Deutsche-Post-Chef Appel

Streetscooter-Aus auch auch in der Politik begründet

18.06.2020
Mit dem Streetscooter hat die Deutsche Post gezeigt, wie eine innovative Idee scheitern kann.
Deutsche Post CEO Frank Appel gab einen Einblick zur Lage der Deutschen Post AG.
Foto: Deutsche Post DHL Group

Post-Chef Frank Appel hatte zwar immer an seinen Elektro-Flitzer geglaubt, am Ende musste er ihn dann doch aufgeben. Die Verantwortung sieht der Manager auch bei der Politik, wie er am Mittwochabend bei einer Online-Konferenz des Internationalen Clubs Frankfurter Wirtschaftsjournalisten deutlich machte: Wenn der Streetscooter kostenlos in die Städte gekommen wäre und Diesel-Fahrzeuge nicht oder aber der CO2-Ausstoß verteuert worden wäre, hätten sich die Elektro-Lieferwagen auch besser verkauft, argumentierte Appel.

Von seinem Produkt zeigte er sich immer noch überzeugt: "In der Tat ist der Streetscooter immer noch das beste Fahrzeug am Markt." Künftig werde der Konzern mit anderen Partnern zusammen arbeiten müssen, um die Flotte weiter auszubauen. Im vergangenen Jahr hatte die Post mit dem Streetscooter rund 100 Millionen Euro Verlust verbucht. In diesem Jahr belastet der Stopp die Bilanz wohl noch einmal mit 300 bis 400 Millionen Euro.

Deutsche Post erwartet von den Autoherstellern Elektro-Transporter

Der Zeitpunkt das Projekt zu stoppen, sei allerdings der richtige gewesen. "Weil wir die Autos ja jetzt am Markt gar nicht verkaufen könnten so einfach", erklärte Appel mit Blick auf die Corona-Krise und deren Folgen für die Wirtschaft. Er erwarte, dass Autohersteller bald selbst geeignete Elektrofahrzeuge anbieten, auf die die Post nach dem Streetscooter setzen kann. Die Streetscooter-Flotte soll aber noch von 11.000 auf 15.000 Fahrzeuge wachsen.

Insgesamt komme die Post "extrem stabil" durch die Krisenzeit, sagte der Manager. Zu konkreten Schätzungen ließ er sich aber noch nicht hinreißen: "Momentan ist die Volatilität noch enorm. Deswegen haben wir uns entschieden, noch keine neue Prognose zu geben." Die Post hatte ihr Gewinnziel für 2020 wegen der Ausbreitung des Corona-Pandemie Ende Februar unter Vorbehalt gestellt und es Anfang April wie viele andere Konzerne ganz kassiert.

Weltweiter Einbruch der Konsumentennachfrage

Allerdings betonte Appel am Mittwoch, dass die weltweiten Lieferketten nie zusammengebrochen seien. Das Problem, das Corona mit sich gebracht habe, sei ein Nachfrageproblem. "Wir haben nicht einen Tag nicht operiert in der Welt." Nur wenige Stationen der Deutschen Post DHL seien geschlossen gewesen. Es gebe angesichts der Krise einen weltweiten Einbruch der Konsumentennachfrage. So etwas habe es global noch nie gegeben. Die Preise für Luftfracht seien hingegen enorm gestiegen.

Profitieren konnte die Post in der Krise allerdings von einem regelrechten Paketboom. Die Zahlen erreichten plötzlich ähnliche Höhen wie in der Vorweihnachtszeit. Die Post sieht auch im zweiten Halbjahr weiter deutliches Wachstum bei den Paketen. Der Anstieg habe sich aber inzwischen etwas abgeschwächt, sagte Appel. Es sei noch schwer abzuschätzen, ob das E-Commerce-Geschäft so stark bleibe. In der Krise hätten Menschen online eingekauft, die das sonst nicht tun. "Wie lange das anhält, wird man erst über den Sommer sehen können", sagte der Manager. Stärkere Arbeitslosigkeit habe wahrscheinlich einen verstärkenden Effekt auf die Online-Handel. So gebe es im Internet eine totale Preistransparenz, und die Preissensibilität steige, wenn man arbeitslos sei.

Amazon reduziert Transporte mit der Deutschen Post

Ebenfalls positiv: Die Post wird laut Appel unabhängiger vom Online-Riesen Amazon: Der Anteil, den der Onlinehändler als Kunde ausmache, sinke, weil Amazon immer mehr Pakete selbst zustelle und das Geschäft der Post mit anderen Kunden stärker wachse. "Unsere Abhängigkeit von Amazon-Umsatz ist in den letzten Wochen weiter gesunken." Weltweit stehe Amazon für zwei Prozent des Umsatzes der Post. Bei UPS seien laut deren Angaben deutlich mehr.

Eine andere Baustelle hat die Post derzeit noch beim Briefporto, denn das könnte laut Bundesnetzagentur nämlich womöglich rechtswidrig sein. Hintergrund dieser Einschätzung ist eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, das Ende Mai die Preiserhöhung für 2016 für nicht rechtens erklärt hatte. Aber auch da gab sich Appel gelassen: Das Gericht habe sich nicht zur Höhe des Portos geäußert, sondern nur zum Verfahren.

Angst vor zweiter Infektionswelle

Konkret geht es darum, mit welcher Begründung die Porto-Erhöhungen genehmigt wurden. "Da muss man eben jetzt sehen, wie der Gesetzgeber damit umgeht. Unser Eindruck ist, dass der Kläger nicht unbedingt Recht bekommen hat, sondern das Bundesverwaltungsgericht auch andere Aspekte gesehen hat." Was die Höhe des Briefportos angehe, sei es auch interessant mal einen Blick auf andere Länder Europas zu werfen: Deutschland liege im Durchschnitt 32 Cent unter den anderen Ländern bei einem Standardbrief.

Das Hauptthema bleibt aber wie bei den meisten Unternehmen vorerst weiterhin die Corona-Krise. Dabei beobachtet Appel auch Entwicklungen, was den generellen Krankenstand seiner Mitarbeiter angeht. Das Social-Distancing bewirke, dass es jetzt generell weniger Krankheitsfälle als früher gebe, nicht nur in Bezug auf Corona. Zudem erkrankten weniger die Zusteller, die bei ihrer Arbeit vor allem im Freien unterwegs sind, als Mitarbeiter in geschlossenen Räumen. Deshalb gebe es auch in heißeren Ländern mehr Infektionen, weil die Menschen dort tagsüber oft im Haus blieben.

Der Manager sieht auch die Gefahr in einer zweiten Infektionswelle, deshalb sei es wichtig vorbereitet zu sein. Das bezieht er sowohl auf die Unternehmen als auch auf jeden einzelnen: Die neue Corona-App hat er sich nach eigenen Angaben deshalb auch schon heruntergeladen. (dpa/rs)