Bregenzer Festspiele virtualisieren Server

Solo statt Oktett

02.12.2004 von Klaus Manhart
Die Mannschaft der Bregenzer Festspiele wächst zu jeder Spielzeit von 60 auf gut 1600 Mitarbeiter. Die große Spannbreite an IT-Anforderungen bewältigen die Organisatoren jetzt mit einem Server – zuvor waren es acht.

7000 BESUCHER haben in den vergangenen beiden Jahren während der Spielzeit täglich Bernsteins West Side Story auf der Seebühne der Bregenzer Festspiele genossen. Spektakuläre Bühnenbauten wie der 36 Meter hohe gekippte Wolkenkratzer sind zu einem Markenzeichen der Festspiele geworden. „Wir wollen qualitativ hoch stehende Kunst auf dem Land zur Verfügung stellen“, sagt Michael Diem, IT-Leiter der Bregenzer Festspiele GmbH. Internationale Fachleute planen dafür die aufwändigen Bühnenbilder via CAD. Ein weltweites Netz von Lieferanten für Bühnenaufbauten, Künstlern und Gastorchestern trägt zum Erfolg der Festspiele bei. Dass die Veranstaltungen reibungslos und vor allem wirtschaftlich über die Bühne gehen, verdanken die Organisatoren einer eigenen Dramaturgie bei der IT-Infrastruktur. Dabei waren die Ausgangsbedingungen alles andere als rosig.

Echtzeitzugriff auf Kartenverkauf Bei der Organisation der Festspiele hat das Unternehmen mit einer enormen Spannweite an IT-Anforderungen zu kämpfen. Im Winter arbeiten für die Festspiele etwa 60 Mitarbeiter als festes Personal. Im Sommer während der Spielzeit sind zusätzlich rund 1600 Mitarbeiter und Künstler beschäftigt, was einem saisonalen Wachstum von 2500 Prozent entspricht. Für alle diese Personen müssen Löhne und Gagen abgerechnet sowie Mail- und Internet-Zugänge bereitgestellt und bei Ausscheiden wieder aufgelöst werden.

Zusätzlich belastet wird die IT im Sommer durch den Kartenverkauf, der über klassische Vertriebswege und via Internet erfolgt. Das Besondere in Bregenz ist, dass alle Verkaufsstellen Echtzeitzugriff auf den Kartenverkauf haben. Egal auf welchem Weg der Kartenverkauf erfolgt: Die freien Plätze werden in jedem Fall aktuell angezeigt, und die Buchung erfolgt sitzplatzgenau. Dies funktioniert allerdings nur, wenn eine hohe Ausfallsicherheit gewährleistet wird.

Starke IT-Belastungen im Sommer, ruhigere Zeiten im Herbst und Winter - solche schrumpfenden und wachsenden IT-Anforderungen sind nicht leicht in den Griff zu bekommen. „Wir hätten natürlich unsere Server auf 1600-Mitarbeiter-Maximalkapazität ausloten können, doch die Kosten dafür waren uns zu hoch", gibt Michael Diem zu bedenken. Statt der teuren Maximallösung hat die Dyna Data Informatik GmbH, ein IT-Dienstleister aus Dornbirn, zusammen mit dem internen Festspiel-Team eine wesentlich wirtschaftlichere Lösung entwickelt, die im Kern aus lediglich zwei baugleichen IBM-Servern besteht. Beide Systeme fahren dieselben Anwendungen, nur einer ist aktiv geschaltet, der passive dient zur Sicherung des Systems.

Der saisonal unterschiedliche Bedarf an Rechenkapazität wird durch eine flexible Load-Balancing-Strategie geregelt. „Zwei Wochen vor und bis eine Woche nach der Premiere ist das Ticketing unsere Kernapplikation", sagt Diem. „Innerhalb dieser Zeit reserviert der Systemadministrator für den Kartenverkauf exklusiv Rechnerkapazitäten. Das geht dann zu Lasten der anderen Anwendungen. Applikationen wie CAD werden einfach zurückgefahren."

Im Winter schläft der Ticketing-Server

Softwareseitig wird die dynamische Zuweisung von Rechnerkapazität durch virtuelle Server realisiert. „Wir haben acht Applikationen, die je einen eigenen Server erfordern, darunter den Ticketing-Server, einen Datenbank-Server für die Leistungserfassung, einen Outlook-Server, File-und Print-Server und ein ERP-System“, gibt Diem zu bedenken. Statt die acht Anwendungen auf acht teuren und wartungsintensiven Servern zu betreiben, laufen alle Applikationen auf einer einzigen Maschine – in acht virtuellen Servern. Auf dem zweiten Server sind aus Sicherheitsgründen die gleichen acht virtuellen Server in Betrieb.

Möglich macht dies VMWare, eine Software, mit der sich virtuelle Server flexibel einrichten und betreiben lassen. So können Ressourcen für eine Anwendung wie Kartenverkauf oder CAD-Rendering jederzeit heruntergefahren oder aufgestockt werden: Prozessorleistung, Hauptspeicher oder Festplatten lassen sich zum Beispiel je nach Anforderung kleiner oder größer dimensionieren. Die virtuellen Server können auch einfach auf andere Maschinen verschoben werden, im Sommer bei Bedarfsspitzen wird hierfür Hardware hinzugemietet. Auch auf Client-Seite wird gespart. Statt mit teuren, wartungsintensiven PCs arbeiten die Mitarbeiter an bis zu 120 Thin Clients. Ein einziger Mitarbeiter administriert das System, nur bei Bedarf kommen externe Arbeitskräfte hinzu.

„Mit der On-Demand-Lösung können wir immens Kosten sparen“, meint Diem. Das hört man bei IBM gerne, wo die Bregenzer Festspiele als Referenzprojekt für On-Demand herhalten müssen. Üblicherweise ist damit zwar Rechenfunktionalität nach Bedarf gemeint, also Dienstleistungen, die dynamisch angeboten werden. Das einzige, was IBM hier allerdings anbietet, ist Hardware in Form von zwei Servern.