Henkel-CDIO Michael Nilles

"Technologie verschwindet hinter den Anwendungen"

16.11.2021 von Michael Nilles
Menschen wollen im Einklang mit sich selbst, ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer Umwelt leben. Sie vertrauen Unternehmen, die ihnen mit Technologien und Produkten dabei helfen. Im CIO-Jahrbuch 2022 wettet Michael Nilles, dass 2027 solche Firmen am stärksten sein werden, die das am besten können.
"Ich wette, dass Technologie in fünf Jahren noch wichtiger, zugleich aber noch unsichtbarer als heute sein wird", schreibt Michael Nilles, CDIO von Henkel, in seinem Beitrag für das CIO-Jahrbuch 2022.
Foto: Henkel AG & Co. KGaA

Technologie fasziniert - und ist den meisten Menschen in den meisten Fällen doch ziemlich egal. Was sie interessiert und leidenschaftlich bewegt, sind die Ergebnisse von Technologie, nicht aber, auf welchem Wege sie zustande kommen. Wir glauben uns von Technologie umzingelt, und schauen doch nur durch einen winzigen Schlitz auf das Universum von Technik. Smartphone, Tablet, Computer, Fernseher, Spielekonsole - das nehmen wir bewusst wahr.

Unsichtbar aber bleibt das Gebirge technischer Anwendungen, die hinter den ungezählten Wundern unseres täglichen Lebens stehen. Clouds sehen wir ebensowenig wie 5G, mRNA-Technologie, neue Produktionsverfahren oder effizientere Methoden der Lagerhaltung, Energie-Erzeugung, Ressourcenschonung oder Logistikoptimierung. Die wahren Wunder finden hinter den Kulissen statt.

Ich wette, dass Technologie in fünf Jahren noch wichtiger, zugleich aber noch unsichtbarer als heute sein wird. Technologie erreicht ihren größten Nutzen dann, wenn sie maximal hinter den Anwendungen und Systemen verschwindet, die sie ermöglicht.

Technik steht im Hintergrund

Warum ist das so? Weil Menschen sich ein natürliches Leben wünschen. Die tiefen und engen Beziehungen gehen sie nicht zu ihrem Smartphone oder ihrer Spielekonsole ein, sondern zu ihren Eltern und Kindern, Geschwistern und Nichten, Freundinnen und Freunden, Kolleginnen und Kollegen, zur Natur und zu Tieren. Und zuallererst zu sich selbst. Im Mittelpunkt des Menschen stehen der Mensch und seine Umwelt.

CIO-Jahrbuch 2022
Foto: cio.de

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Das hat zur Folge, dass Konsumenten das meiste Geld und die meiste Zeit dafür ausgeben, im Einklang mit sich, ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer Umwelt zu leben. Technologie ist dort am erfolgreichsten, wo sie sich in den Dienst dieser Bedürfnisse stellt und wo sie der Versuchung widersteht, sich selbst in den Vordergrund zu spielen.

Technologie begleitet das Leben von Menschen idealerweise so, wie gute Filmmusik einen Film. Filmmusik begleitet einen Film, darf sich jedoch niemals über ihn legen. Sie ist eine unverzichtbare Nebensache, aber niemals die Hauptsache. Technologie ist der Soundtrack zu unserem Leben, nicht aber das Leben an sich.

Neue Aufgaben für den CIO

Was bedeutet das für die Arbeit von Unternehmen und für das Wirken von CIOs und CDOs? Es bedeutet, dass unsere Aufgabe als CIO/CDO darin besteht, das Leben von Menschen reichhaltiger und sinnvoller auszugestalten, die technischen Mittel dazu aber möglichst vollständig vergessen zu lassen. So wie man bei einem guten Magier nur den Effekt des Tricks sieht, nie den Trick selbst, so streben wir danach, dem Leben mehr Schönheit, Glück und Sinn zu verleihen, die dazu notwendige Technologie jedoch hinter den Kulissen verschwinden zu lassen.

