Aktuell von den Hamburger IT-Strategietagen 2009

Stefanie Kemp über die IT-Strategie bei Vorwerk

13.02.2009 von Christiane Pütter
Vorwerk-CIO Stefanie Kemp kann die Geschäftsprozesse in allen Niederlassungen ihres Unternehmens einheitlich dokumentieren - in 60 Ländern. Gelungen ist das mit viel Kommunikation - mit Dienstleistern, Fachabteilungen und Top-Management. Dafür sorgt ein Team, das IT-, BWL und Kommunikations-Skills vereint.
Stefanie Kemp, CIO von Vorwerk, referierte auf den Hamburger IT-Strategietagen 2009.

Stefanie Kemp grinst. "Ich führe eine erfolgreiche kleine IT-Organisation“, sagt die Vorwerk-CIO in Anspielung auf den Reklame-Spot des Staubsaugerherstellers. Darin wird die Hausfrau als "Familien-Managerin" gepriesen. Was sie nicht weiß: Die IT-Herausforderungen bei Vorwerk sind alles andere als ein paar Krümel. In dem 125 Jahre alten Familienbetrieb sind 22.000 Mitarbeiter beschäftigt - und in 60 Ländern der Welt klingeln 530.000 freie Vertreter an den Haustüren, um Staubsauger und Küchengeräte zu verkaufen.

Budget in Höhe von 50 Millionen Euro

Heute ist die IT von Top-Management und Fachbereichen akzeptiert, sagt Stefanie Kemp auf den Hamburger IT-Strategietagen. Seit zweieinhalb Jahren arbeitet sie für Vorwerk und hat die Harmonisierung der verschiedenen Systeme in Angriff genommen. Von ihrem Budget von 50 Millionen Euro stellt sie einen großen Betrag für Change-Management bereit. "Vertriebsmodelle und beispielsweise die Zahlungen von Boni ändern sich schnell, da muss die IT flexibel sein", sagt die IT-Chefin.

Ihr Zauberwort heißt Kommunikation. 40 Prozent der Infrastruktur lagert sie aus. Ziel der Multi-Sourcing-Strategie ist es, die Dienstleister an die Holding anzubinden. Zwei Jahre habe man gebraucht, bis klar war: "Es liegt nicht nur am Provider, es liegt auch an uns, wenn mit der Kommunikation was nicht klappt." Heute holt Stefanie Kemp die Provider mit ins Boot, um Transparenz herzustellen. "Wir müssen verstehen, worüber wir bei Demand-Management reden", sagt sie.

Mittlerweile ist es Stefanie Kemp gelungen, die Geschäftsprozesse in allen 60 Ländern einheitlich zu dokumentieren. Gesamte Prozessmodelle inklusive Infrastruktur können plastisch abgebildet werden. Das hätten die Divisionen zum Teil selber nicht geschafft, so Kemp stolz. Man müsse sehen können, wie sich der gesamte Bereich verändert, wenn an Stelle X eingegriffen wird.

In der IT/Business-Abstimmung mit dem Top-Management lässt sie "den Tekkie-Kram weg". Ihr Team besteht nicht nur aus Informatikern, sondern auch aus BWL- und Kommunikations-Spezialisten. Eines ist ihr dabei wichtig: "Wir sind der Prozess-Verständige, aber nicht der Treiber für Prozesse!" Um ironisch anzufügen: "Intern in der IT stellen wie uns die Frage: Wann werden wir gebeten, die komplette Geschäfts-Prozessverantwortung zu übernehmen?"

Mehr Projekte in Time und Budget

Um ihren eigenen Erfolg überprüfen zu können, hat sie Key Performance Indikatoren festgelegt. Ihr Ziel: In Zukunft will sie 70 Prozent der Projekte in Time und Budget umsetzen. Eine Herausforderung sieht sie beim Thema Mobility. Die Fluktuation bei den freien Vertretern liegt bei 30 Prozent - und in der aktuellen Krise werden vermutlich immer mehr Menschen ihr Glück als freier Vertreter versuchen.

Stimmen zum Vortrag von Stefanie Kemp

Erich Ehbauer, CIO Apollo Optik: "Ich habe darüber gestaunt, wie sie mit der Internationalität ihres Unternehmens umgeht. Wenn ich mir das vorstelle, 530.000 freie Mitarbeiter in 60 Ländern - da bin ich doch froh, dass ich alle meine Nutzer kenne ..."

Peter Görl, Leiter Informationslogistik Hübner: "Obwohl ich aus einer ganz anderen Branche komme, dem produzierenden Gewerbe, sind bei uns einige Aspekte ähnlich gelagert. So finde ich den Ansatz interessant, wie Frau Kemp den Erfolg ihrer Arbeit misst und wie sie Veränderungen erklärbar macht."

