Nur Showrooming statt kaufen

Smartphones zerstören das Geschäft

29.06.2012 von Hartmut  Wiehr
Viele Handy-Nutzer kommen nur noch an Läden vorbei, um Produkte anzuschauen und Preise online zu vergleichen. Gekauft wird im günstigsten Web-Shop.
Die Retail-Analystin Sucharita Mulpuru geht davon aus, dass sich Showrooming immer mehr verbreiten wird.
Foto: Forrester

Zum Ärger einer wachsenden Schar von Händlern nutzen Smartphone-Besitzer ihre Läden nur noch als Startpunkt für einen vorab geplanten Kauf bei der Online-Konkurrenz. Haben sie sich erst einmal informiert, kaufen viele sofort per Smartphone, solange sie noch im Laden stehen. Von diesem Trend berichten immer mehr Marktbeobachter wie Forrester und andere Institute.

Sogar einen eigenen Begriff für dieses Verhalten gibt es bereits: "Showrooming". Die potenziellen Kunden denken gar nicht daran, in diesem reinen Produktschaufenster zu einem Kaufabschluss zu kommen. Sie sind schon abgewandert, bevor sie den Laden überhaupt betreten haben.

Denn sie wissen, irgendwo im Internet wird es die gleiche Ware zum niedrigeren Preis geben. Online-Händler können, so die Forrester-Analystin Sucharita Mulpuru, günstiger kalkulieren, da sie weniger Verkaufspersonal benötigen und bei Lagerhaltung und Logistik große Einsparpotenziale besitzen. Mit IT-Einsatz lassen sich viele Prozessschritte von der Bestellung bis zur Auslieferung automatisieren.

Amazon nimmt Umsatzeinbußen in Kauf

Zusätzlich sind große Internet-Händler ab einer gewissen Umsatzstufe in der Lage, mit den Herstellern eigens auf sie abgestimmte Einkaufspreise auszuhandeln. Manche Retailer wie Amazon nehmen für eine bestimmte Zeit sogar Umsatzeinbußen in Kauf, wenn sie regelmäßig die Konkurrenz unterbieten, um den eigenen Marktanteil zu erhöhen.

Laut Analystin Sucharita Mulpuru findet sich Showrooming bisher vor allem bei Produkten wie Haushaltswaren oder Consumer Electronics. Doch sei keine Produktkategorie immun gegen ein solches Verhalten, da das Angebot im Internet ständig wachse und immer mehr Konsumenten mit ihren Smart Phones darauf in Echtzeit zugreifen könnten.

Konkurrenzdruck ausweichen

In einem Report zur Entwicklung von M-Commerce schreibt sie: "Wir gehen von einer Zukunft aus, in der die Möglichkeiten, personalisierte Botschaften und Coupons leicht und sehr schnell zu erhalten, auch auf solche Bereiche überspringen, die wie Drogerieartikel bisher nicht so gut im Internet liefen."

Der Report betont die Bedeutung von abgestimmten Cross-Channel-Angeboten für Retailer, die über Läden und online verkaufen. Mulpuru rät diesen Händlern, Preisdiskrepanzen zwischen beiden Plattformen zu reduzieren. Außerdem sollten sie ihr Warenangebot überprüfen und mehr auf eigene Brands und besondere Produkte setzen, die so nicht bei anderen Händlern erhältlich sind. Damit könnten sie dem Konkurrenzdruck durch schnelle Preisvergleiche über Handys oder direkt im Internet entkommen und die Kunden effektiver an sich binden.

Inzwischen sind einige Hersteller wie Sony und Samsung dazu übergegangen, strengere Preisvorgaben für ihre TV-Geräte auszusprechen, um die Preisdrückerei bei den Händlern zu unterbinden oder zumindest einzuschränken. Das Vorbild für eine solche Preispolitik ist letztlich Apple: Händler, die Apple-Produkte vertreiben dürfen, müssen sich explizit verpflichten, nur die vom Hersteller vorgesehenen Preise zu verwenden.