Ich wette, dass die erfolgreichsten Champions des Jahres 2027 solche Unternehmen sein werden, denen das am besten gelingt.

Was gibt uns Anlass, an diese These zu glauben? Bereits heute sind die Fakten unübersehbar. Einige Beispiele:

Zu beobachten ist ein fundamentaler Wandel des Zeitgeistes. In den 1950er- bis 1970er-Jahren galt technische Machbarkeit als hinreichender Grund für die Umsetzung. Staudämme am Nil wurden gebaut, weil sie baubar waren und weil Strom benötigt wurde. Das reichte als Grund völlig aus. Die Protestbewegungen der späten 1960er-Jahre konnten diese Grundüberzeugung nicht brechen, sondern fügten ihr lediglich eine selbstkritische Komponente hinzu. "Homo Faber", der berühmte Roman Max Frischs, gab dieser Epoche ihre Fabel und Leitfigur.

Kolonisierung des Cyberspace

Nach dieser Phase brach die Ära der Digitalisierung an. Mit der Demokratisierung des Zugangs zu Computern in den 1980er-Jahren und der Erfindung des World Wide Web in den 1990ern bis hin zur Gegenwart war die Menschheit vor allem mit der Kolonisierung des Cyberspace beschäftigt. Wie bei jeder Kolonisierung ging es dabei in erster Linie darum, die weißen Flecken auf der Landkarte zu füllen. Auch das reichte als Grund fürs Erste vollständig aus. Der Cyberspace wurde besiedelt, einfach, weil er da war. Mehr Reflektion war nicht vonnöten. Edmund Hillarys Diktum war die Losung einer ganzen Zeit: "Den Mount Everest besteige ich, weil er da ist."