Die besten Statements von den IT-Strategietagen
CIO Michael Kollig von Danone zum Vortrag von Airbus-CIO Guus Dekkers: "Alignment und Business sind absolut essenziell. Das ist eine schöne Bestätigung dessen, was wir bei Danone auch machen. Beeindruckt hat mich die Komplexität, die der Airbus-CIO verwalten und gestalten muss." Michael Kollig zum Vortrag von BMW-CIO Karl-Erich Probst: "Der Vortrag war nah dran an unserer Realität bei Danone: Beide Unternehmen sind ähnlich dezentral aufgestellt. BMW und Danone müssen den Spagat machen zwischen Globalisierung und Effizienz sowie den verschiedenen Anforderungen in den lokalen Märkten."
Thomas Siekmann, CIO RTL Shop zum Vortrag von Airbus-CIO Guus Dekkers: "Ich finde es gut, mit welchem Selbstbewusstsein der Referent davon ausgeht, dass wir als CIOs zum Überwinden der Krise beitragen können. Das ist auch mein Motto: Nicht vom Gejammere anstecken lassen!"
Christoph Heiss, CIO Monier zum Vortrag von Airbus-CIO Guus Dekkers: "Die IT hat das Potenzial, die Unternehmen voranzubringen - und wird in dieser Rolle auch zunehmend vom Business akzeptiert!"
CIO Karsten Vor von Honeywell Life Safety zum Vortrag von Airbus-CIO Guus Dekkers: "Prozessmanagement ist das Kernthema. Das ist nur der Enabler der Prozesse. Das muss man aber auch richtig nach außen kommunizieren und umsetzen."
Erich Ehbauer, CIO Apollo Optik, zum Vortrag von Stefanie Kemp: "Ich habe darüber gestaunt, wie sie mit der Internationalität ihres Unternehmens umgeht. Wenn ich mir das vorstelle, 530.000 freie Mitarbeiter in 60 Ländern - da bin ich doch froh, dass ich alle meine Nutzer kenne …"
Jürgen Thoma, CIO beim Rudolf Haufe Verlag über den Vortrag von Jürgen Häfner, CIO des Landes Rheinland Pfalz: "Als privater Bürger finde ich es beruhigend, wie sich die öffentliche Verwaltung modernisiert. Das schafft Vertrauen. Ich kann auch Häfners Aussage zustimmen, dass die Bundesregierung gut und schnell auf die Krise reagiert."
Karsten Häcker, Euroscript Deutschland, über den Vortrag von Jürgen Häfner, CIO des Landes Rheinland Pfalz: "Das Land Rheinland-Pfalz ist bei der Verwaltungsmodernisierung sicher Vorreiter. So rosig sieht es nicht überall aus. Dennoch: Das Thema IT ist in den Behörden angekommen und wir werden Schritt für Schritt Verbesserungen sehen."
Thomas Schultze, CIO der Navico GmbH, über den Vortrag von Jürgen Häfner, CIO des Landes Rheinland Pfalz: "In einer Behörde zu arbeiten, hat bestimmt seine ganz eigenen Schwierigkeiten. Häfners Vertrauen in die Politik finde ich bewundernswert …. (lacht). Ich bin da eher skeptisch."
Redet Klartext auf den Hamburger IT-Strategietagen, Airbus-CIO Guus Dekkers: "Seien Sie sicher, dass Sie die Prozesse verstanden haben." Sein Rat: Organisieren Sie die IT an den Schlüsselprozessen, versuchen Sie eine klare Abstimmung mit den Fachbereichen und stellen Sie sicher, dass sie hinreichend Prozess-Know-how in der IT haben.
Stefanie Kemp, CIO von Vorwerk und Referentin auf den Hamburger IT-Strategietagen: "Wir sind der Prozess-Verständige, aber nicht der Treiber für Prozesse! Intern in der IT stellen wie uns die Frage: Wann werden wir gebeten, die komplette Geschäfts-Prozessverantwortung zu übernehmen?"
Jürgen Burger, CIO bei Hellmann Worldwide und Referent auf den Hamburger IT-Strategietagen: "Von all dem, was wir an Methoden eingeführt haben, haben wir nicht effektiv zum Fortgang der Firma beigetragen."
Rainer Janßen, CIO der Münchener Rück, fordert, die "eierlegende Wollmilchsau" vom Sockel zu stoßen. Diese könne für keinen CIO ein Vorbild sein. Die Branche soll ihre Minderwertigkeitskomplexe loswerden, so Janßen.
Referent auf den Hamburger IT-Strategietagen 2009, BMW-CIO Karl-Erich Probst. Ingrid Schirmer von der Universität Hamburg sagte zum Vortrag: "Die Frage ist doch: Wie sorgt man dafür, dass die gestaltende Kraft des CIO beim Vorstand ankommt? Brauchen IT-ler für die heutige Art der Zusammenarbeit eine andere Ausbildung?"