäfts an die Deutsche Bank gegangen ist – auch 90 Prozent der vorherigen Filialmitarbeiter bei der Teambank angestellt sein. Für Düster ein Vertrauensbeweis. Ein Teil der Filialmitarbeiter sowie Infrastruktursysteme stellt Düster der Deutschen Bank für die Überführung der Kunden zur Verfügung. Die Frankfurter schicken ihrerseits Mitarbeiter in die Filialen, um die Migration auf ihre Systeme vorzubereiten.

Zu dem neuen Konzept, auf das die Nürnberger Teambank setzt, gehören unter anderem Filialen, in denen eben nicht das übliche Filialgeschäft, sondern ausschließlich das Kreditgeschäft abgewickelt werden soll – nebst Vor-Ort-Beratung. Und zwar in den Easy-Credit-Markenshops, von denen bis Ende nächsten Jahres etwa 120 entstanden sein sollen. Damit tritt die Teambank dann in Konkurrenz zum Kreditbankgeschäft der Deutsche-Bank-Filialen. Und dann behält Düster wirklich Recht mit der Prognose, dass die Norisbank-Filialen das Easy-Credit-Geschäft behindern. Jetzt allerdings nicht mehr intern, sondern im ganz normalen Wettbewerb. Ganz ohne Sicherheitsgurt.