Analystenurteil

T-Systems nach den Qualitäts- und Serviceproblemen

28.11.2011 von Thomas Pelkmann
Mehr Auftragseingänge, aber Belastungen der Marge durch Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Experton-Analyst Zilch sieht T-Systems dennoch auf einem guten Weg.

Eigentlich war das dritte Quartal dieses Jahres für die Telekom-Service-Tochter T-Systems ein erfolgreiches Vierteljahr: Allein bei den Auftragseingängen verzeichnete das Unternehmen ein Plus von 18,5 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahreszeitraum. "Neben Großaufträgen, wie zum Beispiel von Daimler", heißt es in einer Pressemitteilung von T-Systems, "trugen auch zahlreiche kleinere Abschlüsse im Bereich der Cloud-Services zu dem höheren Ordervolumen bei".

Gutes 3. Quartal, aber Kampf mit Altlasten aus dem Vorjahr: T-Systems ist insgesamt auf einem guten Weg, meinen die Analysten und der Konzern selber.
Foto: Deutsche Telekom AG

Wachstum gab es auch beim Umsatz: Der nahm um 2,3 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro zu. Allerdings, gesteht T-Systems ein, "fiel die Steigerung ... etwas geringer als im ersten Halbjahr aus".

Im Grunde könnte T-Systems mit der Entwicklung sehr zufrieden sein, wären da nicht Altlasten aus der Vergangenheit, die das Ergebnis trüben. So belasteten nach Worten von T-Systems "Kosten für Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei laufenden Verträgen" Ergebnis und Marge "weiterhin". Das EBITDA ging daher im dritten Quartal um 8,1 Prozent auf 0,2 Milliarden Euro zurück. Die bereinigte EBIT-Marge, bei T-Systems die "wichtigste Kennziffer zur Profitabilität des Systemgeschäfts", belief sich nach 3,3 Prozent im dritten Quartal 2010 nur noch auf 2,4 Prozent. Weniger als im Vorjahresquartal also, aber immer noch um 1,6 Prozent besser, als im ersten Halbjahr 2011.

Altlasten aus der Vergangenheit

Grund für diese Verwerfungen sind nach Ansicht von Andreas Zilch, Vorstand beim Analystenunternehmen Experton, Altlasten aus der Vergangenheit: "T-Systems hat im vergangenen Jahr massive Qualitätsprobleme gehabt, besonders mit großen Kunden wie Shell, Linde und Centrica (UK), die erst im Jahr davor akquiriert werden konnten."

Das Handelsblatt berichtete damals (am 21.12.2010) unter anderem: "Ganz so tadellos ist die Bilanz drei Jahre nach dem Amtsantritt von [T-Systems CEO] Clemens nicht. Er hat zwar zahlreiche internationale Konzerne als Kunden gewinnen können. Doch inzwischen stellt sich heraus, dass T-Systems bei der Umsetzung der Projekte nicht ganz so erfolgreich ist wie bei deren Akquise: Ausgerechnet der Vorzeige-Kunde Shell sei sauer, heißt es in Branchenkreisen. Es gebe immer wieder Probleme mit der IT, deren Betrieb der Ölmulti an T-Systems ausgelagert hat. Zudem habe die Telekom-Tochter die versprochenen Einsparungen nicht erreicht."

Probleme bei Servicequalität waren vorgezeichnet

Neben drohenden Einbußen bei der Marge waren schon damals Probleme bei der Servicequalität vorgezeichnet, meint Experton-Analyst Zilch, weil T-Systems weitgehend auf die Mitarbeiterübernahme seiner Neukunden verzichtet habe. Schon daraus ergäben sich Defizite im Know-how über die IT des neuen Kunden, die nicht so einfach zu kompensieren sei.

Ferri Abolhassan, bei T-Systems als Vorstand für den gesamten Produktionsbereich zuständig, hat mit seinen Maßnahmen zum schnellen Turnaround beigetragen.
Foto: T-Systems International GmbH

"Da haben bei T-Systems nach den Großakquisitionen schlicht die Kapazitäten gefehlt", urteilt Zilch. Dazu seien die marktüblichen Risiken bei den Outsourcing-Verträgen der zweiten Generation gekommen. "Wenn ich Neukunden gewinne, weiß ich nicht genau, wie die IT bei ihm aussieht". So habe man sich zusätzlich große Aufgaben aufgebürdet.

