EON AG

Startschuss für Shared Services

26.01.2006 von Andreas Schmitz
Die IT-Tochter des Düsseldorfer Energiekonzerns E.ON, die E.ON IS, soll im Konzern ab sofort global agieren und sämtliche Shared Services betreuen. Damit geht das IT-Programm One IT im Frühjahr 2006 in die operative Umsetzung.

Vom Controlling und der Beschaffung über die Buchhaltung bis in den Vorstand haben alle Düsseldorfer E.ON-Mitarbeiter ihr Büro in der neuen Konzernzentrale. Nur die IT sitzt in einem umgebauten Wohnhaus - die Düsseldorfer Sektion der IT-Tochter E.ON IS und der CIO-Bereich mit Konzern-CIO Torsten Ecke. Wer meint, dass dies eine Abwertung bedeutet, täuscht sich. Denn seit Anfang 2006 trägt die IT-Tochter die Verantwortung für sämtliche konzernweit eingesetzte ITDienstleistungen - die "Shareable Services". Und Werner Hecker aus dem Dreigestirn der Geschäftsführung wird im Februar deren erster Vorsitzender. "In so tief greifenden Veränderungsprozessen braucht es klare Ansprechpartner", sagt Ecke. Der CIO hat die Anforderungen an die Tochter formuliert, die Hecker umsetzen soll. Als "Demand-Mann" sitzt Ecke in der ersten Etage des Klinkerbaus - immer mit Blick auf die Vorstandsetage des modernen Nachbarbaus mit CFO Erhard Schipporeit.

Kürzlich haben sich sämtliche CIOs der Märkte vom skandinavischen "Nord-Pool" über den britischen und den US-Markt bis zum kontinentaleuropäischen Markt dafür ausgesprochen, das neue, aus dem Projekt One-IT abgeleitete Konzept mitzutragen: "Ja, wir machen mit", hieß es im Juli - ein wichtiges Datum für den Energiekonzern mit dezentraler Struktur.

Der Energiekonzern E.ON gewinnt auch aus Wasser Energie.
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One-IT legt Systeme, Architekturen und Organisationsmodelle fest und überprüft sie unter den Aspekten Kosten und zu erwartende Ersparnisse. Für Ecke ist die IT ab sofort zweigeteilt unterwegs - als konzerneinheitliche Shareable Services und als eher dezentral organisierter Applikationsbetrieb. Rechenzentrumsbetrieb, Netzwerkbetrieb und -dienstleistungen,User Help Desk, Software-Verteilung und "Managed Printing", ein integriertes Druck-Service-Konzept, sind als Shareable Services nun konzernweit Sache von E.ON IS. "Die Market Units geben ihre Infrastrukturservices an E.ON IS ab", sagt Ecke. "Bei den Applikationen war aber klar: Hier lassen wir euch in Ruhe." Branchenspezifische Energieapplikationen und das SAP-Abrechnungssystem IS-U bleiben in der Verantwortung der jeweiligen Markt-CIOs. "IS-U wird eventuell für den kontinentaleuropäischen Bereich vereinheitlicht werden", meint Ecke. In den anderen Märkten herrschen hingegen andere Regeln: "In Schweden etwa sind monatliche Abrechnungen vorgeschrieben", so Ecke. "Eine Vereinheitlichung über Marktgrenzen hinweg ist daher äußerst schwierig."

Corporate Center mischt stärker mit

Dreistufig ist das Governance-Modell. Ein Corporate Center ersetzt die Holding: "Es mischt sich nun stärker ins Operative ein." Darunter: die Märkte mit den Energiegeschäftsbereichen Erzeugung, Transport und regionale Versorgung. Die Ruhrgas AG ist im paneuropäischen Gasgeschäft, einem grundsätzlich anderen Markt tätig. Sie hat zwar eine andere Struktur,wird aber wie die anderen Units in übergreifende Aktivitäten einbezogen.

Die Finanzen wie auch den Einkauf steuert E.ON zentral - trotz dezentraler Struktur. Jetzt will E.ON das SAP-Werkzeug für die Unternehmensplanung Strategic Enterprise Management (SEM) konzernweit einsetzen. Der Konzern setzt damit auf ein gruppenweites System für die Konsolidierung - wie auch bei der Beschaffung. Ecke: "Allein durch zentralen Einkauf von Hard- und Software haben wir 2005 20 Millionen Euro gespart."

Aus "Operations 2008", einer Konzeptstudie mit Business Case, leitete Ecke bis Ende 2004 "One IT" ab. "Das war quasi Powerpoint, One IT Excel - jetzt geht es in die Praxis", freut sich Ecke, der nach Jahren der Umstrukturierung endlich Aussicht auf etwas mehr Stabilität hat.

Die neue Aufgabenverteilung bringt den Konzern-CIO Ecke sogar dazu, erstmals über Outtasking nachzudenken, die milde Form des Outsourcing. "Outsourcing ist ja auch immer ein personalpolitisches Thema." Auch wenn der Leidensdruck der IT mit weniger als zwei Prozent des Umsatzes und bei einem Konzern-Ebit von 7,4 Milliarden Euro sehr gering sei, kann er sich vorstellen, dass E.ON bis 2010 etwa 30 bis 50 Prozent der IT-Leistungen herausgibt - allerdings nur aus dem Bereich der Shareable Services, "etwa Dienstleistungen wie IP-Telefonie, Managed Printing oder Storage on Demand". Damit bleibt Ecke weit unter der Prognose der Marktforscher von Gartner, die den Outsourcing-Anteil von Unternehmen im Jahr 2010 auf 80 Prozent beziffert.

Veränderungsdruck aufbauen

Doch die Energiebranche gilt als konservativ. Zudem müsste Ecke neue Konzepte zunächst durch diverse Gremien treiben - etwa durch den IT-Council, in dem die Vorstände der Market-Units sitzen und dessen Agenda Eckes Sache ist, durch das IT-Steering-Committee, in dem sich alle CIOs treffen, und durch die "Management Group", deren Vorsitzender Ecke ist und in dem das "Sparring für die Geschäftsführung" stattfindet. Hier kommen CIOs und Manager der Market Units und die Geschäftsführung von E.ON IS als "Mini-Aufsichtsrat" zusammen, um "Veränderungsdruck durch die Governance aufzubauen", wie Ecke meint. Diese hochkarätigen Treffen finden nicht im Klinkerbau statt, sondern nebenan. Schließlich hat sich die "kleine IT für die Zentrale" inzwischen zur "IT in Konzernsteuerungsfunktion" gemausert - mit 21 Mitarbeitern im IT-Management statt neun vor zwei Jahren.