Tipps fürs Netzwerken

So funktioniert Networking für Schüchterne

06.11.2023 von Meridith Levinson und Andrea König
Introvertierte sind oft besser im Netzwerken als viele vermuten. Was ihnen häufig als Schwäche ausgelegt wird, wird zur Stärke, wenn neue und nachhaltige Kontakte geknüpft werden sollen.
Vielen fällt es schwer, auf einer Veranstaltung auf andere zuzugehen. Wenn nach der Coronavirus-Krise wieder Events stattfinden, dann sind sie mit unseren Tipps gut vorbereitet.
Foto: Kues - shutterstock.com

Wer schüchtern ist, hält sich häufig für einen miesen Netzwerker. Autorin Devora Zack hingegen sagt, dass Schüchterne oft besser im Netzwerken sind als extrovertierte Menschen. Zack hat das Buch Networking For People Who Hate Networking: A Field Guide For Introverts, The Overwhelmed, and The Underconnected geschrieben.

Dass man Networking liebt und auf Events leidenschaftlich Smalltalk betreibt, macht einen nicht automatisch zu einem guten Netzwerker. "Wenn man neuen Kontakten nicht am nächsten Tag weiter nachgeht, sind das keine bedeutsamen, nachhaltigen Kontakte", weiß Zack. Wahres Networking gehe um das Schaffen von wertvollen Kontakten, einen nach dem anderen. Von diesem Ansatz profitieren Introvertierte.

Denn sie sträuben sich meist gegen den Gedanken, auf Konferenzen oder anderen Veranstaltungen von Gruppe zu Gruppe zu springen, um möglichst viele Kontakte zu knüpfen. Für Zack kommt es beim persönlichen Netzwerk auf die Qualität der Kontakte an, nicht auf die Anzahl der gesammelten Visitenkarten.

Zuhören ist eine Stärke

Schüchterne Menschen können beim Netzwerken ihre Stärken ausspielen. Denn um neue Kontakte zu knüpfen, ist das Zuhören genauso wichtig wie das Sprechen. Und zuhören können Introvertierte in der Regel besser als Extrovertierte. Häufig führen Introvertierte außerdem tiefgehendere Gespräche. Sie stellen mehr Fragen und erfahren so auch mehr über ihren Gesprächspartner.

