Das ist (nicht) erlaubt

Smartphone, Smartwatch & Co. im Auto

21.05.2015 von Jürgen Mauerer
Viele Autofahrer nutzen während der Fahrt ihr Smartphone oder andere Kommunikationsmittel. Durch die Ablenkung beim Telefonieren, SMS-Schreiben oder Lesen des neuesten Facebook-Eintrags steigt jedoch das Unfallrisiko. Inwieweit sind Smartphone & Co. im Auto erlaubt?
  • 35 Prozent nutzen während der Fahrt Social-Media-Seiten wie Facebook oder Twitter.
  • Theoretisch dürfen Smartwatches ohne SIM-Karte genutzt werden. Allerdings ist die rechtliche Lage unklar.
  • Steht der Motor durch die Start-/Stop-Automatik still, gilt das Handyverbot am Steuer laut § 23 Abs. 1a StVO nicht.

Das Schreiben einer SMS während des Fahrens kann tödlich sein. Das zeigt ein drastisches Video (siehe nachfolgend) der britischen Polizei aus dem Jahr 2009. Eine junge Fahrerin verfasst darin am Steuer eine SMS, wird unaufmerksam, gerät auf die Gegenfahrbahn und verursacht einen Unfall, bei dem vier Menschen ums Leben kommen. Zugegeben, dieses Beispiel ist extrem. Es spiegelt aber realistisch die Gefahren wider, die durch die Nutzung mobiler Geräte im Auto entstehen können.

Verschiedene Studien belegen, dass die Ablenkung durch Smartphones und andere mobile Geräte beim Autofahren eine kritische Größe erreicht hat. Das Allianz Zentrum für Technik (AZT) Automotive GmbH zeigte bereits 2011 in einer Studie, dass 30 Prozent der deutschen Autofahrer am Steuer E-Mails oder SMS lesen und 20 Prozent entsprechende Nachrichten schreiben.

2014 beauftragte der Autobauer Ford eine Umfrage zum Thema "Ablenkung im Straßenverkehr". Ihr zufolge machen 28 Prozent der deutschen Autofahrer zwischen 18 und 24 Jahren während der Fahrt ein Selfie von sich, sogar 35 Prozent nutzen Social-Media-Seiten wie Facebook oder Twitter. Rund 20 Sekunden nehmen die Autofahrer laut Ford dafür den Blick von der Straße, beim Selfie sind es 14 Sekunden. Durch die Ablenkung übersieht man schnell ein Verkehrszeichen, eine rote Ampel oder ein vorausfahrendes Fahrzeug.

