Prinzip Gießkanne von CDU/CSU und SPD

So verteilt die "Groko" das Geld

07.02.2018
Fast 50 Milliarden Euro zusätzlich will die geplante große Koalition verteilen - auch um die Bürger von einer Alternative zur AfD zu überzeugen. Ein Überblick, wer dabei besonders profitieren könnte.
Die Große Koalition steht. Nun wird das Geld verteilt. Die SPD hat der CDU wichtige Ministerien abgerungen. Wer auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto) folgen soll, bleibt offen.
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Aufbruch für Europa, neue Dynamik für Deutschland, Zusammenhalt stärken. Das beschwören Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und der Noch-SPD-Vorsitzende Martin Schulz nach der Einigung bei den Koalitionsverhandlungen. Es war ein hartes Ringen. Alle drei Parteien haben bei der Bundestagswahl massiv verloren, irgendwie soll es nun klappen.

Sie setzen auf ein Programm, das mit Wohltaten und einer Bildungsoffensive einer gesellschaftlichen Spaltung im Lande entgegenwirken soll. Doch reicht das Verhandelte, um die 463.00 SPD-Mitglieder beim Mitgliederentscheid zu überzeugen?

10 Jahre lang 1.200 Euro pro Kind und Jahr

Mindestens 46 Milliarden Euro zusätzlich will die Koalition verteilen - auch dank der jüngsten Überschüsse bei den Steuereinnahmen. Ganz oben auf der Agenda sollen die Familien stehen. "Familien halten unsere Gesellschaft zusammen. Sie zu stärken und zu entlasten ist unser Ziel", heißt es im Entwurf des Koalitionsvertrags. Das Kindergeld soll um 25 Euro im Monat steigen. Auch der Kinderzuschlag für Einkommensschwache wird erhöht. Von einem "Baukindergeld" sollen Familien mit mittlerem Einkommen profitieren, die bisher nicht genug Eigenkapital haben, um sich den Traum vom Eigenheim erfüllen können. Zehn Jahre lang sollen sie 1.200 Euro je Kind und pro Jahr erhalten. Die Unterstützung soll bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von 75.000 Euro gewährt werden.

Schüler, Auszubildende und Studenten sollen ebenfalls stark profitieren: Zwei Milliarden Euro sind für den Ausbau von Ganztagsschulen und -betreuung geplant. Für die Ganztagsbetreuung von Grundschülern wird ein Rechtsanspruch verankert. Außerdem ist eine Milliarde Euro für eine Bafög-Reform geplant, damit Studenten besser gefördert werden. Auch in die nicht-akademische Ausbildung fließt mehr Geld - zum Beispiel mit 350 Millionen Euro für ein neues Meister-Bafög.

Für Arbeitnehmer soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte sinken. Und die Arbeitgeber sollen ab 2019 wieder den gleichen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen wie die Beschäftigten - das heißt mehr Geld im Portemonnaie. Der "Soli" soll schrittweise wegfallen - 90 Prozent der Zahler sollen voll entlastet werden. Zudem gibt es gerade für Frauen eine wichtige Nachricht. Wer Teilzeit gearbeitet hat, um sich um das Kind zu kümmern, soll ein Rückkehrrecht in Vollzeit bekommen. Bei 45 bis 200 Mitarbeitern soll dieser Anspruch aber nur einem pro 15 Mitarbeitern gewährt werden. Befristete Arbeitsverhältnisse sollen eingedämmt werden. Geplant ist eine Quotenregelung bei sachgrundlosen Befristungen, lange Ketten von befristeten Arbeitsverhältnissen sollen stark eingeschränkt werden.

Angesichts zunehmender Sorgen vor Altersarmut will die Koalition ein Herz für Rentner zeigen: Wer Jahrzehnte gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt hat, soll nach 35 Beitragsjahren eine Grundrente zehn Prozent über der Grundsicherung erhalten. Union und SPD haben zudem vereinbart, dass das Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48 Prozent im Vergleich zum Lohn im Berufsleben fallen soll.

Um die hohen Mieten in Großstädten zu dämpfen, sind zwei Milliarden Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau geplant. Zudem soll die Mietpreisbremse nachgeschärft werden. So sollen künftig Vermieter per Gesetz dazu gezwungen werden, die Vormiete offenzulegen. Denn wenn man die Vormiete nicht kennt, kann der Vermieter die Miete stärker erhöhen als gesetzlich erlaubt. Aber: Es ist unklar, ob Vermieter bei Gesetzesbruch auch mit Strafen rechnen müssen. Zudem soll von den Modernisierungskosten weniger auf die Mieter umgelegt werden dürfen.

Um das Riesenthema "Pflegenotstand" anzugehen, sollen zudem 8.000 zusätzliche Pflegestellen geschaffen werden. Aber viele halten selbst diese Zahl für viel zu gering. Durch flächendeckende Tarifverträge und Angleichung des Pflegemindestlohns in Ost und West soll zudem die Bezahlung von Pflegern verbessert werden. Zudem sind neue Anreize für Aus- und Erholungszeiten für Patientenangehörige geplant.

Um der unter Dauerbelastung leidenden Polizei zu helfen und um die Sicherheit im Land zu erhöhen, sollen bei den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern je 7.500 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Die Videoüberwachung soll ausgeweitet werden, zudem die Überwachung von Terrorverdächtigen besser koordiniert werden.

Die Bewohner in Ländlichen Regionen sollen von schnellerem Internet profitieren - das ist gerade auch für mittelständische Firmen auf dem Land wichtig. Bis 2025 soll es flächendeckend Gigabit-Netze geben, dafür soll ein Fonds von 10 bis 12 Milliarden Euro sorgen.

Aber die vielen kleinen Schritte erfreuen längst nicht alle. Die Unternehmer kritisieren, dass Firmen trotz voller Kassen nicht spürbar entlastet werden, zudem Verschärfungen im Arbeitsrecht, etwa durch die geplanten größeren Hürden bei der Befristung von Arbeitsverträgen. Eine Unternehmensteuerreform als Reaktion auf die große US-Steuerreform von Präsident Donald Trump fehlt. Wirtschaftsverbände äußerten scharfe Kritik am Koalitionsvertrag. Zudem sehen Umweltschützer das KLIMA als Verlierer, da das Ziel von 40 Prozent weniger CO2 bis 2020 nicht geschafft werden wird. (dpa/rs)