Netzwerk-Tipps für Manager
Do's and Dont's des Networkings
Networking fällt vielen schwer - dabei ist es kein Hexenwerk. Mit einigen Tipps und Tricks kann es jeder lernen und von den neuen Kontakten profitieren.
Monika Scheddin
Die Netzwerk-Expertin und Buchautorin Monika Scheddin verrät ihre Geheimnisse, wie gutes Netzwerken aussieht - und was man lieber lassen sollte. Denn das wichtigste an erfolgreichem Networking:
Netzwerken mit Ziel und Zeit
Für gutes Networking brauche man ein Ziel, sagt die Expertin. „Egal ob man Manager des Jahres werden möchte oder Experte für Qualitätsversicherung – man muss viel Zeit dafür investieren“, sagt Scheddin. Zwei Jahre braucht es, bis man die ersten Kontakte "ernten" kann.
Ohne Ziel geht es nicht
"Vielen fehlt beim Netzwerken das Ziel vor Augen", sagt Scheddin. Wer nicht weiß, was er mit den Kontakten anfangen will, der kann es auch gleich lassen. Das gelte auch für Unternehmen, meint die Expertin. Sie müssen ihren Mitarbeitern klare Ziele geben und keine schwammigen Aufforderungen dazu, mehr Umsatz zu generieren. Hat man sich ein Ziel gesetzt, gibt Scheddin einen wichtigen Tipp:
Vergessen Sie Ihr Ziel!
Zumindest zeitweise, nämlich dann, wenn man gerade auf einer Konferenz oder einer anderen Networking-Gelegeneheit ist. "Ich muss die Person mir gegenüber wertschätzen und mit einer sogenannten absichtslosen Absicht herangehen", sagt Scheddin. Niemand wird bewusst ausgebeutet. Seien Sie also ehrlich interessiert an Ihrem Gegenüber. Ihr Ziel muss Nebensache sein, während Sie mit ihm plaudern.
Nur wer interessant ist, sticht heraus
Nun gilt es, einen Eindruck zu hinterlassen, damit der Gesprächspartner sich auch noch nach einigen Tagen an einen erinnert. "80 Prozent der Menschen bleiben einfach nicht in Erinnerung. Warum? Weil sie kompetent in Erinnerung bleiben wollen. Aber das funktioniert nicht", erzählt die Netzwerk-Expertin. Wer auffallen will, muss interessant sein.
Auffallen mit Freude
Um sich interessant zu machen, kann man mit Freude auffallen: "Freude ist die beste Form der Positionierung", sagt Scheddin. So können Sie sich vorstellen mit "Ich habe für die Firma ein CRM-System eingeführt und dafür haben wir einen Preis bekommen". Das kommt nicht arrogant rüber, sondern ehrlich. So bleiben Sie in Erinnerung.
Klasse statt Masse
So viele Xing- und LinkedIn-Kontakte, dass Sie den Überblick verlieren? Das muss nicht sein. "Es ist ein Unterschied, ob man viele Leute kennt – oder die richtigen", sagt Scheddin. Daher rät sie auch ...
Kontakte überprüfen
... einmal im Jahr die Kontakte zu überprüfen. "Hat man zu viele Kontakte, muss man sie ausdünnen", meint sie. Mit wem man schon länger nicht mehr gesprochen hat, den sollte man ruhig aussortieren.
Vertrauen ist gut
Hat man gute Kontakte geknüpft, sollte man sie auch nutzen. Ausnutzen darf man sie aber keinesfalls. "Vertrauen ist die Währung des Netzwerkens", sagt Scheddin. Zwar müsse man darauf acht geben, wie offen man sein kann oder darf. Aber wer nichts von sich preisgibt, der wird nicht als Person wahrgenommen und hat keinen Erfolg im Networking.
Was Unternehmen tun können
Sobald eine Firma vernetzte Mitarbeiter als wertvoll erachtet, kann sie während der Arbeitszeit kleine Netzwerkformate einrichten. "Wenn die Kollegen dorthin gehen dürfen, gehen sie auch gern hin", meint Scheddin. Wichtig sei, dass es einen Anlass gebe, also einen Programmpunkt, und dass das Networkingformat als Arbeit betrachtet wird. Nichts anderes ist es auch. Das gilt auch für Geschäftsessen.
Falle oder Chance? Geschäftsessen
Treffen zum gemeinsamen Mittagessen sind eine beliebte Art des Netzwerkens. "Viele unterschätzen Geschäftsessen", sagt Scheddin. "Man geht da nicht hin, um satt zu werden."
Was man nicht essen sollte
Essen Sie keinen Salat, rät die Expertin, und keine Spaghetti. Salat kaut man zu lang - und kennen Sie jemanden, der sich noch nie bekleckert hat bei Spaghetti Bolognese?
Kein Essen mit Freunden
Wer eine Essenseinladung annimmt, sollte bedenken, dass er die ganze Zeit beobachtet wird. "Welche Manieren hat derjenige, wie geht er mit dem Personal um, gibt er Trinkgeld? Auf solche Dinge sollte man achten", sagt Scheddin.
Kontakte gibt es überall, nicht nur in der Arbeit
Auch im Privatleben kann und sollte man sich vernetzen. "Da gibt es verschiedenste Möglichkeiten, vom Elternbeirat bis hin zum Tanzclub", sagt Scheddin. Diese Art der Kontakte seien viel spielerischer. Auch wenn nicht immer ein wertvolle Geschäftskontakt dabei herauskäme, sollte man auf keinen Fall darauf verzichten, rät Scheddin.
Das Mindeste, was Sie tun können
Eine Basisanforderung des Networkings: "Sammeln Sie Visitenkarten ein oder bestätigen Sie Kontakte bei Xing und LinkeIn", rät Scheddin. Wer dann noch die Kontakte mit echtem Interesse anschreibt, sich mit ihnen mal zum Mittagessen trifft oder zum Wandern geht, hat schon halb gewonnen.
Mehr Tipps
Mehr Networking-Tipps gibt es in der sechsten und aktualisierten Auflage des Buches von Monika Scheddin: "Erfolgsstrategie Networking", 6. Auflage, Allitera Verlag.

Neuen Kontakten nachzugehen ist ein wesentlicher Bestandteil des Networkings. "Wer Kontakten nicht nachgeht, betreibt kein Networking", sagt Zack. Auch hier haben die Schüchternen Vorteile. Denn wer von einem Event nur drei neue Visitenkarten mitbringt, kann diesen leicht nachgehen. Wer einen ganzen Stapel neuer Karten ablegt, wird es bereits schwer haben, diese Kontakte angemessen weiterzuverfolgen.

Netzwerkern empfiehlt Zack, die Platin-Regel zu befolgen. Die besagt, andere genau so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte. Auch hier sind die Introvertierten im Vorteil. Sie verstehen die Signale ihrer Gesprächspartner häufig besser und behandeln sie angemessener.

Drei-Punkte-Plan zum Netzwerken

Damit Schüchterne das Beste aus einer Netzwerk-Veranstaltung herausholen, hat Zack für sie einen Drei-Punkte-Plan entworfen. In einem ersten Schritt hält man inne. Dabei geht es darum, sich in Ruhe zu überlegen, welche Veranstaltungen man besuchen möchte und was man sich von diesen Besuchen erhofft.

Im zweiten Schritt plant man die eigenen Networking-Aktivitäten. Schon vor dem Veranstaltungsbesuch denkt man darüber nach, was man andere fragen möchten und was man selbst wohl gefragt wird. Auf diese Fragen überlegt man sich dann die passenden Antworten.