Firmenauto des Jahres 2015
"Firmenauto des Jahres 2015"
Die Fachzeitschrift "Firmenauto" und die Dekra haben gemeinsam die besten Dienstwagen des Jahres 2015 in elf Kategorien gekürt. Wir zeigen Ihnen die Gewinner.
Minicars
Sieg für Hyundai bei den Kleinstwagen. Der i10 1.2 ist das "Firmenauto des Jahres" bei den Minis. Das 87 PS starke Vehikel gibt´s schon für moderate 12.200 Euro.
Kleinwagen
Der Sieger in der Kategorie Kleinwagen heißt BMW i3. Der Elektroflitzer mit Range Extender leistet 170 PS und kostet knapp 40.000 Euro.
Kompaktklasse
Der BMW 1er holt sich in der Kompaktklasse den Titel "Firmenauto des Jahres". Der BMW 118d kostet im günstigsten Fall etwas mehr als 28.000 Euro, soll dafür aber mit einem Normverbrauch von nur vier Litern punkten.
Kompaktklasse Import
Unter den Importfahrzeugen in der Kompaktklasse wurde der Seat Leon ST 2.0 TDI zum "Firmenauto des Jahres" gekürt. Der 150 PS starke Diesel-Kompaktkombi ist ab circa 26.000 Euro zu haben.
Mittelklasse
Mit dem Plug-In-Hybrid-Modell Mercedes C 350 e T-Modell sichert sich die Daimler AG in der Mittelklasse den Titel "Firmenauto des Jahres 2015". Der fast 300 PS starke Kombi kostet mindestens 52.600 Euro.
Mittelklasse Import
Der Mazda 6 Kombi Skyactiv-D 175 i-Eloop AWD leidet zwar unter einer leicht kryptischen Bezeichnung, kann aber dennoch bei den Testern punkten. Der Lademeister aus Japan ist das Import-"Firmenauto des Jahres 2015" in der Mittelklasse. Interessenten müssen mindestens 25.000 Euro auf der hohen Kante haben.
Obere Mittelklasse
Überraschung in der Oberen Mittelklasse: In dieser Kategorie gewinnt der Maserati Ghibli 3.0 Diesel. Das ist nicht nur überraschend weil es sich um einen Italiener handelt, sondern auch weil dieser - immer noch untypisch für die Traditionsmarke mit dem Dreizack - einen 275 PS starken Diesel unter der Haube hat. Kostenpunkt: 65.380 Euro.
Oberklasse
Weniger überraschend ist der Sieg der Mercedes S-Klasse in der Kategorie Oberklasse. Allerdings handelt es sich dabei um die 245 PS starke Plug-In-Hybrid-Version. Wer einen S500 Plug-In-Hybrid sein Eigen nennen möchte, muss circa 109.000 Euro nach Stuttgart überweisen.
Kleine SUV
Opel stellt mit dem Mokka 1.4 Turbo das Firmenauto des Jahres im Segment der Mini-SUV. Leistungstechnisch belässt es der Rüsselsheimer bei 140 PS - dafür werden beim Opel-Händler aber im günstigsten Fall auch nur rund 22.700 Euro fällig.
Kleine SUV Import
Auch das Top-Import-Modell in der Klasse der kleinen SUVs kommt von Mazda. Dabei ist der CX-3 Skyactiv-D 105 noch nicht einmal auf dem Markt. Ab Juni 2015 ist der Mini-SUV in Deutschland erhältlich.
Kompakte SUV
Bei den Kompakt-SUV räumt Porsche ab. Der kleinere Cayenne-Bruder Macan ist das Firmenauto des Jahres 2015 im Kompakt-SUV-Segment. Der Macan S Diesel stemmt 258 PS auf die Kurbelwelle und erleichtert den Geldbeutel um rund 59.000 Euro.
Kompakte SUV Import
Bester Import-Dienstwagen unter den Kompakt-SUVs darf sich der Volvo XC60 D4 nennen. Die Schweden bieten den XC60 zu Preisen ab 35.650 Euro an.
Große SUV
Bei den großen Sports Utility Vehicles kann sich Volvo mit dem frisch modernisierten XC90 den Sieg sichern. Der Volvo XC90 mit einem 225 PS starken Fünfzylinder-Diesel und Allradantrieb kostet rund 60.000 Euro.
Kleine und kompakte Vans
Der dritte Sieger von Mercedes bei der Wahl zum Firmenwagen des Jahres: die B-Klasse Electric Drive. Das Elektroauto kostet knapp 40.000 Euro und leistet 179 PS.
Maxivans
Seat stellt mit dem Alhambra den Sieger bei den Maxivans. Der Zweiliter-Diesel stellt 150 PS zur Verfügung - dafür will die spanische VW-Tochter 34.700 Euro sehen.

Unfallrisiko steigt durch Ablenkung

"Je mehr moderne Technik der Autofahrer nutzt, umso mehr Einzelblicke gehen vom Fahrgeschehen weg. Damit steigt auch das Unfallrisiko", sagt der Verkehrspsychologe Dr. Jörg Kubitzki vom Allianz Zentrum für Technik - Sicherheitsforschung. "Selbst das rechtlich erlaubte Telefonieren per Freisprecheinrichtung lenkt mental ab, weil der Fahrer beim Telefonieren seinen Blick auf die Fahrbahnmitte fixiert und periphere Ereignisse vernachlässigt."

Durch diesen "Frozen-Eye-Effekt" verlängere sich die Reaktionszeit im Schnitt um eine halbe Sekunde, so Kubitzki. Kritisch sieht er auch moderne Smartwatches. "Rein ergonomisch ist eine intelligente Uhr am Handgelenk sehr ungünstig, da der Blick des Autofahrers stärker von der Fahrbahn abgelenkt wird als etwa bei einem Head-Up-Display."

Neues IT-Zeitalter in Fahrzeugen
Toyota Fun Vii Concept Car
Der Toyota Fun-Vii zeigte bereits auf der Tokio Motorshow 2011, wie zukünftig Fahrzeuge, Menschen und Gesellschaft verbunden werden können.
Tesla mit Display als Bedienzentrale
Das Elektrofahrzeug Tesla Model S nutzt einen großen 17-Zoll-Touchscreen als Kommandozentrale.
Virtuelle Instrumente
Immer mehr Hersteller nutzen Displays anstatt klassischer Instrumente. Im Bild sehen Sie den neuen Jaguar XF.
Steuerung per Smartwatch
Hersteller wie BMW binden auch moderne Wearables für die Steuerung von Fahrzeug-Funktionen ein.
Apple Watch zeigt Fahrzeugstatus
Auch die neue Apple Watch wird künftig verstärkt in die Fahrzeug-IT eingebunden.