Die Top CIOs der Chemie- und Pharma-Branche
Markus Schümmelfeder
Seit April 2018 ist Markus Schümmelfeder neuer CIO des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim in Ingelheim am Rhein. Er war zuvor Corporate Vice President IT im Unternehmen. Schümmelfeder berichtet an seinen Vorgänger im CIO-Amt, den CFO Michael Schmelmer.
Martin Richtberg
Seit 1. Januar 2022 bekleidet Martin Richtberg die Position des Senior Vice President Information Technology, CIO und CDO von Wacker Chemie. Zuletzt war er dort Leiter des globalen Project-Engineering.
Annette Hamann
Annette Hamann ist seit 2020 CIO bei der Hamburger Beiersdorf AG. Ihre Vorgängerin Barbara Saunier ist im Ruhestand.
Dirk Ramhorst
Seit dem 1. Mai 2022 ist Dirk Ramhorst, ehemaliger IT-Chef von Wacker Chemie, CIO beim Spezialchemiekonzern Evonik. Seine Vorgängerin Bettina Uhlich ging in den Vorruhestand.
Michael Nilles
Henkel hat Michael Nilles am 1. Oktober 2019 zum Chief Digital & Information Officer (CDIO) ernannt. Er berichtet direkt an Carsten Knobel, CEO von Henkel. In seiner Position ist Nilles für die Bereiche Digital, IT, Geschäftsprozessmanagement und Corporate Venture Capital verantwortlich.
Abel Archundia-Pineda
Abel Archundia-Pineda ist seit Mai 2017 Head of IT Business Partnering Pharmaceuticals bei Bayer im Geschäftsbereich Pharma bei Bayer. Zuvor war er Head of IT for Novartis Technical Operations and Global CIO der Sandoz Division, Novartis AG.
Michael Jud
Michael Jud ist seit April 2017 Leiter IT beim Pharmahersteller InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH in Heppenheim im südlichen Hessen. Jud kommt vom Anlagenbauer Schenck Process in Darmstadt. Er berichtet bei seinem Arbeitgeber an den kaufmännischen Geschäftsführer. Neben dem Fokus-Thema IT-Sicherheit baut der gelernte Diplom Ingenieur SAP weiter aus und unterstützt das internationale Wachstum von InfectoPharm.
Alessandro de Luca
Alessandro de Luca war bisher Interims-Group CIO beim Pharmakonzern Merck. Der Konzern hat sich entschieden, de Luca dauerhaft in dieser Position zu beschäftigen.
Hermann Schuster
Seit 1. September 2021 ist Hermann Schuster Head of Information Technology bei der Lanxess AG. Er folgt auf Kai Finke. In seiner neuen Position will Schuster im Chemiekonzern ein Konzept für den Modern Workplace umsetzen und sich auf Cybersicherheit konzentrieren. Daneben steht der Rollout eines SAP S/4 Hana-Templates auf seiner Agenda. Schuster berichtet an den Lanxess-Finanzvorstand Michael Pontzen.
Bijoy Sagar
Bijoy Sagar ist ab Juni 2020 neuer Leiter IT und Digitale Transformation der Bayer AG. Er löst den bisherigen CIO und CEO der IT-Tochter Bayer Business Services (BBS) ab, der seine Konzernkarriere beendet. Die BBS wird aufgelöst. Sagar soll die Digitalisierung des Pharmakonzerns vorantreiben und die begonnene Neuaufstellung der IT ans Ziel führen. Er berichtet an den Finanzvorstand Wolfgang Nickl.
Martin Wiedenmann
Martin Wiedenmann ist seit Februar 2019 Head of Global IT/CIO der Atotech Group, einem weltweit agierenden Marktführer für Spezialchemie. Zuvor war er war seit Juli 2016 CIO bei Ledvance in München.
Andreas Becker
Andreas Becker ist seit April 2017 Vice President Information Technology/CIO beim Pharmakonzern Daiichi-Sankyo Europe in München. Im Oktober 2014 kam der Diplom-Kaufmann mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik & EDV als Head of IT Strategy & Service Delivery ins Unternehmen.
Sandeep Sen
Sandeep Sen ist CIO der Linde Group. In dieser Funktion hat er Büros in Singapur und München. Weltweit führt Sen rund 1.100 Mitarbeiter. Er kam 1993 zu Linde Indien (vormals BOC India). Zuvor war er in der IT auf dem Finance-Sektor tätig. Dabei arbeitete er sowohl in Indien als auch in Großbritannien.
Peter Buchmüller
Seit Mitte Juni 2017 ist Peter Buchmüller IT-Leiter der Aenova Group, einem pharmazeutischen Auftragshersteller mit Sitz in Starnberg bei München. Der genaue Titel lautet: Senior Vice President Corporate IT Aenova Group. Buchmüller wechselte von der Molkerei Meggle in Wasserburg, wo er zuvor als Leiter IT tätig war.
Berthold Kröger
Berthold Kröger hat im Juli 2015 die IT-Verantwortung bei der K+S AG in Kassel übernommen. Der neue Leiter Corporate IT berichtet an den Vorstand Thomas Nöcker. Der promovierte Informatiker hat sein Studium an der Universität-Gesamthochschule Paderborn absolviert. Er arbeitete danach mehr als drei Jahre im Forschungs- und Technologiezentrum der Deutschen Telekom und war später in verschiedenen Positionen bei der Hochtief AG und der Hochtief Solutions AG in Essen beschäftigt.
Alexander Bode
Im Juli 2014 hat Alexander Bode den CIO-Posten beim Farbenhersteller DAW SE angetreten. DAW (Deutsche Amphibolin-Werke) ist vor allem bekannt durch Farbenmarken wie Caparol und Alpina. Bode kommt vom Pharmahändler Celesio, wo er seit 2013 als Global Head of IT Governance tätig war. Davor arbeitete der Wirtschaftsinformatiker viele Jahre bei der Freudenberg-Gruppe, wo er auch seine berufliche Laufbahn 2002 begann. Zuletzt verantwortete er dort von 2008 bis 2013 als Director ERP Europe das SAP Competence Center von Freudenberg Sealing Technologies.
Torsten Müller
Seit November 2018 ist Torsten Müller Head of Information Technology (CIO) beim Pharma- und Laborzulieferer Sartorius AG mit Sitz in Göttingen. Zuvor war er Chief Digital Officer und Chief Information Officer sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Versicherung Helvetia Deutschland in Frankfurt.
Stephan Heinelt
Stephan Heinelt ist seit September 2018 Group CIO beim Spezialchemiekonzern Altana AG mit Sitz in Wesel. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker Heinelt war zuletzt Leiter Service Management Global IT Services bei der Evonik Industries AG in Essen.
Martin Kinnegim
Martijn Kinnegim ist seit März 2019 CIO der STADA Arzneimittel AG mit Sitz im hessischen Bad Vilbel. Kinnegim arbeitete zuvor bei Jacobs Douwe Egberts (JDE). Dort war er als Global CIO tätig und leitete die Integration der Gesellschaften DE Masterblender 1753 und Mondelez International in den weltweit führenden Kaffeekonzern.
Walter Grüner
Walter Grüner ist seit Mai 2019 Head of Information Technology beim Chemie-Unternehmen Covestro in Leverkusen. Zuvor war Grüner seit 2013 als Group CIO bei der KION Group AG tätig, einem Anbieter von Gabelstapler und Lagertechnik.
Tobias Günthör
Der Pharmakonzern Stada hat mit Tobias Günthör seit Anfang April einen neuen IT-Chef. Der Titel des 53-Jährigen lautet CIO/Senior Vice President IT at Stada Group.
Carsten Priebs
Zum 01.01.2024 wurde Carsten Priebs zum Digitalchef der Biesterfeld AG berufen.

