Unflexible IT-Landschaften

Überalterte ERP-Lösungen in Fertigungs-Industrie

18.09.2006 von Andreas Schaffry
Viele Fertigungsbetriebe setzen immer noch ihr "erstes" ERP-System ein. Das hat zur Folge, dass die Technologie oft veraltet ist und neue Geschäftsprozesse nur begrenzt aufgebaut werden können. Damit lassen sich in einem wettbewerbsintensiven Umfeld aber keine nachhaltigen Wachstumsstrategien realisieren. Zu dieser Einschätzung kommt eine aktuelle Analyse der Aberdeen Group zum Einsatz von ERP-Software in der Fertigungsindustrie.

Bei einem Großteil der Fertigungsbetriebe ist die Software-Landschaft überaltert. Sie entspricht nicht mehr den aktuellen Erfordernissen an moderne Produktions-Prozesse. Die Aberdeen-Analysten fanden in einer Umfrage heraus, dass noch 31 Prozent der befragten Fertigungsbetriebe mit einer ERP-Software arbeiten, die älter als zehn Jahre ist. 34 Prozent setzen Systeme ein, die zwischen fünf und zehn Jahren alt sind.

Zwar haben Unternehmen ihre "Altsysteme" mit zusätzlichen Funktionalitäten sowie Eigenentwicklungen "nachgerüstet" und an die sich verändernden Geschäftsprozesse angepasst. Die so entstandenen ERP-Landschaften sind jedoch unflexibel, da sie über zahlreiche Schnittstellen miteinander verbunden sind.

Prozesse verbessern

Laut Aberdeen Group beeinflussen folgende Faktoren die Entwicklung einer zukunftsgerichteten ERP-Strategie: Fertigungsprozesse müssen standardisiert und beschleunigt sowie operative Kosten reduziert werden. Des Weiteren gilt es, Prozesse von der Bestellung bis zur Auslieferung zu straffen, den Kundenservice zu verbessern, weltweite Tätigkeiten zu vernetzen sowie einfachere Partner und Kunden zu integrieren.

Die Marktforscher wollten daher wissen, ob die Fertigungsunternehmen diese Anforderungen mit neuer ERP-Software, Upgrades oder Beibehaltung des Status Quo erfüllen wollen. 14 Prozent gaben an, die bislang eingesetzte Software komplett durch eine neue ERP-Software zu ersetzen, während 45 Prozent auf die neueste Version der bisher eingesetzten Software wechseln. Durchschnittlich 40 Prozent planen derzeit keine Aktivitäten.

Konsolidierung ist Trumpf

Laut Aberdeen liegt der Grund für die hohe Zahl der Unternehmen, die kein Upgrade planen darin, dass Versionswechsel häufig zeit- und kostenintensiv sind. Das gilt vor allem, wenn kundenspezifische Anpassungen notwendig werden. Auch zusätzliche Lizenzkosten spielen hier eine wichtige Rolle. Mehr als die Hälfte gab an, dass sie die zusätzlichen Funktionen in neuen Software-Versionen nicht benötigen.

Unternehmen, die mehrere ERP-Systeme gleichzeitig einsetzen, stehen zudem vor der Aufgabe, diese zu konsolidieren. 69 Prozent teilten mit, dass die Vereinheitlichung der ERP-Systemlandschaft der wichtigste Aspekt sei, um eine neue ERP-Software einzuführen. 42 Prozent wollen deshalb ihre veraltete Technologie durch eine neue Software ablösen. 37 Prozent führen Integrations-Herausforderungen und 36 Prozent neue Geschäftsentwicklungen an.

Wenig überraschend ist die Erkenntnis, dass mit zunehmender Firmengröße auch die Konsolidierung der bestehenden ERP-Systeme immer wichtiger wird. Das ist für 84 Prozent der Großunternehmen ein wichtiges Ziel. Bei mittleren und kleinen Unternehmen liegt dieser Wert bei 67 bzw. 58 Prozent.

Alle ERP-Module nutzen

Das Nutzungsverhalten der Anwender haben die Marktforscher anhand von 24 generischen ERP-Modulen (z.B. Buchhaltung, Materialbedarfsplanung, Einkauf, Lagerverwaltung) zu quantifizieren versucht. Im Durchschnitt nutzten die von Aberdeen befragten Unternehmen 10,51 Module. Hochgerechnet verwenden damit mehr als 43 Prozent der Unternehmen alle Module.

Da überrascht es kaum, dass die meisten Fertiger, ihre Kaufentscheidung danach richteten, wie umfassend die angebotenen ERP-Funktionalitäten bei einer neuen Software sind. Darüber hinaus beeinflussen die Möglichkeiten, IT-Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership) zu senken sowie einfaches Handling und schnelle Implementierung die Kaufentscheidung.

Vorteile gewinnen

Kosten- und Umsatzvorteile sowie höhere Profitabilität und Kundenzufriedenheit erwarten alle Unternehmen, die sich eine neue ERP-Software anschaffen. Die Aberdeen-Analysten raten daher, die bestehenden ERP-Implementierungen nach diesen Punkten zu scannen.

Zusätzlich sollte eine neue ERP-Software bereits im Standard wichtige Geschäftsprozesse abbilden und die Zusammenarbeit zwischen den Fachabteilungen und der IT-Organisation verbessern.

Im Rahmen der Untersuchung befragte die Aberdeen Group mehr als 500 Fertigungsunternehmen unter anderem aus den Branchen Automotive, High Tech, Maschinenbau, Luft- und Raumfahrt sowie Medizintechnik.