Allerdings gibt es für Deutschland noch keine validen Daten darüber, wie häufig Unfälle auf die Nutzung moderner Kommunikationsmittel zurückgehen. Der einfache Grund: Es ist schwer zu beweisen. "Wenn sie keinen Zeugen haben oder im Unfall-Auto kein Handy mit angefangener SMS finden, bleibt eine Lücke", erklärt Polizeirat Marcus da Gloria Martins, Leiter der Verkehrspolizeiinspektion Unfallaufnahme in München. Daher wertet die Polizei in Einzelfällen bei besonders gravierenden Unfällen etwa mit Todesfolge das mobile Gerät forensisch aus, bei denen sie die Smartphone-Nutzung als Ursache vermutet - aber nur mit richterlichem Beschluss.

"Wir prüfen beispielsweise die Log-Files, checken die letzten Aktionen und untersuchen, wann der Sperr-Bildschirm zuletzt aufgehoben wurde. Dadurch finden wir Anhaltspunkte über die Ablenkung durch das Smartphone. Wegen des hohen Aufwands ist dies aber nur bei sehr schweren Unfällen der Fall", so da Gloria Martins.

Hellhörig wird die Polizei beispielsweise bei Szenarien wie "Ein weithin gut erkennbarer Fußgänger wird tagsüber auf offener Straße bei Helligkeit umgefahren, es sind keine Ausweich- oder Bremsspuren sichtbar" oder "Auto kommt ohne erkennbare Ursache in langgezogener Kurve von der Fahrbahn ab". "Hier ist nach unserer Bewertung immer häufiger ein Smartphone im Spiel", erklärt der Polizeirat. "Denn in dem Moment, in dem sie während des Fahrens ein Smartphone bedienen, sei es zum Schreiben einer SMS oder zum Lesen eines Facebook-Eintrags, fallen Sie als handlungsfähiger Verkehrsteilnehmer völlig aus. Das ist in etwa so, als ob Sie sich dazu entscheiden mit einer angelegten Augenbinde durch die Stadt zu fahren. Leider mangelt es den meisten Autofahrern hier völlig an Risikobewusstsein."

Polizei und Verkehrspsychologen sind sich einig: Smartphones und andere mobile Geräte lenken den Fahrer ab und gefährden die Sicherheit im Straßenverkehr. Was aber sagt der Gesetzgeber?

Smartphone in der Hand ist verboten

Maßgebend ist § 23 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung (StVO). Demzufolge darf ein Fahrer das Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, "wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss". Telefonieren mit Freisprecheinrichtung ist damit während der Fahrt erlaubt. Das Handyverbot gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist. Der Gesetzgeber sanktioniert Verstöße mit 60 Euro Bußgeld und einem Punkt in Flensburg. Allein in München wurden letztes Jahr 62.000 Autofahrer während der Fahrt mit Mobiltelefon am Ohr ertappt; die Dunkelziffer ist deutlich höher.

"Autofahrer dürfen ihr Handy oder Smartphone während der Fahrt nicht in den Händen halten. Sie dürfen es auch nicht aufnehmen um zu sehen, wer gerade angerufen hat. Steckt das Gerät in einer Halterung, darf man rein rechtlich gesehen auf die Tasten oder das Display drücken, selbst wenn man faktisch dadurch abgelenkt wird", erläutert Roman Langer, Fachanwalt für Verkehrsrecht und ADAC-Vertragsanwalt in München.

Dabei gilt ein Analogieverbot: Die Regelung bezieht sich nicht auf Funkgeräte, Tablets ohne SIM-Modul oder Geräte wie den iPod Nano, da sie kein Mobiltelefon darstellen. Das heißt: Der Autofahrer dürfte sie in die Hand nehmen, ohne rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen; es sei denn die Polizei kann nachweisen, dass der Fahrer dadurch abgelenkt wurde. Denn laut § 23 Abs. 1 StVO darf der Autofahrer "in Sicht und Gehör nicht […] durch Geräte […] beeinträchtigt werden". Doch wie bereits beschrieben, ist dies nur sehr schwer nachzuweisen.

