IP-gestützte medizinische Netzwerke bieten enorme Bandbreiten und hohen Datendurchsatz

Standards und Netzwerk-Technologie als beste Medizin

09.05.2006
Veränderungen in der Welt der Medizin verbessern die Gesundheitsfürsorge in einer Art und Weise, die noch vor wenigen Jahren mehr an Science Fiction als an die Realität denken ließ. Die Patientenfürsorge hat von neuen offenen Standards in der Medizin profitiert und kann sich auf innovative, zukunftsoffene physikalische Netzwerk-Infrastrukturen stützen.

Entstehung und Merkmale von HL7 Health Level Seven

Noch vor einigen Jahren wurden die Daten eines Patienten bei seiner Anmeldung im Krankenhaus in eine Datenbank eingegeben. Für jeden Vorgang wurden Formulare ausgedruckt: Meldung an die Versicherung, Bestellung von Arzneimitteln, Rechnung an den Patienten uns so weiter. Im Allgemeinen mussten diese Formulare und Informationen in jedes einzelne System, das im Zuge der Patientenbetreuung zum Einsatz kam, neu eingegeben werden. Die Systeme waren proprietär und infolgedessen funktionierte die Kommunikation zwischen den Geräten sehr schlecht – wenn überhaupt. Jeder Versicherer hatte seine eigenen Formulare. In dem Bestreben, die Rechnungserstellung zu vereinfachen und die Informationen zu standardisieren, wurde HL7 ins Leben gerufen.

Diese Schicht unterstützt eine Vielzahl von Funktionen. Dazu zählen: Sicherheitsprüfungen, Vermittlungsmechanismen, Identifizierung, Verfügbarkeit und natürlich auch die Struktur des Datenaustauschs. Dieser Standard gilt nicht nur für die Vereinigten Staaten, sondern auch für eine Reihe von anderen Ländern.

Die Lebensdauer der Ereignisse, die eine Nachricht bzw. eine Gruppe von Nachrichten enthält, ist im RIM-Modell definiert (Reference Information Model – Referenz-Informationsmodell). Die für Benennungen zuständige HL7-Arbeitsgruppe legte für jede Komponente eindeutige Inhalte fest. Weitere Entwicklungen dieses Standards werden an die spezielle XML-Interessensgruppe (eXtensible Markup Language – erweiterbare Beschreibungssprache) gerichtet. Diese Arbeitsgruppe hat auch eng mit den HIPAA-Teilnehmern zusammengearbeitet (Health Information Patient Accountability Act), um die Konformität mit ihren Standards zu gewährleisten.

Die Tatsache, dass diese Systeme Daten kommunizieren und gemeinsam nutzen können, bedeutet, dass Netzwerke jetzt ein integraler Bestandteil der Patientenfürsorge sind. Auf Grund der Weiterentwicklung der Netzwerktechnik und der zunehmenden Akzeptanz von TCP/IP ist die Kommunikation jetzt einfacher, schneller und zuverlässiger. Der so genannte menschliche Faktor spielt für viele Anwendungen keine Rolle mehr, denn die Daten müssen nicht mehr in jedes einzelne System eingegeben werden.

HL7 bleibt von der manuellen Datenkommunikation jedoch unberührt. Die Datenkommunikation liegt vielmehr im Verantwortungsbereich des Netzwerk-Administrators. Dabei sind noch einige andere Gremien und Organisationen innerhalb von ANSI sowie der medizinischen Gemeinschaft für die unteren sechs Schichten des OSI-Referenzmodells wichtig.

Verbesserte Bildgebungsverfahren

Das Netzwerk besteht aus elektrischen Komponenten zur Herstellung der Verbindungsstruktur, den Kommunikationsprotokollen und den physikalischen Medien, über welche die Signale übertragen werden. In die Kommunikationsprotokolle und Netzwerkanwendungen eingeschlossen sind Sicherheitsprüfungen und Übertragungstests. Nach der Installation von sicheren Netzwerken konnten weitere Fortschritte für medizinische Anwendungen realisiert werden. Früher wurden Röntgenbilder auf teures Filmmaterial gedruckt und nach der Analyse durch den Arzt abgelegt. Da die Filme Quecksilber enthalten, stellte die Entsorgung am Ende der Lebensdauer ein Umweltproblem dar. Die Hersteller von Medizingeräten suchten daraufhin nach einer Lösung und entwickelten digitale Röntgentechnologien.

