Verkaufen via Smartphone

Social Media soll Kassen klingeln lassen

25.10.2011 von Hartmut  Wiehr
Social Media und mobile Technologien sind laut Accenture Schlüssel zu mehr Absatz im Handel. Fraglich bleibt, ob die Kunden den Strategien der Händler folgen.

Der Handel und die ihn betreuenden Marktforschungsunternehmen haben es nicht leicht: Ständig wollen – oder müssen – sie dem Kunden neue Einkaufsgewohnheiten andichten. Dabei sind sie es primär, die permanent nach neuen Wegen suchen, um dem Kunden, dem unbekannten Wesen, immer neue Dinge, die er braucht oder auch nicht, nahe zu bringen.

So sieht Accenture die Welt: Einkaufen mit dem Smartphone macht Freude.
Foto: Ben Chams - Fotolia.com

Mit ganz wenig Marketing oder Branding muss man – so die Annahme – dem Kunden oder Interessenten nur noch dessen eigene innigste Wünsche bewusst machen. Umfragen sollen das untermauern. In der Umkehrung der wirklichen Verhältnisse wird dann das Interesse des Retailers am Verkauf als genuiner Wunsch des (möglichen) Kunden ausgegeben. Er müsse nur noch ganz wenig angestupst werden.

Die Kunden wollen, so argumentiert Accenture in der Studie "The Me-tail Technology Guide: Capturing, Engaging and Serving the Now Consumer", von sich aus neue Beziehungen zu den Retailern: "Die Kunden benutzen jetzt persönlich angepasste Technologien, um neue Formen für ihre Einkaufserfahrungen zu finden. Käufer aller Altersgruppen und aus verschiedenen sozialen Schichten benützen nun unterschiedliche Kombinationen aus Online-, Mobile- oder traditionellem Channel, um Produkte auszusuchen und einzukaufen."

An einem durchschnittlichen Einkaufstag würde man heute laut Accenture Legionen von Konsumenten und Interessenten sehen, die zwischen den Regalen und Angeboten der Läden stehen und mit ihren Smartphones durch das Scannen von Barcodes Preisvergleiche machen oder Coupons mit Sonderangeboten herunterladen.

Ob solche Theorie-Modelle in der Praxis taugen, muss sich erst noch beweisen.
Foto: Accenture

Die bereits erwähnte Umkehrung der Interessen funktioniert auch im Fall der Accenture-Studie. Gleich zu Anfang heißt es: "Um auf diese Gewohnheiten der Kunden und die durch sie eröffneten Möglichkeiten adäquat eingehen zu können, benötigen die Retailer Werkzeuge, die angepasst sind an die Lebensweisen der Kunden und ihre Einkaufswünsche."

Neue Geräte, mehr Social Media - und die Kasse klingelt

Der Fokus von Accenture liegt dabei auf Mobile Technology und Social Networking als "Motoren für den Handel". Analysewerkzeuge sollen darüber hinaus das Verhalten der Kunden entschlüsseln, "um sie besser zu verstehen und ihren Wünschen zu entsprechen". CIOs und CMOs (Chief Marketing Officers) könnten so die Profitabilität ihres Unternehmens steuern und sie konkurrenzfähiger machen.

Um die richtige "Profitmaximierung" ("Maximize Profitability") zu erreichen, fällt der IT-Infrastruktur eine wichtige Rolle zu, heißt es bei Accenture. Erfolgreiche Retailer hätten gerade in diesem Bereich viel gemacht. Der "rest oft the pack" weigere sich dagegen, in Social Media, Analyse-Tools, Cloud Computing und Software as a Service (SaaS) zu investieren. Aber gerade mit diesen modernen Methoden ist es laut Accenture möglich, bisherige IT-Versäumnisse wieder gut zu machen und sogar eine oder zwei Technologiegenerationen zu überspringen.

Abbildung 1, veränderte Einkaufsgewohnheiten: Die älteren Generationen ziehen nach.
Foto: Accenture

Umfragen, die Accenture unter Retailern durchgeführt hat, zeigen, dass mehr als die Hälfte der Verantwortlichen von der Wichtigkeit von Social Media überzeugt ist. Es bleiben aber Vorbehalte bezüglich der Implementierung von Tools, besonders wegen der Problemfelder Sicherheit und Schutz der Privatsphäre. Wichtig für Retailer dürfte die Information sein, dass die Altersbarrieren bei Social Networking allmählich fallen: Auch immer mehr ältere Konsumenten nützen solche Plattformen (siehe Abbildung 1).

Eine weitere Voraussetzung für veränderte Einkaufsstrategien ist die steigende Verbreitung von Smartphones (siehe Abbildung 2). Allerdings müssen die Retailer erst einmal die Handy-Nutzer davon überzeugen, ihre Telefone auch zum Einkaufen oder zur Vorbereitung von künftigen Einkäufen zu benützen. Ein Smartphone legt man sich aus anderen Gründen zu – an ein Shopping-Tool denken wohl die wenigsten Besitzer.

Die Handy-Welt ist im Umbruch - und mit ihr die Kunden

Die Gewichte zwischen den verschiedenen Handy-Typen verschieben sich.
Foto: Accenture

Dass die Telefon- oder Tablet-Nutzer erst einmal vom Abschluss von Einkäufen überzeugt und dazu motiviert werden müssen und es eben von sich aus noch nicht sind, zeigen auch die verschiedenen Strategiemodelle, die Accenture ausgearbeitet hat. So bündelt der Entwurf von drei Polen aus Unternehmens-Ressourcen, Internet-Ressourcen und diversen Geräten auf Kundenseite sehr viele denkbare Faktoren und Beeinflussungsmöglichkeiten. Mehr ist es aber auch nicht – ein letztlich theoretischer Ansatz. Hinter der schlichten Aussage "Der Kunde ist König" steckt mehr Wahrheit. Schließlich muss er immer noch selbst seine Entscheidung treffen.