Inzwischen ist der Cyberspace weitgehend bevölkert. Einzelne Flecken sind zwar noch unbewohnt, und manche Ländereien können vielleicht noch zusätzlich entdeckt werden, doch im Großen und Ganzen geht es uns jetzt wie den Mayflower-Siedlern und ihren Kindeskindern, nachdem sie bis nach Kalifornien gezogen waren und sich den ganzen nordamerikanischen Kontinent von der Ost- bis zur Westküste unter­worfen hatten. Das fragten sie sich: "Und jetzt? Was machen wir als nächstes?"

Genau diese Frage stellt sich jetzt auch uns. Und genau wie damals die Siedler am Ende der Besiedlung geben wir eine vergleichbare Antwort: "Lebensqualität". Um die Steigerung der Lebensqualität soll es als nächstes gehen.

Es geht um Lebensqualität

Hierbei handelt es sich um eine geschichtliche Konstante. Nach der Periode des Geländegewinns und räumlichen Ausdehnung ging es in der darauffolgenden Phase fast immer um die Steigerung der Qualität. Darum, das Leben zu verbessern und zu bereichern.

Was bedeutet diese Lebensqualität in den Augen unserer Kunden? In erster Linie bedeutet sie die Abkehr von den Zynismen des Industriezeitalters. Zynismus ist ein zentrales Problem, mit dem wir uns beschäftigen müssen, um die Anforderungen der kommenden Jahre zu verstehen. Uns sollte es darum gehen, den Verdacht des Zynismus abzustreifen. Etwas pathetischer könnte man sagen: Es geht darum, den Menschen im Menschen zu erblicken. Das klingt vielleicht etwas esoterisch oder philosophisch, ist in Wahrheit aber äußerst handfest und in höchstem Maße dringlich.