Beides habe zu den noch in diesem Quartal spürbaren Verwerfungen bei der Servicequalität geführt. Aber die Probleme seien nun, meint nicht nur T-Systems, gelöst. So heißt es im Quartalsbericht von T-Systems: "Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung beginnen sich auszuzahlen und führten beispielsweise im Jahresverlauf zu verbesserten Kennzahlen für Kundenzufriedenheit."

Vorstand Abolhassan schafft den Turnaround

Eine Einschätzung, die Andreas Zilch teilt. Ihn beeindruckt der Turnaround bei T-Systems, den das Unternehmen nach Meinung des Analysten vor allem einem Mann verdankt: Dem für den Bereich Produktion verantwortlichen Vorstandsmitglied Ferri Abolhassan. Der sei eher als harter Hund bekannt, habe aber in den drei Jahren seiner Tätigkeit für T-Systems bereits nachweisliche Erfolge vorzuweisen.

"Er hat zunächst den Bereich System Integration saniert und es dann als Verantwortlicher für die Produktion geschafft, das Geschäft von T-Systems schnell und nachhaltig zu stabilisieren", schwärmt der Analyst. So habe es Abolhassan unter anderem fertiggebracht, die sogenannten Major Incidents pro Monat um zwei Drittel zu senken und damit die Kundenzufriedenheit extrem verbessert. Der Erfolg des einen Managers lässt allerdings die Arbeit seiner Vorgänger in schlechtem Licht erscheinen, so Zilch. Abolhassan habe nichts weiter getan, als gängige Standardmaßnahmen zu ergreifen. Das hätten seine Vorgänger offenbar versäumt.

Telekom IT-Mitarbeiter gehen zu T-Systems

So gesehen, stehen die jüngst veröffentlichten Quartalszahlen für die Fortsetzung eines endlich erfolgreichen Kurses auch bei der Verbesserung der Servicequalität. In diesem Zusammenhang kann man eine Ankündigung der Konzernmutter durchaus als Anerkennung für diese geleistete Arbeit sehen: Die Telekom hat beschlossen, seine IT-Servicemitarbeiter zu T-Systems auszulagern.

Auch wenn nähere Details dazu erst im Laufe des Dezembers bekannt werden, sieht IDC-Analyst Matthias Kraus darin prinzipiell ein gutes Zeichen: "Dass die Mutter an T-Systems auslagert, ist meiner Meinung nach absolut konsequent und ein gutes Signal an den Markt."

Muss nach der Übernahme der Telekom-IT nun in den Spagat zwischen höherer Marge und niedrigen IT-Kosten: T-Systems-Chef Reinhard Clemens.
Foto: T-Systems International GmbH

Auch für Andreas Zilch ist die Auslagerung der Telekom-IT an T-Systems ein nachvollziehbarer Schritt, weil man damit Reibungsverluste vermeiden könne. "Die teilweise künstliche Trennung von Anbieter und Kunde bedeutet zusätzlichen Aufwand, der nun vermieden werden kann." Andererseits werde nun für T-Systems Chef Reinhard Clement das Erreichen seiner Ziele schwieriger: Einerseits ist er gehalten, die IT-Kosten beim Mutterkonzern Telekom zu senken, andererseits soll er bei T-Systems Umsatz und vor allem die Margen steigern.

Marge wird noch etwas leiden

Zilch vermutet, dass die Marge beim IT-Dienstleister der Telekom ein wenig unter dieser Konstruktion leiden werde, wenngleich sich der Analyst positive Nettoeffekte durch das bereits angesprochene Vermeiden von Reibungsverlusten verspricht. Weitere Verwerfungen, wie sie der Konzern durch vorangegangene Neugeschäfte in Kauf nehmen musste, wird es aber wohl nicht mehr geben: Schließlich wird es in diesem Fall einen Mitarbeiterübergang zwischen Telekom und T-Systems geben, daher wird das Aufrechterhalten der Servicequalität kein prinzipielles Problem mehr sein.

Die Telekom hat angekündigt, im Dezember Einzelheiten zum Übergang der IT-Services an T-Systems zu beraten. Wir werden Sie über die Details informieren (CIO-Redaktion).