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So funktioniert Kotters Change-Management-Modell

12.07.2023 von Katja Nettesheim
Der Plan zur Transformation steht. Jetzt geht es an die Umsetzung. Dabei kann das achtstufige Change-Management-Modell von John P. Kotter helfen.
Wer Change erfolgreich umsetzen will, muss die sichere Zone des Planens verlassen.
Foto: Pasuwan - shutterstock.com

Im Laufe eines Transformationsprozesses entsteht irgendwann Klarheit über ein Zielbild. Man hat - zum Beispiel unter Nutzung des Digital Transformation Canvas und der Probleminterviews - die Frage beantwortet, was das Unternehmen machen muss, und weiß vielleicht auch schon, wie das konkrete Maßnahmenpaket dahinter aussieht.

Und jetzt?

Nun müssen die angedachten Veränderungen umgesetzt werden, muss der Plan zur gelebten Realität werden. Das ist der Punkt, an dem viele Transformationen scheitern. Man verlässt die sichere Zone des Plans und begibt sich in die Realität. Und dort warten nicht selten Widerstände und Hindernisse.

Wer Veränderungen erfolgreich durchsetzen will, muss sich mit der Mechanik vertraut machen und diese verstehen. Wer die Mechanik versteht, kann sie sich zu eigen machen.

Eines des wichtigsten Change Management-Modelle wurde von John P. Kotter in den 90er Jahren entwickelt. Es ist bis heute relevant und bietet Orientierung bei der Planung und Durchführung von kleinen und großen Veränderungen im Unternehmen.

Das Modell setzt auf die folgenden acht Stufen:

1. Dringlichkeit erzeugen

Es muss eine klare Begründung für die Veränderung geben. Die Gründe und Konsequenzen der Veränderung für den Einzelnen müssen nachvollziehbar vermittelt werden - und persönlich bedeutsam. Mitarbeitende müssen emotional überzeugt sein, dass der Status Quo nicht weiter aufrechterhalten werden kann.

2. Führungskoalition aufbauen

Eine Gruppe von Führungskräften und Schlüsselpersonen muss die Veränderung selbst aktiv voranzutreiben. Die Gruppe sollte über die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen und in der Lage sein, Mitarbeitende zu unterstützen und zu motivieren. Beziehen Sie auch Personen mit informeller Autorität ein!

3. Vision und Strategie schaffen

Erfolgreiche Veränderungen brauchen ein klares Zielbild (Vision), an dem sich alle orientieren können. Sie sollte emotional aufgeladen sein und viele Sinne ansprechen. Die Strategie beschreibt genauer, wie der Weg zum Ziel aussieht.

4. Klare Kommunikation

Eine klare und verständliche Kommunikation ist unerlässlich, damit alle Mitarbeitenden die Veränderung verstehen und mittragen. Dabei muss die Kommunikation regelmäßig stattfinden, auf die Bedeutung für die Menschen eingehen und die Bedürfnisse und Fragen der Mitarbeitenden ehrlich lösen.

5. Hindernisse und Widerstände identifizieren und ernst nehmen

Ergibt die Analyse, dass die Gründe kognitiv sind, müssen die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse oder Ressourcen den Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden. Sind sie emotional, kann die Nutzung von intrinsischen Motivatoren (zum Beispiel Zugehörigkeit, Autonomie) helfen, die Mitarbeitenden zu gewinnen.

6. Etappenziele setzen

Kurzfristige Erfolge sind wichtig für die Motivation und das Vertrauen in die Veränderung. Erste Erfolge sollten entsprechend schnell erreicht werden und von allen Mitarbeitenden im Unternehmen anerkannt und richtig gefeiert werden. Das hilft auch bei emotionalen Widerständen!

7. Langfristige Veränderung

Veränderung weiter vorantreiben, sodass sie langfristig Bestand hat. Nach den ersten Erfolgen muss die Veränderung mit dem gleichen Fokus vorangetrieben werden wie bisher. Die Strategie kann dafür bei sich ändernden Bedürfnissen oder Rahmenbedingungen angepasst werden. Wichtig: Sie geht nicht weg!

8. Veränderung in der Kultur verankern

... damit sie Teil der täglichen Arbeitsweise des Unternehmens wird. Zum Beispiel durch Aufsetzen neuer Formate (etwa eines "Lessons Learned"-Kanals). Und noch wichtiger: durch Ablösen gegensätzlich wirkender Formate, Regeln und Traditionen. Die erfolgreiche Veränderung nutzen,um eine Kultur des kontinuierlichen Wandels und der Verbesserung im Unternehmen zu etablieren. (kf)

11 Tipps für besseres Change Management
Klar definieren, wer jetzt was zu tun hat
Mit dem Change geraten Zuständigkeiten und Rollen ins Fließen. Von Tag Eins an muss jeder Mitarbeiter wissen, was er jetzt im Moment zu tun hat. Bis sich das ändert und eine neue Ansage kommt.
Die Aufgaben nur skizzieren
Wer seine Mitarbeiter mitgestalten lässt, erreicht mehr. Deshalb ist es ratsam, eine grobe Skizze des Veränderungsprojektes zu zeichnen und das Team Vorschläge zur Ausarbeitung machen zu lassen, als einen schon komplett ausgereiften Plan zu präsentieren.
Die Team-Perspektive einnehmen
Wie betrifft der Change die Team-Mitglieder, was bedeutet die Initiative aus ihrer Sicht – wer diese Perspektive einnimmt, hat die Mitarbeiter auf seiner Seite.
Erfahrungen teilen
Erfahrungen teilen: Soweit möglich, sollten Mitarbeiter an konkreten Aktivitäten wie etwa Besuchen beim Kunden teilnehmen. Je näher sie den Change miterleben, umso besser.
Fragen zulassen
Fragen, die aus dem Team kommen, dürfen nie als Widerstand gelten. Ganz im Gegenteil. Ein Chef, der Fragen zulässt und sie beantwortet, kann schneller Teilverantwortungen an die Mitarbeiter übertragen.
Die Wirtschaftlichkeit darstellen
Neben viel Kommunikation mit dem Team geht es auch darum, Metriken und Kennzahlen für das Veränderungsprojekt zu entwickeln und diese deutlich zu machen.
Wissen, wo der Fokus ist
Innerhalb eines Changes ist viel Kleinteiliges zu klären und zu organisieren. Der Fokus darf darüber nicht vergessen werden. Regelmäßige Treffen müssen sich immer wieder auf diesen Fokus beziehen, eindeutige Metriken müssen deutlich machen, wo das Team gerade steht.
Teilziele updaten
Nicht jeder Meilenstein wird so zu erreichen sein wie ursprünglich geplant. Es ist daher wichtig, gemeinsam mit dem Team Teilziele regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen.
Sich abstimmen
Gemeinsame Kalender für das Veränderungsprojekt und gemeinsam entwickelte Guidelines, die die Prioritäten festlegen: Das sind gute Wege, um die Arbeit der einzelnen Team-Mitglieder immer wieder aufeinander abzustimmen.
Commitment organisieren
Wer übernimmt die Verantwortung wofür und wie regelt das Team, dass diese Verantwortlichkeiten auch konkret ausgeführt werden? Solche Fragen sind gemeinsam zu klären. Die einzelnen Mitarbeiter müssen wissen, welchen Teil sie übernehmen, und sie müssen konkret formulieren können, was sie dafür von ihrem Chef brauchen.
Den Change in seine Geschichte einbinden
Das Team muss wissen, an welche früheren Punkte im Unternehmen der jetzige Change anknüpft und welche zukünftige Richtung sich damit abzeichnet.