Eva B. Müller über das Netzwerken
Über das Netzwerken
Die soziale Netzwerkanalyse (SNA) ist eine empirische Methode zur Erfassung und Analyse sozialer Beziehungen und sozialer Netzwerke. Dabei geht es um Verbindungen und Interdependenzen zwischen Menschen und Organisationen, soziale Beziehungen und deren Struktur werden also selbst zur Analyseeinheit. Auf den folgenden Seiten finden Sie einige Statements zu Netzwerken.
Coach Eva B. Müller
Eva B. Müller, Coach und Beraterin aus Köln, beschäftigt sich mit SNA. Sie sagt: "In den USA sind Forschung und Praxis zu diesem Thema schon viel weiter. Da haben wir in Deutschland eine Informationslücke."
Typisch deutscher Fehler
Typisch deutscher Fehler beim Netzwerken sei die Erwartung einer Reziprozität, sagt Müller. Salopper ausgedrückt: Wer meint, ohne Gegenleistung keine Leistung, wird scheitern. Zumindest, wenn es um einen direkten und sofortigen Austausch zwischen zwei Akteuren geht. Denn natürlich bekommt, wer gibt, etwas zurück. Aber eben "vom Netzwerk" – von welchem Akteur oder welchen Akteuren genau, wird sich noch zeigen. Gleiches gilt für den Zeitpunkt.

Wer sich auf Events mit dem Netzwerken schwer tut, könnte sich zum Beispiel auch als freiwilliger Helfer melden. So hat man eine fest definierte Aufgabe und kommt leicht mit anderen Personen ins Gespräch. Immer wieder kommen Schüchterne absichtlich zu spät zu Konferenzen, damit sie nicht allein warten müssen, bis die Veranstaltung beginnt. Das sei ein Fehler, sagt Autorin Zack. Kommt man zu spät, haben sich viele schon miteinander bekannt gemacht und man wird erst recht zum Außenseiter. Deshalb sollte man lieber früh erscheinen und die Zeit für ein Gespräch nutzen.

Der dritte Schritt von Zacks Drei-Punkte-Plan rät zum richtigen Tempo. Man muss nicht bei allen Vorträgen sein und jeden einzelnen Veranstaltungspunkt wahrnehmen. Wer die Veranstaltung in Ruhe angeht, netzwerkt produktiver. "Nutzen Sie ihre Stärken anstatt gegen ihre Schwächen zu kämpfen" lautet Zacks finaler Rat für besseres Networking.

5 Networking-Tipps für Führungskräfte
5 Networking-Tipps für Führungskräfte
Sabine Hansen, Geschäftsführerin Delta Management Consultants in Düsseldorf, hat fünf Tipps parat, wie Führungskräfte ihre Netzwerke aufbauen und erweitern können. Auch jenseits von Xing und Linkedin ...
1. Pflegen Sie berufliche wie private Kontakte
Gerade bei Führungskräften besteht das Risiko, dass der private Bereich sprich - Familie und Freunde - von Arbeitslast und Karriereanstrengungen in die zweite Reihe verdrängt werden. Private Netzwerke geben wichtigen Halt und sorgen für ein gesundes Gleichgewicht.
3. Entwickeln Sie Ihr berufliches Kontaktnetzwerk konsequent weiter
Treffen Sie sich beispielsweise regelmäßig mit Kollegen aus anderen Bereichen zum Essen oder zum Betriebssport. Zudem ist ein systematischer Aufbau auch innerhalb der Branche durch Teilnahme an Arbeitskreisen oder Ähnlichem von Vorteil.
2. Social Media ersetzt nicht das echte Leben
Social Media-Netzwerke haben einen wichtigen Stellenwert. Nach wie vor sind es jedoch die "Real Life"-Kontakte und Netzwerke, die für Führungskräfte existenziell sind und die entwickelt werden müssen.
4. Geben Sie Ihren Netzwerken einen Boost durch Weiterbildungen auf höchster Ebene
In Executive-Weiterbildungen oder MBA-Programmen finden Führungskräfte Gleichgesinnte mit ähnlichen Karrierestufen und Führungsherausforderungen. Über die intensive Gruppenarbeit im Studium wird wichtiger sozialer Kitt und Vertrauen aufgebaut, der über den Studienabschluss hinausgeht. Wer nicht so viel Zeit hat, kann auch über kürzere, intensive Leadership-Programme wie das "CIO Leadership Excellence Program" sein Netzwerk erweitern.
5. Bieten Sie Ihren Kontakten einen Mehrwert - dann werden Sie auch in andere Netzwerke eingeladen
Wie das englische Sprichwort sagt "What goes around comes around". Netzwerkentwicklung funktioniert nicht nur in direkten "Was bekomme ich von dem denn?"-Einbahnstraßen. Interesse für ein Thema und ein Netzwerk sollte immer auch gleichbedeutend mit persönlichem Engagement hierfür sein.

Der Artikel ist bei unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com erschienen.