Abkehr vom Zynismus

Was ist gemeint? Warum war das Industriezeitalter zynisch? Zynismus ist eine fast zwingende Folge der Industrialisierung und Massenproduktion. Ihr oberstes Ziel bestand darin, die höchstmögliche Anzahl von Gütern zu geringstmöglichen Preisen herzustellen. Zweck war es, die materiellen Bedürfnisse des Lebens so gut wie möglich zu erfüllen oder gar überzuerfüllen. Als wichtigste Kenngröße galten die Stückkosten. Denn nur sinkende Stückkosten können den materiellen Wohlstand mehren, ohne mehr Geld zu verschlingen.

Aus dieser Logik ergab sich zwingend das Prinzip der größtmöglichen Gleichheit. Jede Abweichung von der Serie erhöhte die Stückkosten und damit den Preis. Denn wenn die Menschen das Gleiche ausgeben, die Stückkosten aber steigen, dann sinkt der Wohlstand. Kürzer ausgedrückt: Individualität schmälert Wohlstand. Optimiert wurde deswegen auf die Minimierung der Abweichungen von der Norm. Das war die logische Folge. Mathematiker würden sagen: Es ging um die Reduzierung der Varianz, also um die Minimierung des Quadrats der Standardabweichung.

Folgen der Normierung

Übrigens: Aus dieser Logik nahm das Industriezeitalter die Zerstörung der Umwelt billigend in Kauf. Sie passte perfekt zum Ziel der Stückkosten-Minimierung. Natürlich sagt jeder Volkswirt, dass externe Kosten wie Luft, Wasser, Klima, Stau, Waldsterben, Ozonloch, Bodenschätze oder Artenvielfalt internalisiert, also zu Vollkosten mit in die Kalkulation einbezogen werden müssen. Doch jede Internalisierung der Kosten für Gemeingüter erhöht automatisch die Stückkosten. Also lag es in der Logik der Sache, die Internalisierung externer Kosten so lange wie möglich aufzuschieben oder am besten ganz zu vermeiden. Gehandelt wurde meistens nur auf Druck von außen und fast nie aus eigenem Antrieb.

Diese Denk- und Verhaltensweisen sind nur dann nicht zynisch, wenn man die Erfüllung materieller Bedürfnisse als oberstes Ziel des Menschseins gelten lässt. Dafür mag es zeitweise gute Gründe geben, niemals aber auf Dauer. Die Zeiten, in denen diese Logik akzeptiert wurde, enden gerade. Trotzdem ist es wichtig zu verstehen, warum wir so gedacht haben. Der Grund ist zutiefst menschlich. Kulturell ergab er sich aus Hungernöten und Kriegen und in der Nachkriegszeit vor allem aus dem Zweiten Weltkrieg.

Lehren aus der Nachkriegszeit

Fast alle Nachkriegsperioden der Menschheitsgeschichte waren geprägt durch übertrieben materielles Denken. Wer einmal gehungert hat, möchte sich den Bauch vollschlagen und ein Fettpolster anlegen. Fettschichten gelten vielerorts als Sicherheitsreserve für kommende schlechte Zeiten.

Aus der Geschichte wissen wir aber auch, dass jede Hungersgeneration Kindeskinder hervorbringt, die den Hunger vergessen und zum Normalzustand zurückkehren: nämlich der Einsicht, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt und es deswegen auch nicht ausreicht, allein an die Erfüllung materieller Bedürfnisse zu denken. Werte wie Harmonie, Einklang, Rücksicht, Individualität, Glück und Erfüllung gewinnen in dem Maße an Bedeutung wie Hungers- und Kriegsnöte in die Ferne rücken.

Solche Generationen sind jetzt nachgewachsen. Sie interpretieren die Normierungs-Maxime des Industriezeitalters zwangsläufig als zynisch und überholt. Und zwar zu Recht. Denn diese Maxime steht in direktem Widerspruch zur Individualität des Menschen.

Individualität statt Normierung

Wenn der Mensch einzigartig ist - was nicht weniger ist als der Kernsatz aller antiken und westlichen Weltanschauung -, dann kann der Versuch, seine Bedürfnisse zu normieren, damit sie besser ins Stückkosten-Konzept passen, nichts anderes als Zynismus sein. Individualität lässt sich per se nicht mit Normierung vereinbaren. Normierung und Individualität sind immer direkte Gegensätze.