Smartwatch - die Lage ist unklar

Und was ist mit Smartwatches? Bislang gibt es noch keine Gerichtsentscheidung zu diesem Thema. Fachanwalt Roman Langer differenziert hier zwischen Smartwatches mit integrierter SIM-Karte (Beispiel Android Gear S) oder ohne eigene SIM-Karte (Apple Watch). "Eine Smartwatch mit SIM-Karte stellt im Prinzip ein Mobiltelefon dar.

Sofern der Fahrer es nicht in der Hand hält, sondern am Arm trägt, dürfte die Nutzung rechtlich erlaubt sein, es sei denn der Fahrer muss die Uhr beim Telefonieren zu nah an sein Gesicht führen und wäre dadurch in seiner Sicht beeinträchtigt." Smartwatches ohne SIM-Karte sieht er lediglich als Erweiterung zum Smartphone - und daher wegen des Analogieverbots als legal an. Die potenzielle Gefährdung der Verkehrssicherheit stehe aber auf einem anderen Blatt.

CES: BMW parkt per Smartwatch
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"Harry fahr den Wagen vor" - der alte Spruch aus Derrick-Krimis hat ausgedient. Künftig wird das Auto per Smartwatch gerufen.
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Ebenso wird per Smartwatch geparkt. Per Sprachbefehl begibt sich das Auto auf Standplatzsuche.
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Vier Laserscanner erfassen den kompletten Bereich rund um das Forschungsfahrzeug und erstellen ein exaktes Umgebungsbild.
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Diese Informationen verknüpft der vollautomatisierte Remote Valet Parking Assistant mit dem digitalen Lageplan eines Parkhauses.
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Auf Basis dieser Daten fährt der BMW i3 selbstständig zu einer freien Stellfläche und stellt sich dort ab.

Der rasante technische Fortschritt führt oft zu rechtlichen Unklarheiten oder Grauzonen, da die Mühlen des Gesetzgebers langsamer mahlen. Ein weiteres Beispiel neben der Smartwatch ist die Start/Stopp-Automatik moderner Autos, bei der sich der Motor automatisch abschaltet, wenn das Auto beispielsweise an einer roten Ampel hält. "Steht der Motor still, gilt das Handyverbot laut § 23 Abs. 1a StVO nicht", erklärt Rechtsanwalt Roman Langer. Der Fahrer dürfte in dieser Zeit mit dem Smartphone in der Hand SMS oder WhatsApp-Nachrichten lesen oder schreiben, Telefonieren oder Videos drehen.

Schaltet die Ampel auf Grün und startet der Motor nach Betätigen des Gaspedals automatisch, muss der Autofahrer zuvor sein Gerät aus der Hand legen, um keine Geldbuße zu bekommen. Um einen solchen Fall zur Anzeige zu bringen, muss die Polizei zweifelsfrei nachweisen, dass das Fahrzeug in Bewegung war oder bei stehendem Fahrzeug der Motor lief.

Gesetz dem technischen Fortschritt anpassen

Es besteht also Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag 2015 in Goslar appellierte der Arbeitskreis "Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken", den im Hinblick auf die technische Entwicklung nicht mehr zeitgemäßen § 23 StVO neu zu fassen.

Dr. Jörg Kubitzki vom Allianz Zentrum für Technik war Mitglied des Arbeitskreises. "Die neue Regelung darf sich nicht mehr auf das verbotene Halten und Aufnehmen von Mobil- oder Autotelefonen beschränken, sondern sollte an die visuelle, manuelle, akustische und mentale Ablenkung des Fahrers anknüpfen. Die jeweils genutzte Technik ist zweitrangig. Mit der Neufassung des Ablenkungsverbots hoffen wir, Verstöße künftig besser nachweisen zu können", so Kubitzki. Zudem schlägt der Arbeitskreis eine gestaffelte Erhöhung der Geldbuße bei einer Gefährdung und Schädigung vor.

Fazit

Ein aktualisiertes Gesetz rund um den Einsatz moderner Kommunikationsmittel im Auto verhindert keine Unfälle. Entscheidend sind die Autofahrer selbst. Sie müssen ein Bewusstsein für die Risiken beim Telefonieren, Lesen und Schreiben von SMS, Social Media-Aktivitäten etc. während des Fahrens entwickeln. Denn zu große Ablenkung durch Nutzung mobiler Geräte ist kontraproduktiv für die Fahrsicherheit. (cvi)