Einer der Vorteile eines „reellen“ Digitalbildes besteht darin, dass das Bild bearbeitet werden kann. Es kann vergrößert, abschnittsweise verschoben, mit einem anderen Bild überlagert und in digitaler Form abgespeichert werden. Außerdem kann dieses Bild an einem beliebigen Computer, der an das Netzwerk angeschlossen ist, betrachtet werden. Durch zunehmende Fortschritte in der Streaming-Technologie und der Komprimierung von Algorithmen ist es sogar möglich, dass ein anderer Arzt, der sich an einem beliebigen Ort des Landes oder der Welt befindet, diese Bilder ansehen kann. Der größte Vorteil liegt jedoch in der Klarheit der digitalen Bildwiedergabe.

Bei einer so genannten PET-Aufnahme (Positron Emission Tomography) wird dem Patienten vorab ein schwach radioaktives Isotop verabreicht. Dann werden die Aufnahmen gemacht. Der Körper reagiert mit chemischen Veränderungen, und der Radiologe kann in Bereichen, in denen die Aktivität größer ist, intensive Lichtflecken erkennen. Das PET-Bildgebungsverfahren ist einzigartig, denn es zeigt die klinische Funktionsweise von Organen und Geweben, während andere Bildgebungsverfahren – wie Röntgenstrahlen, CT (Computertomographie) und MRI – die Struktur abbilden.

Das PET-Verfahren eignet sich insbesondere für die Entdeckung von Krebs, koronaren Arterienerkrankungen und Gehirnerkrankungen. Diese Bilder können separat als Diagnose-Instrument verwendet werden oder in Kombination mit einer neuen Fusionstechnologie, bei der sie mit Strukturbildern überlagert werden können. Die Bilddaten können auch in Pläne für Patientenbehandlungen eingegeben werden. Damit Beschädigungen des Gewebes vermieden werden, können Strahlungsbehandlungen auf einen speziellen Bereich konzentriert und optimal durch den Körper gelenkt werden.

Diese Bildgebungsverfahren sind nur einige wenige vereinfachte Beispiele für die neuen Medizingeräte, die heute immer häufiger eingesetzt werden. Um den effizienten Einsatz dieser Geräte und Bilder zu erleichtern, wurde ein spezieller Standard entwickelt. Der DICOM-Standard (Digital Imaging and Communications in Medicine – Digitale Bildgebung und Kommunikation in der Medizin) wurde von der NEMA (National Electrical Manufacturers Association) als erste gemeinsame Grundlage für die Wiedergabe von medizinischen Bildern geschaffen. Teil 10 des Standards spezifiziert das aktuelle Dateiformat für die Verbreitung der Bilder. Dieses Format ist eine Erweiterung des früheren NEMA- Standards.

Ausführungsarten (Gerätetypen), die mit DICOM kompatibel sind, sind solche Geräte, welche die Anforderungen dieses Abschnitts des Standards erfüllen. Der Standard bezieht sich auf die TCP/IP-gestützte Übertragung von Bildern zwischen den Geräten sowie auf Systeme zur Bildspeicherung, die bezeichnenderweise PACS-Systeme (Picture Archiving and Communications System) genannt werden. Die Bilder werden mit Hilfe der DICOM-Push-Funktion abgespeichert und mit Hilfe der DICOM-Abfragefunktion (query) und DICOM-Pull-Funktion abgerufen.

Diese Bilder können überall dort angesehen werden, wo es die Sicherheit und die Richtlinien erlauben. Kleinere Krankenhäuser und Krankenhäuser in abgelegenen Gegenden können die Dienste von an anderen Orten niedergelassenen Radiologen nutzen und dadurch Kosten einsparen. Die Bilder können auch im Patientenzimmer betrachtet werden, im Operationssaal oder im Behandlungszimmer des Arztes.

Netzwerkbedingte Einschränkungen können es erforderlich machen, DICOM-Bilder mit einem verlustbehafteten oder einer verlustfreien Komprimierung zu komprimieren. Bei einer verlustbehafteten Komprimierung sind Teile des Bildes verloren, wenn das Bild wieder dekomprimiert wird. Der Datenverlust kann redundante Informationen umfassen oder solche Informationen, die die Qualität des Bildes für das menschliche Auge nicht beeinträchtigen. Bei einer verlustfreien Komprimierung wird das gesamte Bild wieder aufgebaut, wobei keine weiteren Bits verloren gehen. Komprimierungsverfahren dieser Art werden bei langsamer Verarbeitungsgeschwindigkeit im Netz und bei erhöhtem Speicherbedarf notwendig.

