Heidelberger Druckmaschinen AG

Standards predigen und flexibel bleiben

14.06.2005 von Heinrich Seeger
CIO Michael Neff und seine Leute sind sehr nah dran am Business – ohne Process-Owner zu sein. Die Positionierung der IT definiert er als „globales Consulting-Verhältnis“.
CIO Michael Neff macht den Spagat zwischen Standardisierung und Flexibilität.
Foto: Heidelberger Druckmaschinen

Den Begriff „global“ zieht Neff dabei der Bezeichnung „zentral“ für die Ausrichtung der IT vor. Das leuchtet ein angesichts von 4000 Service-Ingenieuren, die an 175 Standorten arbeiten und mit IT-Leistungen zu versorgen sind.

Mit weltweit 450 IT-Mitarbeitern verfolgt CIO Michael Neff eine abgestimmte IT-Strategie, die konsequent an der Effizienz und Effektivität der Prozesse ausgerichtet ist. Das Budget inklusive Telekommunikationskosten liegt bei 150 bis 160 Millionen Euro (gut vier Prozent vom Umsatz), wovon ein erheblicher Teil an externe Dienstleister geht. Die IT ist bei Heidelberg ein Werkzeug, das optimale Services erbringen soll. „Diese Rolle entspricht einem Beratungsmandat bezüglich der Geschäftsprozesse“, erklärt Neff.

Die Heidelberger Druckmaschinen AG ist der führende Lösungsanbieter für die gesamte Wertschöpfungskette im Bogenoffset-Druck (industrieller Druck, Verpackungen, kleine Drucksachen, Etiketten). Aus dem verlustreichen Zeitungs- und Digitaldruck hat sich der Heidelberger Konzern im abgelaufenen Geschäftsjahr 2004/2005 wieder verabschiedet. Der Umsatz stieg auf Basis der vorläufigen Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr um drei Prozent auf 3,2 Mrd. Euro. Der vorläufige Jahresüberschuss der Heidelberg-Gruppe betrug 61 Millionen Euro nach einem Vorjahresverlust von 695 Millionen Euro.

Die IT-Strategie für den Konzern wird einmal jährlich als Bestandteil der Geschäftsstrategie im Rahmen einer „Strategiewoche“ mit dem globalen Top-Management (Vorstand, globale Funktionen, Regionen und Sparten) überarbeitet und aktualisiert. Verantwortlich für ihre Umsetzung ist der CIO. Der fühlt sich „stark hin- und hergerissen“ zwischen der „homemade“-Ausrichtung der 80er Jahre, die an maximaler Flexibilität orientiert war, und einer kostenoptimierten „Package-IT“. Neff: „Ich predige seit 2000 die Standardisierung, will aber so flexibel wie möglich bleiben.

Die beste Lösung am Markt (best of breed) würde er indes wohl nur mit großen Bauchschmerzen einer billigeren Standardlösung opfern. Der hohe Outsourcing-Anteil ist für ihn kein Widerspruch zu diesem Ziel; die Auslagerung von geschäftskritischen Funktionen mit hohem Flexibilitätsbedarf käme für ihn nicht in Frage.

Die Projektlandschaft 2004 stand bei Heidelberg gleichwohl sehr weitgehend im Zeichen des Outsourcings: Drei SAP-Rechenzentren für 8000 User in Singapur, Wiesloch und Atlanta wurden zwischen Mai und Dezember an HP übertragen und an einem Standort in Böblingen konsolidiert. Über die fünfjährige Laufzeit des Vertrags rechnet Heidelberger damit, etwa 30 Prozent einzusparen.

Im Zuge der Veränderung der Vertriebsstrukturen, die auch durch den Ausstieg aus dem Digital- und Rollenoffsetdruck erforderlich wurden, standardisiert die IT die SAP-Vertriebslösungen für Deutschland, China und die USA. Ergänzend dazu hat Heidelberg durch den Logistik-Dienstleister Schenker ein Zollfreilager für Ersatzteile in den USA in Betrieb genommen und die globale Internetpräsenz von Heidelberg neu aufgesetzt.

Im laufenden Jahr steht eine Zusammenlegung dreier produktiver SAP-Systeme (für Logistik und Produktion mit dem SAP für die Unternehmenszentrale) in Heidelberg auf dem Programm. Dabei werden Geschäftsprozesse, Werte- und Mengenflüsse weiter integriert und Betriebskostenreduktion ermöglicht. Ferner planen Neff und der Personalbereich die Einführung eines globalen SAP-HR-Systems.

Weitere SAP-nahe Projekte betreffen die flexible Montagesteuerung und ein neues Order Change Management; Letzteres entwickelt Heidelberg in Kooperation mit SAP. Im Konstruktionsbereich hat die Ablösung der Catia-Software durch SAP und Unigraphics begonnen. Im Vertriebsbereich wird eine global Mobile Solution für den Service in den Märkten USA, Frankreich und Deutschland eingeführt.