Datenschutz in Deutschland verschlechtert sich

Überwachung der Bürger nimmt zu

29.01.2008 von Nicolas Zeitler
Um den Datenschutz ist es weltweit schlechter bestellt als noch vor einem Jahr. Während Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre an Einfluss einbüßen, werden die Bürger immer stärker überwacht. Das hat eine Untersuchung der Menschenrechts-Organisation Privacy International (PI) ergeben. In Deutschland ist die Privatsphäre im EU-weiten Vergleich eher gut geschützt, allerdings deutlich schlechter als im Vorjahresbericht.
In den schwarz markierten Ländern ist es laut Privacy International besonders schlecht um den Datenschutz und die Privatsphäre bestellt. Dort werden die Einwohner ständig überwacht. In den wie Deutschland gelb gefärbten Staaten gibt es zwar wirksame Mechanismen zur Aufrechterhaltung der Privatsphäre, doch der Schutz ist eingeschränkt. (Quelle: Privacy International)
Foto: Privacy International

Nach Ansicht der Menschenrechtler hat der Schutz der Privatsphäre in der Bundesrepublik gegenüber dem Vorjahr in alarmierendem Ausmaß abgenommen. War Deutschland auf der Übersichtskarte von PI vor einem Jahr noch als einziges EU-Land dunkelgrün markiert und damit Spitzenreiter in Sachen Datenschutz, ist die Fläche zwischen Flensburg und Garmisch nunmehr gelb gekennzeichnet - das bedeutet einen Abstieg um zwei Stufen gemäß der in der Untersuchung verwendeten Einteilung. Die Bundesrepublik gehört jetzt zu den Ländern, in denen es zwar funktionierende Mechanismen zum Schutz eigener Daten gibt, in denen die Privatsphäre aber immer größeren Angriffen ausgesetzt ist.

Gemäß dem Grundgesetz ist der Datenschutz in Deutschland zwar grundsätzlich umfassend. Der Bericht vermerkt, dass hierzulande eines der weltweit strengsten Gesetze zum Schutz der Privatsphäre gilt. Gleichzeitig attestiert die Studie dem Land eine der höchsten Überwachungsraten in ganz Europa. Im einzelnen werden die zunehmende Videoüberwachung und die Überwachung der Telekommunikation als ausgeprägt bezeichnet. Als erheblich wird auch der Eingriff in die Privatsphäre durch die neue Vorratsdatenspeicherung eingeschätzt. Minuspunkte sammelt die Republik zum Beispiel auch wegen der Aufnahme von biometrischen Daten in Personaldokumente und dem schlechten Schutz der Privatheit am Arbeitsplatz.

Am wenigsten überwacht fühlen müssen sich in der Europäischen Union die Griechen. Wie auch im Vorjahr stellt die Untersuchung dem Land ein gutes Zeugnis aus. Demnach gibt es in dem Mittelmeerstaat angemessene Maßnahmen gegen den Missbrauch privater Daten. Schlusslicht in Europa ist Großbritannien. England, Schottland und Wales werden grundlegende Mängel in der Sicherstellung der Privatsphäre bescheinigt.

Die Griechen sind indes nicht nur innerhalb der EU, sondern auch weltweit führend im Datenschutz. Von den Nicht-EU-Ländern, die untersucht wurden, steht Kanada am besten da. Die USA werden in die schlechteste Kategorie eingeordnet. Hier zeigen sich PI zufolge Merkmale einer regelrechten "Überwachungsgesellschaft". Zu dieser Kategorie zählen auch die drei am schlechtesten bewerteten Staaten: Russland, China und Malaysia.

Weltweit registrieren die Autoren des Reports für das vergangene Jahr ein gestiegenes Bedürfnis von Regierungen, Einwanderung und Bewegungen über die Landesgrenzen hinweg zu kontrollieren. Ziemlich schnell seien viele Staaten dazu übergegangen, ohne Rücksicht auf die Privatsphäre ihrer Bürger immer mehr Daten über sie zu sammeln. Die Aufzeichnungen über Ortswechsel, Geldtransaktionen und Telekommunikation gingen so weit, dass in den Augen vieler Regierungen offenbar alle unter Generalverdacht stünden. Weltweit agierende IT-Konzerne heizten diese Entwicklungen zusätzlich an, um von Überwachungstechnologien zu profitieren.

Veröffentlicht hat die Untersuchung "The 2007 International Privacy Ranking" die Menschenrechtsorganisation Privacy International mit Sitz in London. Das Ranking basiert auf einer 2007 veröffentlichten, 1.100-seitigen Untersuchung, in die Arbeiten von mehr als 200 Experten eingeflossen sind. Die Spanne der Beteiligten reicht von unabhängigen Wissenschaftlern bis hin zu Datenschutzbeauftragten aus verschiedenen Ländern. Untersucht wurden 47 Staaten, darunter alle EU-Länder.