"Warum verlangt die Industrie von mir, dass ich so bin wie alle anderen und genau das konsumiere, was alle anderen auch konsumieren?", fragt man sich heute beispielsweise.

Zynisch wirkt das vor allem deswegen, weil die Industrie behauptet, den Kunden in den Mittelpunkt ihres Tuns zu stellen, der Kunde daran nun aber zweifelt. Und am Empfängerhorizont der Kunden wird der Verdacht des Zynismus in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. Für Unternehmen stellt dies eine klare und reale Gefahr dar. Verlieren sie das Vertrauen der Konsumenten, dann verlieren sie zwangsläufig Umsätze.

Damit sind wir angelangt bei der Aufgabe, die Technologie in den kommenden Jahren einnehmen wird. Technologie ist dafür da, Produzenten aus dem empfundenen Zynismus des Industriezeitalters zu befreien und sie mit den Konsumenten zu versöhnen.

Wie kann das gelingen? Rufen wir uns in Erinnerung, woher der Zynismus-Vorwurf ursprünglich stammt. Zunächst war da der absolute legitime Wunsch, Güter zu möglichst geringen Stückkosten herzustellen, um die Bedürfnisse der Menschen möglichst preiswert zu befriedigen. Diese Minimierung der Stückkosten war technisch nur möglich durch die Normierung der Produkte. Nur Massenproduktion und Automatisierung konnten es schaffen, die Güter immer preiswerter herzustellen. Und Massenproduktion samt Automatisierung waren technisch nur möglich durch die Reduktion von Varianz.

Losgröße Eins heißt das Ziel

Der Hebelpunkt für die Technologie kommender Jahre ist damit präzise beschrieben. Aufgabe von Technologie ist es, sinkende Stückkosten bei steigender (statt sinkender) Varianz zu ermöglichen. Technologie sollte Individualität erhöhen, die Kosten aber weiter senken. Ziel ist "Lot Size One" bei maximaler Schonung der Ressourcen und vollständiger Internalisierung externer Kosten.

Konkret bedeutet das: Die Industrie der Zukunft …

Schon diese Liste scheinbarer Widersprüche deutet die Größe der Aufgabe an. Ohne moderne Technologie ist das nicht zu schaffen. Es geht um nicht weniger, als das früher Unvereinbare vollständig miteinander zu vereinen. Und dabei Technologie nicht auf die Bühne, sondern hinter die Kulissen zu schieben. Es werden jene Unternehmen gewinnen, denen das am besten gelingt.

Wir bei Henkel setzen unsere ganze Kraft und Kreativität daran, dieses Ziel zu erreichen. Wir verstehen Technologie nicht als Selbstzweck, sondern als Werkzeug zum Vorstoß in eine neue Ära. Wir streben danach, das Leben unserer Kunden zu bereichern und zu erleichtern, dabei gleichzeitig die Gemeinschaft zu stärken und den Planeten zu schonen. Wir verstehen uns als Teil eines lebendigen Ökosystems. Wir schaffen Produkte, die so einzigartig sind wie die Menschen, die sie kaufen. Sie stiften maximalen Nutzen bei minimalem Verbrauch von Ressourcen.

Vertrauen steht im Zentrum

In meiner täglichen Arbeit sehe ich, wie viele Fortschritte wir auf diesem Weg machen. Deswegen gehe ich hiermit eine Wette ein, die große Chancen auf Erfüllung hat:

"Menschen wollen im Einklang mit sich selbst, ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer Umwelt leben. Sie vertrauen Unternehmen, die ihnen mit Technologien und Produkten dabei helfen. Ich wette, dass 2027 solche Firmen am stärksten sein werden, die das am besten können."

Zu diesen Firmen wird Henkel gehören.

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Foto: cio.de

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