Integrationszentrale

HIS-Systeme (Hospital Information Systems), RIS-Systeme (Radiologic Information Systems) oder andere Systeme, die in Krankenhäusern und medizinischen Zentren eingesetzt werden, verfügen jetzt über die Möglichkeit, zu kommunizieren. HL7 kommuniziert Patientendaten, und das PACS-System speichert ebenfalls Patienten-Informationen. Geräte, mit denen die Daten von HL7 zu DICOM konvertiert werden können, haben ebenfalls Eingang in die alltägliche Praxis gefunden. Für die Kommunikation zwischen denen DICOM-Gerätetypen und den Informationssystemen stehen zusätzliche Geräte zur Verfügung, so dass Ärzte und Verwaltung einen einzigen Patientendatensatz nutzen können. Dieses Gerät, der sogenannte DICOM-Broker, ruft die im HIS/RIS-System gespeicherten Informationen ab und bildet daraus die DICOM-Kopfzeile. Diese enthält Informationen über den Patienten, die Art der Untersuchung, Datum und Uhrzeit der Untersuchung sowie Informationen über den behandelnden Arzt und über das Bild (die Bilder).

In einer integrierten Umgebung für die Gesundheitsfürsorge kann ein Patient eine Arztpraxis bzw. ein Krankenhaus betreten, und seine Informationen werden aus dem HIS-System abgerufen. Dieser Einzeldatensatz kann jeden Schritt der Behandlung mitgehen. Die Bilder der Patienten können im Datensatz abgespeichert werden. Bestellte Arzneimittel und Artikel, die im Rahmen der Behandlung verwendet werden, wie Verbände, haben Bar Codes, die eingescannt werden und automatisch in den Hauptdatensatz hinaufgeladen werden. Bei neuen Systemen ist es sogar möglich, Vitaldaten automatisch im Patientendatensatz abzulegen. Der Führerschein und andere Formulare können in das Netzwerk eingescannt werden, und diese Bilder werden ebenfalls mit dem Patientendatensatz verbunden oder dort abgespeichert. Die zusätzliche Befehlsverarbeitungszeit, die dadurch im medizinischen Netzwerk entstehen kann, wächst mit der Anzahl der Eingabe- und Abrufmethoden exponentiell an.

Krankenhaus-Informationssysteme starteten als Anwendungen auf Großrechnern mit Endgeräten ohne eigene Intelligenz. Diese Systeme waren von Natur aus sicher und robust und benötigten sehr wenig Netzwerkressourcen. Heute ist das nicht mehr so. Durch die Entwicklung von Client/Server- Anwendungen änderten sich diese Umgebungen. PC-Anwendungen wurden notwendig, damit Menschen ihre Arbeit ausführen konnten, und Endgeräte ohne eigene Intelligenz wurden durch PCs ersetzt, die mit dem Großrechner/Computer mittlerer Größe über emulierte Endgeräte kommunizierten. Infolge der Akzeptanz des TCP/IP-Protokolls entwickeln sich diese Kommunikationsformen zu IP-gestützten emulierten Endgeräten, die alle zusätzliche Anforderungen an das Netzwerk stellen.

Das HIPAA-Gesetz

Das HIPAA-Gesetz (Health Insurance Portability and Accountability Act) behandelt viele Probleme. Es bezieht sich auf die Informationen über jeden Patienten, die in einem beliebigen System vorhanden sind, auf die Systeme selbst und auf die Übertragung dieser Informationen. Alle Patienten-Informationen und Nutzungen von Ressourcen müssen zur Patientendatei hinzugefügt werden, bevor der Patient aus dem Krankenhaus entlassen wird. Ein beträchtlicher Teil der Informationen über die Behandlung des Patienten wird verfolgt, abgespeichert und an Versicherungsgesellschaften, andere Ärzte usw. übermittelt.

Das Gesetz bezieht sich speziell auf diese Informationen, und zwar unter dem Aspekt der Datenintegrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit. Hauptanliegen des Gesetzes sind administrative Verfahren, Überprüfungs- und Sicherheitsmethoden sowie Datenrettung und Notbetrieb bei Systemausfall. Jeder einzelne Netzwerkknoten muss ebenso wie jedes einzelne System vollständig dokumentiert werden. Die Verfahren zur Datenrettung und zum Notbetrieb beziehen sich nicht nur auf lokale Daten, sondern auch auf extern abgelegte. Die Erfüllung dieser bundesgesetzlichen Anforderungen stellt eine anspruchsvolle Aufgabe für Krankenhäuser, Arztpraxen, Zahnärzte, Apotheken, andere Fachbetriebe und Versicherungsgesellschaften dar. Beratungsunternehmen, die sich auf die Vorgabe des HIPAA-Gesetzes spezialisiert haben, sind heute genauso häufig anzutreffen wie Firmen, die sich zur Jahrhundertwende mit der Jahr-2000-Umstellung befassten.

Daten und Netzwerk-Verzweigungen

Die oben gezeigte Grafik gibt eine globale Ansicht eines Krankenhaus-Netzwerkes. Selbst in dieser sehr vereinfachten Form ist leicht zu erkennen, dass die Anforderungen an die Daten und den Datenverkehr viel höher sind, als es in den vergangenen Jahren bei papiergestützten Systemen der Fall war. Wenn man redundante Geräte und zusätzliche Sicherheitsschichten zum Netzwerk hinzufügt, dann wird noch mehr Bandbreite benötigt.

Wenn man sich vergegenwärtigt, wie viele Informationen in und mittels einem Krankenhaus-Netzwerk gespeichert und abgerufen werden und wie oft sie geändert und wieder abgerufen werden, dann erlangen Entscheidungen über die Infrastruktur hohe Bedeutung. In der Vergangenheit lief der Datenverkehr über eine Verkabelung der Kategorie 5/Klasse D. In der Tat wurden viele alte Endgeräte ohne Intelligenz mit Kabeln der Kategorie 3 oder Twinax-Kabeln betrieben.

Heute sind für Verteilnetze in Krankenhäusern und Behandlungszentren, die zusammengebrochen sind, Glasfaserkabel die Verbindungstechnik der Wahl. In MAN- oder CAN-Infrastrukturen, die das Krankenhaus umspannen, sind Ein- oder Mehrmoden-Glasfaserkabel die bevorzugte Lösung. Auf Grund von Weiterentwicklungen in der Glasfaser-Technologie bieten sich laseroptimierte Glasfaserkabel als eine noch bessere Lösung an. Kabel der Kateogrie 6/Klasse E sind die horizontalen Medien der Wahl, und es wird erwartet, dass sie durch Kabel der Kategorie 7/Klasse F überflügelt werden.

Letztere verfügen über eine beträchtliche Bandbreite, und die Abschirmung bietet in Umgebungen, in denen sich elektromagnetische Störungen (Electro Magnetic Interference – EMI) bemerkbar machen, einen zusätzlichen Nutzen. Darüber hinaus sind Kabel der Kategorie 7/Klasse F in Umgebungen von Datenzentren, wo es auf den Datendurchsatz ankommt und wo Glasfaserkabel einsatzfähig sein können oder auch nicht, außerordentlich leistungsfähig.

Ältere Krankenhäuser wurden nicht verkabelt bzw. auf diese neuen Technologien ausgelegt. Die Bestimmungen das HIPAA-Gesetzes stellen in Bezug auf Dokumentation und Sicherheitsvorkehrungen zusätzliche Anforderungen an Netzwerke, die über die Daten hinausgehen. Im Zuge der Erfüllung der Konformitätsanforderungen ergreifen vieler Krankenhäuser diese Gelegenheit, um ihre Netzwerk-Infrastruktur überarbeiten bzw. aktualisieren zu lassen.

Schlussfolgerungen

Medizinische Zentren sind eine Umgebung, in der eine solide Netzwerk-Infrastruktur nicht nur für die Betreuung der Patienten, sondern auch zur Erfüllung von bundesgesetzlichen Auflagen ausschlaggebend ist. Da neue Systeme und Funktionen in die Netzwerke aufgenommen werden, muss die Neuplanung der Kapazität in Angriff genommen werden. Komprimierungs- und unterstützende Technologien haben zwar die Bandbreite entlastet, aber es wird mit Sicherheit erwartet, dass durch die Bereitstellung von größeren Bandbreiten die Nachfrage nach Bandbreiten tatsächlich mehr wachsen wird als ursprünglich erwartet.

Der Markt bietet heute Lösungen für die Verkabelung mit Kabeln der Kategorie 6 und der Kategorie 7 sowie mit Glasfaserkabeln, die für diese kritischen Umgebungen entwickelt wurden. Diese modernen Verkabelungssysteme sind technisch so weit ausgereift, dass sie den Umgebungen von heute und den weiterentwickelten Umgebungen von morgen enorme Bandbreiten zur Verfügung stellen und einen hohen Datendurchsatz gewährleisten. Unterstützt durch ein globales Netzwerk von zertifizierten Installateuren und eine Garantie, die sich auf Produkte, Arbeitskraft, Leistungen und Anwendungen erstreckt, sind solche Systeme für einsatzkritische Umgebungen wie zum Beispiel Krankenhäuser sehr gut geeignet.

Andreas Voss, MBmedien GmbH, Krefeld. Quelle: Siemon Germany, Frankfurt